Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebäudereinigertarifvertrag. Nachwirkung eines Tarifvertrages, Tarifvertragsauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Nachwirkung des Rahmentarifvertrages im Gebäudereinigerhandwerk vom 22. September 1995 ist zum 1. September 2000 abgelöst worden durch das Inkrafttreten des RTV vom 16. August 2000.

Die tarifgebundenen Arbeitnehmer haben für das Jahr 2000 für Januar bis August 2000 einschließlich Anspruch auf 2/3 der Jahressondervergütung nach § 15 RTV 1995. Die tarifgebundenen Arbeitnehmer haben für das Jahr 2000 einen ungekürzten Anspruch auf ein zusätzliches tarifliches Urlaubsgeld nach § 14 Ziffer 4 RTV 1995 für die im gesamten Jahr 2000 enstandenen tariflichen Urlaubsansprüche.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Urteil vom 16.02.2002; Aktenzeichen 2 Ca 526/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 16. Februar 2001, 2 Ca 526/00, teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 385,25 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 05. Dezember 2000 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird im übrigen zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 25 % und die Beklagte zu 75 % zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Auslegung von Vorschriften der Rahmentarifverträge des Gebäudereinigerhandwerks.

Die Klägerin ist bei der Beklagten, einem Unternehmen des Gebäudereiniger-Handwerks, seit mehr als sechs Monaten in Teilzeit beschäftigt. Die Beklagte ist Teil einer Dienstleistungsgruppe im Gebäudereinigerhandwerk. In der Firmengruppe werden im gesamten Bundesgebiet etwa 22.000 Arbeitnehmer/innen beschäftigt.

Die Tarifvertragsparteien des Gebäudereinigerhandwerks haben am 22. September 1995 einen Rahmentarifvertrag (RTV 1995) abgeschlossen, der für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Dieser RTV 1995 ist zum 30. April 2000 gekündigt worden. Zu diesem Zeitpunkt ist auch die Allgemeinverbindlichkeit entfallen. Am 16. August 2000 schlossen die Tarifvertragsparteien den RTV 2000 ab, der zum 01. September 2000 in Kraft getreten ist.

In § 14 Ziffer 4 RTV 1995 war die Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes ab dem Urlaubsjahr 1996 in Höhe von 30,00 DM je Urlaubstag und in einigen östlichen Bundesländern in Höhe von 10.00 DM für 1996, 24,00 DM für 1997, 28,00 DM für 1998 und 30,00 DM für 1999 geregelt. Für Teilzeitbeschäftigte betrug das zusätzliche Urlaubsgeld ab 1996 je Urlaubstag 1/8 des vollen Tagessatzes mal der regelmäßig geleisteten Arbeitsstunden, also ab 1996 3,75 DM mal regelmäßig geleistete Arbeitsstunden je Urlaubstag.

Nach § 15 RTV 1995 galt:

„1, Der/die Beschäftigte hat nach einer 6-monatigen Betriebszugehörigkeit Anspruch auf Zahlung einer Jahressondervergütung durch den Arbeitgeber. Stichtag ist der 30. November, jedoch ab 1996 der 31. Oktober.

2. Die Höhe der Zahlung beträgt 1995 das 60-, 1996 das 65-, 1997 das 70; 1998 das 75-, 1999 das 80-fache des zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Tarif stundenlohnes des/der Beschäftigten….

3. Bei Teilzeitbeschäftigten vermindert sich der Anspruch auf die Zahlung der Jahressondervergütung im Verhältnis seiner/ihrer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit zur tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit…

4. Anspruchsberechtigte Beschäftigte bzw. Auszubildende, deren Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr wegen Inanspruchnahme des Erziehungsunaubs ruht, erhalten keine Leistungen gemäß Absatz 2 und 3. Ruht dieses Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnis teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung.

5. Ausscheidende Beschäftigte haben nach Erfüllung der Wartezeit (§ 15 Ziff. 1) einen Anspruch auf je 1/12 der Jahressondervergütung für jeden angefangenen Monat.

6. …

7. Die Jahressondervergütung ist mit dem Lohn für den Monat November, jedoch ab 1996 für den Monat Oktober, auszuzahlen…

8. Die Jahressondervergütung kann auf betrieblich gewährtes Weihnachtsgeld, 13. Monatseinkommen oder Zahlungen, die diesen Charakter haben, angerechnet werden.”

In § 25 RTV 1995 war geregelt: „Für Beschäftigte günstigere Vereinbarungen werden durch diesen Rahmenvertrag nicht berührt.”

Nach § 15 RTV vom 01. September 2000 gilt:

1. Arbeitnehmer/innen sowie Auszubildende, deren Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis am 1. Januar 2001 mindestens sechs Monate bestand, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung von 25% im Jahr 2001, 45% im Jahr 2002, 65% im Jahr 2003, 85% im Jahr 2004 des im April des Kalenderjahres vereinbarten tariflichen Monatsentgeltes auf Grundlage der geltenden Tarifsätze der jeweiligen Entgeltgruppen…. 3. Die Jahressonderzahlung wird jeweils zur Hälfte zum Stichtag 30. April bzw. 31. Oktober fällig und wird spätestens mit der April- bzw. Oktoberabrechnung hälftig ausbezahlt….

5. Bei Teilzeitbeschäftigten vermindert sich der Anspruch ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge