Entscheidungsstichwort (Thema)

ERA-Strukturkomponente

 

Leitsatz (redaktionell)

Die sog. ERA-Strukturkomponente nach § 5 Entgelttarifvertrag für die hessische Metallindustrie vom 28.05.2002 ist auf eine übertarifliche Lohnzulage anrechenbar, wenn die Arbeitsvertragsparteien eine solche Anrechungsmöglichkeit arbeitsvertraglich vereinbart haben.

 

Normenkette

TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.07.2003; Aktenzeichen 6 Ca 11103/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.11.2005; Aktenzeichen 5 AZR 595/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom16.07.2003 – 6 Ca 11103/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zur Anrechnung tariflicher Leistungssteigerungen auf einen übertariflichen Entgeltbestandteil des Klägers.

Der am 22.06.1957 geborene Kläger ist seit dem 01.09.1972 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Zum 01.01.1994 kam es zu einem Unternehmensübergang von der … als damaligem Arbeitgeber des Klägers auf die …, die seit diesem Zeitpunkt nicht mehr Mitglied des tarifvertragschließenden Arbeitgeberverbandes war. Am 05.04.1995 schloss sie mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat und den Betriebsräten verschiedener Werke eine „Rahmenvereinbarung”, deren Ziffer II. lautet:

„Tarifabhängigkeit betrieblicher Leistungen

Alle betrieblichen Leistungen/Entgeltbestandteile, die bei Betriebsübergang (01.01.1994) der Schweißtechnik auf die … nicht in Tarifverträgen geregelt waren, werden als außertarifliche Leistungen/Entgeltbestandteile weitergeführt. Allgemein gewährte Erhöhungen der Entgelte können auf außertarifliche Leistungen/Entgeltbestandteile angerechnet werden.”

Wegen des weiteren Inhalts wird ergänzend auf Bl. 51–55 d.A. Bezug genommen.

Diese Rahmenvereinbarung wurde am 24.05./30.06.1995 zum Bestandteil eines geänderten Arbeitsvertrages des Klägers gemacht (Bl. 35–38 d.A.). Am 26.03.1999 nahmen die Beklagte und weitere aus Bl. 48–50 d.A. ersichtliche Beteiligte einen „Schiedsspruch” an, dessen Ziffer 1. Abs. 3 lautet:

„Ab dem 01.03.2000 entsprechen die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen den jeweils für die hessische und bayerische Metall- und Elektroindustrie vereinbarten tariflichen Entgelten.”

Am 28.05.2002 kam es zum Abschluss des Tarifvertrags über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende für die hessische Metallindustrie. Wegen des Inhalts dieses Tarifvertrages und des ihm zugrunde liegenden Verhandlungsergebnisses wird zunächst auf Bl. 150–154 bzw. Bl. 39–45 d.A. ergänzend Bezug genommen. Danach erhöhen sich Löhne und Gehälter ab 01. Juni 2002 um 3,1 % und ab 01. Juni 2003 um weitere 2,6 %. Weiter vereinbarten die Tarifvertragsparteien, bis zum 31.12.2003 einen gemeinsamen Entgelttarifvertrag für Arbeiter und Angestellte (ERA) abzuschließen, wobei sie sich einig darüber waren, dass hiermit systembedingte Mehrkosten von 2,79 % verbunden sein würden. Im Hinblick darauf vereinbarten die Tarifvertragsparteien weiter, dass per 01.06.2002 von dem Tariferhöhungsvolumen von insgesamt 4 % ein Anteil von 0,9 % und per 01.06.2003 von dem Gesamterhöhungsvolumen von 3,1 % ein Teil von 0,5 % in Form von „ERA-Strukturkomponenten” in drei „Einmalzahlungen” an die Mitarbeiter ausgezahlt werden sollte. Für den Fall, dass es bis zum 31.12.2003 nicht zum Abschluss des ERA kommen sollte, vereinbarten die Tarifvertragsparteien, die Entgelttabellenwerte zur nächsten Tarifperiode um 1,3654 % zu erhöhen und die so erhöhten Werte zur Basis weiterer Erhöhungen der Entgelte zu machen.

Mit Schreiben vom Juni 2002 (Bl. 47 d.A.) teilte die Beklagte ihren Mitarbeitern mit, dass sie beabsichtige, diese Tariferhöhungen gem. Ziffer II. der Rahmenvereinbarung vom 05.04.1995 auf die übertariflichen Zulagen der Mitarbeiter anzurechnen. Mit der Entgeltabrechnung für Juli 2002 (Bl. 4 d.A.) rechnete die Beklagte die in diesem Monat fällige Zahlung der ERA-Strukturkomponente in Höhe von EUR 186,27 auf die übertarifliche Zulage des Klägers in Höhe von EUR 167,06 an. Am 01.01.2004 trat ein Tarifvertrag über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen an die Stelle des bis dahin geltenden, der die gleiche Struktur wie jener aufweist, also noch nicht den angestrebten ERA darstellt (Bl. 366–377 d.A.).

Der Kläger hat gemeint, bei der ERA-Strukturkomponente handele es sich nicht um eine Tariflohnerhöhung, die auf seinen übertariflichen Lohnbestandteil angerechnet werden dürfe. Der Schiedsspruch vom 26.03.1999 habe Tarifvertragscharakter, so dass ihm die ERA-Strukturkomponente als tariflicher Anspruch zustehe. Aber auch wenn er nur individualrechtlich begründet sei, stoße die Anrechnung seitens der Beklagten auf Bedenken im Hinblick auf die §§ 315, 308 Ziffer 4 BGB.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 167,06 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweilig...

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