Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung Tätigkeitsmerkmal „Oberärztin”

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als Oberärztin im Sinne von § 16 Buchstabe c) TV-Ärzte/VKA ist eine Ärztin eingruppiert, die im Sinne der Protokollerklärung zu § 16 Buchstabe c) TV-Ärzte/VKA die medizinische Verantwortung für einen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik bzw. Abteilung von Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist. Hierfür reicht die Zuweisung von Aufgaben entsprechend einer oberärztlichen Funktion gemäß Stellenplan oder die bloße Bezeichnung als Oberärztin nicht aus.

2. Das Erfordernis einer ausdrücklichen Übertragung vom Arbeitgeber lässt auch eine Zurechnung der Übertragung von medizinischer Verantwortung durch jemand hierzu vom Arbeitgeber nicht ausdrücklich Bevollmächtigten im Wege der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht zu.

 

Normenkette

TV-Ärzte/VKA § 16 Buchst. c

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.06.2008; Aktenzeichen 22 Ca 7171/07)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 4 AZR 740/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 2. Juni 2008 – 22 Ca 7171/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist seit dem 1. Dezember 1984 bei der Beklagten in deren Eigenbetrieb, den A, beschäftigt. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 1. Dezember 1984 (Ablichtung als Anlage A 1 zur Klageschrift, Bl. 5 d. A.) wurde die Klägerin als Assistenzärztin beschäftigt, gemäß § 3 des Arbeitsvertrags unter Eingruppierung in Vergütungsgruppe II BAT. Nach § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags regelte sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den dazu ergangenen oder noch ergehenden ergänzenden Regelungen. Auch künftige Änderungen dieser Bestimmungen oder an ihre Stelle tretende Tarifverträge sollten danach vom Tage ihres Inkrafttretens an gelten.

Mit Zusatzvertrag vom 1. Juni 1989 (Ablichtung als Anlage A 4 zur Klageschrift, Bl. 10 d. A.) wurde die Klägerin als Assistenzärztin in Vergütungsgruppe I b BAT höhergruppiert. Mit weiterem Zusatzvertrag vom 26. Mai 1997 (Ablichtung als Anlage A 5 zur Klageschrift, Bl. 11 d. A.), der eine Funktionsbezeichnung der Klägerin nicht enthält, wurde die Klägerin in Vergütungsgruppe I a BAT höhergruppiert.

Die Klägerin ist zuständig für die eigenständige anästhesiologische Betreuung der (operativen) Fachbereiche Urologie und HNO am Institut für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin. Sie hat die Weisungsbefugnis über die in diesen Bereichen anästhesiologisch eingesetzten Assistenzärzte in Weiterbildung und nachgeordneten Assistenzärzte mit Facharztstatus. Im Bedarfsfall vertritt sie als Mitglied des Koordinationsteams die Betriebsleitung. Für den Chefarzt des Instituts für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin, Herrn Prof. Dr. B ist sie bei vorhersehbarer und unvorhersehbarer Verhinderung als Vertretung bei Wahlleistungspatienten tätig.

§ 6 Abs. 3 des zwischen der Beklagten und Prof. Dr. B geschlossenen Chefarzt-Dienstvertrags vom 11. Oktober 1996 (Ablichtung als Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 6. Mai 2008, Bl. 91 – 101 d. A.) enthält u. a. folgende Bestimmung:

„Bei der Diensteinteilung und bei der Zuweisung von Aufgaben und Tätigkeiten an Ärzte/Ärztinnen sowie nichtärztliche Mitarbeiter/innen hat der Leitende Arzt (…) den beruflichen Bildungsstand der Mitarbeiter/innen, die Arbeits-, Aus- und Weiterbildungsverträge des Krankenhausträgers mit den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen zu beachten.”

Mit Schreiben vom 23. Januar 2007 (Ablichtung als Anlage A 6 zur Klageschrift, Bl. 12 d. A.) teilte die Personalabteilung der A der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, alle beschäftigten Ärztinnen und Ärzte in den am 1. August 2006 in Kraft getretenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (TV-Ärzte/VKA) überzuleiten. Demgemäß wendet die Beklagte mit Wirkung ab 1. August 2006 auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihr beschäftigten Ärztinnen und Ärzte den TV-Ärzte/VKA und den ebenfalls am 1. August 2006 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts vom 17. August 2006 (TVÜ-Ärzte/VKA) an.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2007 (Ablichtung als Anlage A 2 zur Klageschrift, Bl. 7 d. A.) machte die Klägerin einen Anspruch auf Eingruppierung und Vergütung nach Entgeltgruppe III, Stufe 2 des TV-Ärzte/VKA geltend. Dies wiesen die Städtischen Kliniken Frankfurt am Main-Hoechst mit Schreiben ihrer Personalabteilung vom 20. Juli 2007 (Ablichtung als Anlage A 3 zur Klageschrift, Bl. 8, 9 d. A.) zurück.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Höhergruppierungsverlangen weiter.

Sie hat vorgetragen, dass sie seit mehr als acht Jahren eine Tätigkeit als Oberärztin im...

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