Entscheidungsstichwort (Thema)

Überwachung der Durchführung einer Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch ohne tatsächliche Anhaltspunkte für eine Nichtanwendung kann der Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat bei der Überwachung der unternehmensweit geltenden Personalinformationssystems-Regelung Stichproben machen und Ausdrucke und Abbildungen von Programmen oder Datenläufen verlangen.

 

Normenkette

BetrVG §§ 80, 87 I 6, § 77

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 16.03.1992; Aktenzeichen 15 BV 18/91)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16.3.1992 – 15 BV 18/91 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beschlußformel wie folgt klargestellt wird:

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, auf Anforderung des Gesamtbetriebsrats jederzeit ohne vorherige Anmeldung aus dem SAP-Systan,

  • die Dateibibliothek auf dem Bildschirm anzuzeigen und auf Verlangen über einen Drucker auszudrucken,
  • die Programmbibliothek auf dem Bildschirm anzuzeigen und auf Verlangen über einen Drucker auszudrucken, und
  • die Liste(n), die Bestandteil des SAP-Systems ist/sind und die der Gesamtbetriebsrat als Stichprobe benennt, auf dem Bildschirm anzuzeigen und auf Verlangen über einen Drucker auszudrucken.

Die Rechtsbeschwerde wird richt zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin und Antragsgegnerin (AGg.), auf Anforderung des Gesamtbetriebsrats (GBR) und Antragstellers (ASt.) jederzeit ohne vorherige Anmeldung die Dateibibliothek, die Programmbibliothek und die Liste(n), die Bestandteil des SAP-Systems, ist/sind und die der GBR als Stichprobe benennt, auf dem Bildschirm anzuzeigen und auf Verlangen auszudrucken (Bl. 229, 184/5 d.A.).

Bei dem SAP-System handelt es sich um ein Personalinformations-System, zu dessen Einführung und Anwendung die Einigungsstelle am 11. Juni 1990 einen Beschluß gefaßt hat, für dessen Einzelheiten auf Bl. 8–157 d.A. verwiesen wird.

Bei der AGg. handelt es sich um eine …, die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Bankleistungen für die … erbringt. Sie beschäftigt in ca. 130 Filialen und 4 Distriktsverwaltungen ca. 1700 Arbeitnehmer, die insgesamt 26 Betriebsräte gewählt haben. Diese wiederum haben den ASt. (GBR) gebildet. Er ist von einer Reihe von Betriebsräten – die Einzelheiten hierzu waren in der Beschwerde Verhandlung streitig – beauftragt, die Einhaltung des Einigungsstellenbeschlusses zum SAP-System zu überwachen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des erstinstanzlich ermittelten Streitstoffs, der erstinstanzlichen Antragstellung und der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses und auf die Sitzungsniederschrift vom 16. März 1992 (Bl. 173–176 d.A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag des GBR aus den aus Bl. 186/187 d.A. ersichtlichen Gründen, für die auf den Akteninhalt verwiesen wird, stattgegeben.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die AGg. ihr auf Antragzurückweisung gerichtetes Verfahrensziel weiter. Sie meint, weil mittlerweile in ihrem bundesrepublikanischen Geschäftsbereich eine Reihe von betriebsratsfähigen aber betriebsratslosen Einrichtungen existierten und ferner zwischenzeitlich nach Einleitung des Verfahrens der Süd- und der Ostdistrikt aufgelöst und dem Nord- bzw. Westdistrikt „zugeschlagen” seien, sei die Überwachungskompetenz des ASt. als beauftragter Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 2 BetrVG: anzuzweifeln. Jedenfalls könne nicht seine Zuständigkeit für alle im SAP-System erfaßten Mitarbeiter angenommen werden. Zumindest sei er nicht zuständig für Mitarbeiter, die nicht durch einen den GBR bevollmächtigenden Betriebsrat vertreten seien. Das habe das Arbeitsgericht verkannt. Ferner könne dem Erstgericht nicht darin gefolgt werden, daß sich der GBR letztlich wie ein „Kontrolleur” des Arbeitgebers gebärden könne. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit gebiete Rücksichtnahme. Der GBR habe durch zwei Mitglieder zur Unzeit, nämlich am 05. Juli 1992 als die Lohn- und Gehaltszahlung mit diesem System erst angelaufen und die beiden Mitarbeiter mit vollen Zugriffsrechten auf alle Informationen noch mit dem Einrichten des Systems befaßt gewesen seien, seine Kontrollen ausüben wollen. Dadurch wäre aber der Arbeitsablauf in der Lohn- und Gehaltsabteilung konkret behindert worden. Allein diese „willkürliche Geltendmachung” habe dazu geführt, daß die AGg. seinem Verlangen nicht nachgekommen sei (Bl. 208 d.A.). Die vom ASt. behauptete Löschungsmöglichkeit, die die Effektivität und Sicherheit von Kontrollen gefährde, sei theoretisch und stehe dem Anmeldungsverlangen vor Kontrollen nicht entgegen. Zudem habe der ASt. auch keinen Anspruch auf Herstellung umfangreicher listenförmiger Unterlagen.

Der ASt. beantragt Beschwerde Zurückweisung und verteidigt den angefochtenen Beschluß. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen zu seiner Beauftragung durch Betriebsräte. Er meint, die beabsichti...

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