Entscheidungsstichwort (Thema)

„Einwendungen” gegen Betriebsrats-Protokoll

 

Leitsatz (amtlich)

Unter „Einwendungen” im Sinne des § 34 Abs. 2 Satz 2 BetrVG sind kurze Gesamt- oder punktuelle Gegenstellungnahmen des Arbeitgebers zu einzelnen beanstandeten Protokollinhalten oder Formulierungen der Sitzungsniederschrift zu verstehen.

 

Normenkette

BetrVG § 34 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 25.06.1987; Aktenzeichen 2 BV 42/87)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Offenbach vom 25. Juni 1987 – 2 BV 42/87 – teilweise abgeändert.

Auf den Hilfsantrag des Antragstellers wird festgestellt, daß die Antragsgegnerin nicht berechtigt ist, unter Benutzung des vom Gesamtbetriebsrat erstellten Sitzungsprotokolls eine Gegenfassung (Gegenprotokoll) über die Sitzung zu erstellen, die den Anschein der Vollständigkeit erweckt und die von der Antragsgegnerin gewollten Abänderung nicht deutlich hervorhebt.

Im übrigen verbleibt es bei der Abweisung der Anträge zu 1) und 2) unter Zurückweisung der Beschwerde.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten haben erstinstanzlich darüber gestritten, ob der Antragsgegnerin (= AGg.) gerichtlich aufzugeben ist, es zu unterlassen, Niederschriften oder Protokolle über Gesamtbetriebsratssitzungen anzufertigen, zu verbreiten und auf Datenträgern zu speichern und ferner darüber, ob die AGg. verpflichtet ist, das von ihr erstellte Protokoll über die GBR-Sitzung vom 9.2.1987 zu vernichten und den Datenträger zu löschen.

Wegen des hierzu erstinstanzlich ermittelten Streitstoffs wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 88, 89 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des GBR (= ASt.) aus den im einzelnen aus Bl. 89–91 d.A. ersichtlichen Gründen, auf die verwiesen wird, abgewiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der ASt. seine erstinstanzlich gestellten Anträge (ersteren etwas umformuliert; vgl. Bl. 101 d.A.) weiter habe zu Unrecht den Unterlassungsanspruch des GBR verneint, weil die AGg. gegen § 23 Abs. 3 BetrVG verstoßen habe. Sie habe mit dem von ihr erstellten in einer Vielzahl von Punkten sprachlich und inhaltlich von dem Original-Protokoll des GBR vom 11.2.1987 (Bl. 12–32 d.A.) auf den ersten Blick nicht erkennbar abweichenden „Gegen”-Protokoll (zu den Abweichungen vgl.: Bl. 116– 139 d.A.) eine „Amtsanmaßung” begangen, weil der Anschein eines „echten” GBR-Protokolls bezweckt und erweckt worden sei. Jedenfalls handele es sich nicht um „Einwendungen” gegen das Protokoll i. S. der §§ 51, 34 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Auch habe

das Erstgericht verkannt, daß dem GBR an von ihm erstellten Protokollen Urheberschutz zustehe, weil es sich dabei um den Ausfluß einer gestalterischen geistigen Tätigkeit handele. Auch seien Persönlichkeitsrechte des GBR und des GBR-Vorsitzenden verletzt.

Die AGg. verteidigt den angefochtenen Beschluß mit Rechtsausführungen, insbesondere dem Hinweis, sie habe lediglich Einwendungen i. S. des § 34 BetrVG erhoben. Die Fehler und Sinnentstellungen in dem GBR-Protokoll des GBR seien so zahlreich gewesen, daß sie sich entschlossen habe, das ihr zugestellte Protokoll „kurzerhand” zu überarbeiten.

Nach Hinweis auf Bedenken gegen seine bisherige Antragstellung hat der ASt. im Beschwerdetermin hilfsweise beantragt,

festzustellen, daß der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, unter Benutzung des vom Gesamtbetriebsrat erstellten Sitzungsprotokolls eine Gegenfassung (Gegenprotokoll) über die Sitzung zu erstellen, die den Anschein der Vollständigkeit erweckt und die vom Arbeitgeber gewollten Abänderungen nicht deutlich hervorhebt.

Auch diesem Antrag ist die AGg. entgegengetreten (Bl. 152 d.A.).

Ergänzend wird wegen des in der Beschwerdeinstanz zugrundezulegenden Streitstoffs auf den in diesem Verfahrensabschnitt entstandenen Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.

Die Hauptanträge sind unzulässig bzw. unbegründet, während der in der Beschwerdeinstanz angebrachte Hilfsantrag begründet ist.

1. Unterlassungsantrag

Der Hauptantrag zu 1) (Unterlassung von GBR-Protokoll-Fertigung, -verbreitung und -speicherung durch die AGg.) ist bereits unzulässig.

a) Der diesem Unterlassungsbegehren zugrundeliegende Anspruch kann nicht im Beschlußverfahren nach § 2 a Nr. 1 ArbGG verfolgt werden.

Sowohl die persönlichkeitsrechtlichen wie auch die urheberrechtlichen Begründungsansätze dieses Verlangens führen nicht zu einer kollektivrechtlichen Anspruchsgrundlage, sondern zu individualrechtlichen Ansprüchen, die allenfalls im Urteilsverfahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 ArbGG vor den Arbeitsgerichten einklagbar wären. Das hat das Erstgericht übersehen und sich deshalb zu Unrecht mit der Begründetheit derartiger Ansprüche im vorliegenden Verfahren befaßt.

b) Selbst wenn der Unterlassungsantrag allein auf § 23 Abs. 3 BetrVG gestützt wäre, wäre das Ergebnis kein anderes. Dann wäre der Antrag zu 1) unbegründe...

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