Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines Teilspruchs einer Einigungsstelle. Wirksamkeit des Teilspruchs einer Eingungsstelle. Arbeits- und Gesundheitsschutz. Gefährdungsbeurteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

Regelungen in Bezug auf Unterweisungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit gem. § 12 ArbSchG ohne eine vorherige Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG sind in einem Teilspruch der Einigungsstelle unwirksam, da die Unterweisung eine vorherige Gefährdungsbeurteilung zwingend voraussetzt.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7; ArbSchG §§ 5, 12; BetrVG §§ 50, 76

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 14.10.2009; Aktenzeichen 8 BV 14/09)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 08.11.2011; Aktenzeichen 1 ABR 75/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 14. Oktober 2009 – 8 BV 14/09 – wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Teilspruch der beim Gesamtbetriebsrat gebildeten Einigungsstelle vom 17. Dezember 2008 unwirksam ist, soweit er den Betrieb A betrifft.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des Teilspruches der Einigungsstelle vom 17. Dezember 2008.

Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin befasst sich in ihrem Unternehmen mit Herstellung, Vertrieb, Installation und Wartung von Aufzügen, Fahrtreppen und anderer Transportsysteme mit bundesweiten Niederlassungen einschließlich der Zentrale in B. Der Beteiligte zu 2) ist der für die Niederlassung in A gewählte Betriebsrat, der Beteiligte zu 3) der für das Unternehmen gebildete Gesamtbetriebsrat. Nachdem die Arbeitgeberin am 24. Juli 2000 mit dem Beteiligten zu 3) eine „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Erstellung und Einführung von Betriebsanweisungen zur Arbeitssicherheit in der Außenorganisation” geschlossen hatte, auf deren Grundlage seitdem zahlreiche Betriebsanweisungen für Monteure vereinbart worden sind, führte sie seit dem Jahr 2000 mit dem Beteiligten zu 3) erfolglos Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zu Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen nach dem Arbeitsschutzgesetz. Am 23. März 2007 einigten sich die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3) vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im Verfahren 13 TaBV 281/07 vergleichsweise auf die Einrichtung einer Einigungsstelle, wobei es der Einigungsstelle überlassen bleiben sollte, ihre Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 oder § 50 Abs. 2 BetrVG zu prüfen. Diese Einigungsstelle erklärte mit Teilspruch vom 9. Juli 2007 den Gesamtbetriebsrat gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG für unzuständig und stellte die Zuständigkeit der jeweiligen örtlichen Betriebsräte bzw. des Gesamtbetriebsrats fest, soweit dieser gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG beauftragt ist.

Mit ihrem am 31. Juli 2007 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin zunächst die Feststellung der Unwirksamkeit dieses Teilspruchs der Einigungsstelle vom 9. Juli 2007 beantragt und dann auf Anregung des Arbeitsgerichts beantragt, festzustellen,

dass der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zur Regelung der Gefährdungsbeurteilungen nach § 5 ArbSchG i. V. m. § 3 Bildschirmarbeitsverordnung, der Unterweisungen nach § 12 ArbSchG sowie der erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen nach § 3 Abs. 2 ArbSchG zuständig ist.

Das Arbeitsgericht Berlin hat unter Beteiligung des Gesamtbetriebsrates und aller örtlichen Betriebsräte der Arbeitgeberin durch Beschluss vom 5. Dezember 2007 – 9 BV 12609/07 – den Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. April 2008 – Az. 12 TaBV 134/08 – zurückgewiesen. Sodann erging unter dem 17. Dezember 2008 ein weiterer, hier streitgegenständlicher Teilspruch der Einigungsstelle unter Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg C. In diesem Teilspruch vom 17. Dezember 2008, überschrieben mit „Betriebsvereinbarung Unterweisung und erforderliche organisatorische Vorkehrungen” heißt es u. a.:

1. Geltungsbereich

Diese Vereinbarung gilt

– räumlich für die Betriebe der D GmbH & Co. OHG, deren Betriebsräte gemäß Anlage 1 den GBR beauftragt haben;

(…)

2. Gegenstand

Diese Betriebsvereinbarung dient der Umsetzung der gesetzlichen Rahmenvorschriften zur Unterweisung nach § 12 Arbeitsschutzgesetz einschließlich der erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zur Beteiligung der Beschäftigten gemäß § 3 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz.

(…)

3. 2 Aufgliederung der Unterweisung

Die Unterweisung gliedert sich in eine Grundunterweisung, deren Inhalte in der Anlage 2 vereinbart sind, und eine aufgabenbezogene Unterweisung, deren Inhalte in der Anlage 3 – bezogen auf die einzelnen Arbeitsplätze und dortige Belastungen – vereinbart sind.

(…)

3.4 Dauer und Zeitpunkte der Unterweisung

Für die erstmalige Grundunterweisung wird in der Regel eine Zeitdauer von 3 Stunden eingeplant. Die Zeitdauer für die aufgabenbezogene U...

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