Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagerücknahme. Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 91 a Abs. 1 S. 1 ZPO kann zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser einen Antrag für erledigt erklärt hat, anstelle ihn zurückzunehmen, wodurch gemäß Nr. 8210 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (Fall der Klagerücknahme vor streitiger Verhandlung) keine Gebühr entstanden wäre. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Partei mutwillig den Eintritt der vollen Gebührenermäßigung verhindert hat. Ein Prozessverhalten (Erledigungserklärung) kann dem Kläger jedoch nicht als mutwillig oder rechtsmissbräuchlich angelastet werden, wenn er nicht zuvor auf die Relevanz seines Prozessverhaltens im Rahmen der Kostenverteilung hingewiesen worden ist. Hierzu bedarf es eines gerichtlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO. Besteht der Kläger auf der Erledigungserklärung, nachdem ihn das Gericht darauf hingewiesen hat, dass durch einen Beschluss nach § 91 a ZPO gegenüber einer Klagerücknahme Kosten entstehen, die durch eine Rücknahme vermeidbar waren, kann ohne sonstige berechtigte Interessen des Klägers ein Fall von Mutwilligkeit in Betracht kommen. Mutwilligkeit. Übereinstimmende Erledigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Erklärt der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises auf die Gebührenfreiheit der Klagerücknahme nur für erledigt und verursacht dadurch erst Kosten, kann dies nach § 91a ZPO zu seinen Lasten berücksichtigt werden.

 

Normenkette

ZPO § 91a

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 07.05.2010; Aktenzeichen 15 Ca 2233/10)

 

Tenor

Die Kosten des Rechtsstreits und des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagte zu ¾ und der Kläger zu ¼.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um die Kostentragung nach übereinstimmender Erledigungserklärung.

Der Kläger begehrte mit seiner am 26. März 2010 eingereichten Klage die Verurteilung der Beklagten, eine ihm unter dem 15. Okt. 2001 erteilte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Dem seit 6. Aug. 1979 bei der Beklagten beschäftigten Kläger wurde vorgeworfen, abredewidrig seinen Arzt nicht von der Schweigepflicht entbunden zu haben, zu dem er sich nach einer Vereinbarung mit der Beklagten zur Klärung seiner Alkoholprobleme begeben und der der Beklagten die Untersuchungsergebnisse mitteilen sollte. Dass die Abmahnung sich noch in seiner Personalakte befand, stellte der Kläger anlässlich einer Einsichtnahme in diese am 21. Jan. 2010 fest. Mit Schreiben vom 12. / 26. Febr. 2010 (Bl. 25 – 28 d. A.) forderte er die Beklagte auf, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Das Schreiben ist der Beklagten am 1. März 2010 zugegangen.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte müsse die Abmahnung aus der Personalakte nehmen. Er hat hierzu behauptet, bereits Ende Januar 2002 sei ihm mitgeteilt worden, die Abmahnung sei nach einem Jahr eh weg. Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass sie keinen Anlass zur Klage gegeben hätte. Dem Kläger sei schon vor Klageerhebung mitgeteilt worden, die Abmahnung werde aus der Personakte entfernt.

Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2010 hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte einen auf Anregung des Klägers unterbreiteten Vergleichsvorschlag nach § 278 Abs. 6 ZPO abgelehnt hatte. Mit ihrer Ablehnung teilte die Beklagte mit, sie stimme einer Erledigungserklärung des Klägers zu.

Das Arbeitsgericht legte die Kosten des Rechtsstreits durch Beschluss vom 7. Mai 2010 nach § 91 a ZPO dem Kläger auf, da nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten diese keinen Anlass zur Klage gegeben hätte.

Gegen den am 12. Mai 2010 zugestellten Beschluss legte der Kläger am 25. Mai 2010 sofortige Beschwerde ein, die er darauf gestützt hat, dass auf sein Schreiben vom 12. / 26. Febr. 2010 bis zur Klageeinreichung keine Reaktion der Beklagten erfolgt sei. Am 21. Jan. 2010 hätte ihm der Geschäftsführer gesagt, die Abmahnung bleibe drin. Erst nach der Ladung zum Gütetermin sei ihm per Telefax am 10. April 2010 (Bl. 29 d. A.) mitgeteilt worden, die Abmahnung werde aus der Personalakte entfernt. Das Personalbüro werde mit der Erledigung beauftragt. Die Beklagte hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und behauptet, nach Eingang des klägerischen Schreibens am 1. März 2010 sei der Kläger in der 11. Kalenderwoche (15. bis 21. März 2010) telefonisch von dem Geschäftsführer der Beklagten A darüber informiert worden, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt werde. Wegen des weiteren Beschwerdevorbringens der Parteien wird auf die Beschwerdeschriftsätze verwiesen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 26. Mai 2010 nicht abgeholfen, weil der Kläger mit seiner Erledigungserklärung vermeidbare Kosten verursacht habe. Eine Klagerücknahme wäre demgegenüber kostenprivilegiert gewesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig, §§ 91 a Abs. 2, 567 Abs. 2 ZPO, § 78 ArbGG, da die Beschwer des Beschwerdeführers 200 EUR übersteigt (§ 567 Abs. 2 ZPO). Bei einem Gegenstandswert von bis zu 4.365 ...

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