Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifzuständigkeit konkurrierender DGB-Gewerkschaften bei Tarifpluralität

 

Leitsatz (amtlich)

Sind für einen Betrieb zwei DGB-Gewerkschaften nach ihren jeweiligen Satzungen tarifzuständig (Tarifpluralität), besteht nach §§ 15, 16 der DGB-Satzung keine rechtliche Grundlage für eine gerichtliche Kollisionsregelung. Außer in bestimmten Fällen der nachträglichen Satzungsänderung gilt dies auch für eine Interregnumsregelung für die Dauer eines eingeleiteten Vermittlungs- und Schiedsgerichtsverfahrens.

 

Normenkette

ArbGG § 97 Abs. 1; TVG § 4 Abs. 1

 

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten um die Tarifzuständigkeit der IG Metall (Beteiligte zu 2) für vier Betriebe der Beteiligten zu 1).

Die Beteiligte zu 1) ist ein Logistikdienstleister in den Bereichen Transport- und Kontraktlogistik. Seit 1996 gehört sie zu 100 % zur A-Gruppe. Sie betreibt in Hamburg fünf Betriebe, in Bremen zwei Betriebe und in Stade einen Betrieb.

Gegenstand des Betriebs "Materialwirtschaftszentrum Hamburg 1" im xxx1 in Hamburg 1 (im Folgenden: Betrieb Hamburg 1) ist im Wesentlichen die Lagerung, Kommissionierung und der Transport von Produktionsmaterial sowie dessen Bereitstellung an den Fertigungsbereichen des Kunden. Dort lagert die Beteiligte zu 1) wesentliche Teile der Produktion für die Airbus Deutschland GmbH (im Folgenden: Airbus) und liefert diese aus. Es werden dort die Leistungen Wareneingang, Lagerung in den jeweiligen Lagersektionen, Kommissionierung, Auftragszusammenführung, Verladung, Transport, Prozess-/Auftragssteuerung, Sonderfunktion: Aircraft on Ground (AOG), Warensicherung nach Luftsicherheitsstandards und Bereitstellung für die Airbus QS erbracht. In diesem Betrieb sind ca. 515 Arbeitnehmer beschäftigt.

Im Betrieb "Materialwirtschaftszentrum Hamburg 2" im xxx2 in Hamburg 2 (im Folgenden: Betrieb Hamburg 2) erbringt die Beteiligte zu 1) mit ca. 150 Arbeitnehmern Logistikdienstleistungen für das Airbus Werk in Hamburg. Dazu zählen Wareneingang, Lagerung in den jeweiligen Hallen/Lagersektionen, Kommissionierung, Auftragszusammenführung, Verladung, Transport, Materialbestellung. Der Betrieb liegt auf dem Werksgelände von Airbus in Hallenbereichen, die Airbus der Beteiligten zu 1) zur Verfügung stellt.

Im Betrieb in Stade in der xxx3 (im Folgenden: Betrieb Stade) vereinnahmt und lagert die Beteiligte zu 1) Produktionsteile und liefert diese an die Produktion von Airbus aus. Sie erbringt mit 59 Arbeitnehmern die Leistungen Wareneingang, Lagerung, Kommissionierung, Auftragszusammenführung, Verladung, innerbetrieblicher Transport, Versand, Zoll und Bewirtschaftung des Gefahrstofflagers.

Auch im Betrieb in Bremen, xxx4 (im Folgenden: Betrieb Bremen) vereinnahmt und lagert die Beteiligte zu 1) Produktionsteile und liefert diese an die Produktion von Airbus aus. Sie führt dort mit etwa 140 Arbeitnehmern die Arbeiten Wareneingang, Verpackung, Lagerung, Kommissionierung, Auftragszusammenführung, Verladung, innerbetrieblicher Transport, Versand, After-Sales-Versorgung, Aircraft-on-Ground-Service (AOG) und Bewirtschaftung des Gefahrstofflagers aus.

Diese Betriebe sind aufgrund des Ende 2002 begonnenen Outsourcingprozesses bei Airbus aus Airbusbetrieben hervorgegangen. Die Logistiktätigkeiten, die zuvor in den Betrieben von Airbus von Airbusbeschäftigten oder Leiharbeitnehmern durchgeführt wurden, wurden seit 2003 sukzessive durch die Beteiligte zu 1) durchgeführt, die sich gegenüber rund 30 Mitbewerbern durchgesetzt hatte. Die dargestellten Betriebe liegen auf dem oder in Bremen direkt neben dem Airbus-Gelände. Sie erbringen seit 2004 ausschließlich Dienstleistungen für Airbus und sind hinsichtlich der Abläufe und Schnittstellen mit den Airbusbetrieben verzahnt. Auf den Interessenausgleich zwischen Airbus und dem dort bestehenden Betriebsrat vom 20. Dez. 2002 und den Nachtrag vom 30. Sept. 2005 wird Bezug genommen (Bl. 89 ff. d. A.). Nach diesem sollte mit der Erstellung und dem Betrieb eines Logistikzentrums ein weltweit operierendes Dienstleistungsunternehmen beauftragt werden. Wegen der von der Beteiligten zu 2) auszugsweise zitierte Homepage der Beteiligten zu 1) wird auf Seite 6 und 7 der Antragserwiderung (Bl. 71, 72 d. A.) verwiesen. Eine Ausweitung der Logistik-Tätigkeit der Beteiligten zu 1) bei Airbus erfolgte 2010. Bei Airbus finden die Tarifverträge der Beteiligten zu 2) Anwendung.

Die Rechtsvorgängerinnen der Beteiligten zu 1) waren seit 1970 Mitglied im Verein Hamburger Spediteure e.V. (VHSp). Auf dessen Bestätigungsschreiben vom 7. Jan. 2014 wird Bezug genommen (Anlagenband Anlage 1). Der VHSp hat mit der Gewerkschaft ver.di (Beteiligte zu 3) Flächentarifverträge für die Speditions- und Logistikbranche im Raum Hamburg abgeschlossen (Anlagenband Anlage 2). Die Beteiligte zu 1) ist zum 1. Aug. 2013 von einer OT-Mitgliedschaft in die Vollmitgliedschaft des VHSp gewechselt. Auf die Verlautbarungen der Beteiligten zu 3) und des Konzernbetrie...

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