Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsbeteiligung bei Umgruppierung

 

Leitsatz (amtlich)

Überleitung von 542 Arbeitnehmern in die Tarifgruppen von § 3 VTV.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Regelung des § 2 Nr 2 S 3 VTV-Bau enthält keine Erweiterung des gesetzlichen Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen, sondern lediglich eine deklaratorische Verweisung auf § 99 BetrVG.

 

Normenkette

VTV-Bau § 2 Nr. 2 S. 3, § 3; BetrVG § 99 Abs. 1 S. 1; TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 24.07.2008; Aktenzeichen 21/2 BV 1309/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 01.06.2011; Aktenzeichen 7 ABR 138/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juli 2008 – 21/2 BV 1309/07 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über die Umgruppierung von 542 Arbeitnehmern.

Die antragstellende Arbeitgeberin ist die deutsche Niederlassung eines in den USA ansässigen und weltweit tätigen Logistikunternehmens. Sie betreibt in Deutschland mehrere Betriebe, deren Belegschaften von Betriebsräten repräsentiert werden. Diese haben einen Gesamtbetriebsrat gebildet. Die im Rhein-Main-Gebiet bestehenden Betriebsstätten sind zu einem von A aus geleiteten Betrieb mit etwa 750 Arbeitnehmern zusammengefasst worden. Dessen Belegschaft hat den zu 2) beteiligten Betriebsrat gewählt.

Die Arbeitgeberin benutzt seit Jahren bei der Beteiligung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen Formularschreiben, an deren unterem Ende der Betriebsrat Kästchen mit den Varianten „Der Betriebsrat hat der Maßnahme zugestimmt”, „Widerspruch” oder „Kein Antrag” ankreuzen kann. Darunter sind Spalten für die Datumsangabe und die Unterschrift durch den Betriebsrat vorgesehen. Unter diesen befindet sich der etwa fünf Zentimeter hohe untere Seitenrand. Widersprüche gegen personelle Maßnahmen begründete der Betriebsrat in der Vergangenheit regelmäßig in einem separaten ergänzenden Begründungsschreiben.

Die Arbeitgeberin schloss für ihre deutschen Beschäftigten spätestens seit Anfang der neunziger Jahre mit der ÖTV bzw. mit ver.di Vergütungstarifverträge, so die vom 12. Mai 1997, 07. Mai 1998, 13. Juli 1999, 31. Juli 2000, 13. Dezember 2002, 31. März 2004 und 05. September 2004, wegen deren Inhalt auf die Anlagen AS 3 zur Antragsschrift (Bl. 150 – 159 d. A.) sowie AS 27 bis AS 32 zum Schriftsatz vom 12. März 2008 (Bl. 362 – 411 d. A.) Bezug genommen wird. § 2 Nr. 2 Satz 3 der Tarifverträge hatte jeweils folgenden Wortlaut:

„Die Eingruppierung der Arbeitnehmer kann nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erfolgen.”

In § 3 der Tarifverträge waren jeweils abstrakte Tätigkeitsbeschreibungen für die einzelnen Vergütungsgruppen sowie Regelbeispiele für diese enthalten. Während der Geltungsdauer dieser Tarifverträge führte die Arbeitgeberin deutschlandweit eine Vielzahl von Ein- und Umgruppierungen betreffenden Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG durch. In keinem dieser Verfahren wurde geltend gemacht, dass die Regelung von § 2 Nr. 2 Satz 3 der Vergütungstarifverträge eine Erweiterung der Mitbestimmung über die gesetzliche nach § 99 BetrVG hinaus enthalte. In § 4 der Tarifverträge wurde jeweils eine variable Vergütung innerhalb der sich aus § 3 der Tarifverträge ergebenden Vergütungsgruppen zwischen einer jeder Vergütungsgruppe zugeordneten Minimal- und einer Maximalvergütung sowie ein sog. „Midpoint” der Vergütung vorgesehen. Nach § 8 der Tarifverträge waren regelmäßig Leistungsbeurteilungen der Arbeitnehmer durchzuführen, die gemäß einer von der Arbeitgeberin mit dem Gesamtbetriebsrat zu schließenden Gesamtbetriebsvereinbarung für die konkrete Vergütungshöhe maßgeblich sein sollten. Zu diesem Zweck wurde die in der Anlage AG 9 zum Schriftsatz vom 04. Dezember 2008 (Bl. 1034 – 1042 d. A.) ersichtliche Gesamtbetriebsvereinbarung vom 07. Juni 1995 geschlossen, die nach wie vor in Kraft ist.

Im Jahr 2005 verhandelte die Arbeitgeberin mit ver.di über den Abschluss eines neuen Vergütungstarifvertrages, mit dem die Zahl der Vergütungsgruppen von bisher neun auf dreizehn erweitert werden sollte. In der Tarifkommission von ver.di waren zwei Mitglieder des Betriebsrats vertreten. Die Arbeitgeberin legte im Rahmen der Tarifverhandlungen die in der Anlage AS 4 zur Antragsschrift (Bl. 160 – 162 d. A.) ersichtliche Vergleichsliste vor, in der die aktuellen und von der Arbeitgeberin vorgesehene neue Stellenbezeichnungen, die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer sowie die aktuelle Vergütungsgruppe und der aktuelle Midpoint der jeweiligen Tätigkeiten und deren neue Vergütungsgruppe und deren neuer Midpoint nach dem vorgesehenen neuen Vergütungstarifvertrag aufgeführt waren. Die seinerzeit weit überwiegend nur in englischer Sprache vorliegenden Stellenbeschreibungen der betroffenen Tätigkeiten waren für die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin einschließlich der Mitglieder des Betriebsrats im betrieblichen Intranet einsehbar. Im Sep...

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