Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung von Änderungen mitbestimmter Dienstpläne. Recht auf Unterlassung des Betriebsrats gegen drohende Verletzungen des Mitbestimmungsrechts. Mitbestimmung durch Betriebsvereinbarung bereits ausgeübt

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Betriebsrat steht nach § 23 Abs. 3 BetrVG ein Unterlassungsanspruch zu, sofern Verletzungen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 BetrVG drohen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da eine Mitbestimmung bereits bei der Erstellung der Betriebsvereinbarung "Arbeitszeit und Dienstpläne" stattgefunden hat. Ob die Betriebsvereinbarung wirksam zustande gekommen ist (§ 77 BetrVG), kann in diesem Verfahren nicht geprüft werden.

 

Normenkette

BetrVG § 23 Abs. 3, §§ 77, 87 Abs. 1 Nr. 2; GKG § 2 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Fulda (Entscheidung vom 02.03.2021; Aktenzeichen 3 BV 3/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Fulda vom 02.03.2021 – 3 BV 3/20 – teilweise abgeändert.

Die Anträge des Betriebsrats werden insgesamt abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Unterlassung von Änderungen mitbestimmter Dienstpläne.

Der Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeber) ist ein Verein mit Hauptverwaltung in A, der über 200 Standorte u. a. in B unterhält. Die dort beschäftigten Arbeitnehmer / -innen werden von dem Beteiligten zu 1) (im Folgenden: Betriebsrat) repräsentiert.

Am 17. / 18. Mai 2016 schlossen die Betriebsparteien die Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit und Dienstplan“ ab. Sie enthält u. a. Regelungen über die Aufstellung und Änderung von Dienstplänen sowie die Beilegung von Streitigkeiten. Wegen des Inhalts der Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 11 – 17 d. A. Bezug genommen.

Der Arbeitnehmer C ist leitende Pflegekraft des Nierenzentrums in B. Zu seinem Aufgabenkreis gehören neben organisatorischen Aufgaben wie der Dienstplanerstellung die Pflege von Patientinnen und Patienten. Am 15. November 2019, 16. November 2019 und 17. Juni 2020 fand eine Änderung der Lage seiner Arbeitszeit statt. An diesen Tagen sprang der Arbeitnehmer C abweichend von den mitbestimmten Dienstplänen für krankheitsbedingt ausgefallene Pflegekräfte ein. Eine Beteiligung des Betriebsrats erfolgte nicht. Dagegen wendet sich der Betriebsrat im vorliegenden Beschlussverfahren. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge wird ergänzend auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses – Bl. 268 bis Bl. 273 d. A. Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 02. März 2021 hat das Arbeitsgericht den Anträgen des Betriebsrats teilweise stattgegeben. Der Arbeitgeberin wurde aufgegeben, es zu unterlassen, Beschäftigte in dem Betrieb B aus ihrer eigenen Entscheidung ohne die Zustimmung des Betriebsrats oder einen die Zustimmung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle an dienstplanmäßig freien Tagen zur Arbeit heranzuziehen, sofern sie sie nicht wegen einer kurzfristigen Dienstplanänderung im Sinne von § 4, lit. b der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit und Dienstplanänderung vom 17. / 18. Mai 2016 oder aufgrund eines Notfalls heranzieht. Ferner wurde der Arbeitgeberin aufgegeben es zu unterlassen, Beschäftigte aus ihrer eigenen Entscheidung vor dem dienstplanmäßigen Arbeitsbeginn zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt, sofern kein Notfall vorliegt. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die gerichtlichen Anordnungen wurde der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld von bis zu € 10.000,00 angedroht. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht auf den „allgemeinen Unterlassungsanspruch gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG“ abgestellt. Die Arbeitgeberin – so das Arbeitsgericht – habe in drei Fällen gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG verstoßen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses (Bl. 274 – 287 d. A.) Bezug genommen. Gegen den am 25. März 2021 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 29. März 2021 Beschwerde eingelegt und diese – nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 30. Juni 2021 auf rechtzeitigen Antrag hin – mit dem am 30. Juni 2021 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Arbeitgeberin verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr Antragsabweisungsbegehren weiter.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Fulda vom 02.03.2021 – 3 BV 3/20 – aufzuheben und die Anträge abzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift über die Anhörung am 03. März 2022 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Beschwer...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge