Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligung des Betriebsrats bei der Einstellung eines Arbeitnehmers, der die „lokalen Trader“ bei ihrer Handelstätigkeit überwacht. Begriff des leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Angestellter einer Bank, dessen Funktion in der Beaufsichtigung und Überwachung der „lokalen Trader“ bei ihrer Handelstätigkeit besteht, ist nicht leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Der Betriebsrat ist daher bei seiner Einstellung zu beteiligen. Die Einstellung ist aufzuheben, wenn die Beteiligung des Betriebsrats im Hinblick auf die vom Arbeitgeber behauptete Eigenschaft als leitender Angestellter nicht erfolgt ist.

 

Normenkette

BetrVG § 5 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.06.2019; Aktenzeichen 5 BV 510/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2019 – 5 BV 510/18 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beteiligte zu 3 leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ist und über die Aufhebung der Einstellung des Beteiligten zu 3.

Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2 (Arbeitgeber), einem Kreditinstitut, gebildete Betriebsrat. Der Beteiligte zu 3 ist dort als Mitarbeiter im Geschäftsbereich CIB beschäftigt.

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, der Beteiligte zu 3 sei leitender Angestellter.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 145-146R der Akte) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen im Beschluss unter II. (Bl. 146R bis 148 der Akte) Bezug genommen.

Dieser Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten des Arbeitgebers am 26. Juli 2019 zugestellt, die dagegen am 5. August 2019 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 28. Oktober 2019 am 28. Oktober 2019 begründet hat.

Der Arbeitgeber behauptet, inzwischen habe sich der lokale Vorgesetzte des Beteiligten zu 3 geändert. Dies sei nun Herr A, der auf der 2. Ebene unterhalb des Vorstands beschäftigt sei. Der Beteiligte zu 3 sei leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG. Er erfülle kumulativ alle dortigen Merkmale. Die Bedeutung seiner Aufgaben lasse sich bereits aus der Größenordnung der Handelspositionen (Bruttomarktwert 100 Milliarden $) ersehen und dem daraus resultierenden Schadensrisiko. Fehler in diesem Bereich könnten Kosten im einstelligen Millionen Eurobereich gegebenenfalls auch höher verursachen und damit für das Gesamtunternehmen relevant sein. Er erfülle auch eine wichtige Funktion für die Entwicklung des Unternehmens, denn das Risiko sei regelmäßig gleichbedeutend mit korrespondierenden Gewinnchancen. Die Tätigkeit des Beteiligten zu 3 bestehe in einem ganz wesentlichen Teil darin, Chancen und Risiken in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Damit habe sich das Arbeitsgericht nicht auseinandergesetzt. Ferner habe das Arbeitsgericht das Tatbestandsmerkmal der besonderen Erfahrungen und Kenntnis außer Betracht gelassen. Zwar habe dieses Merkmal nur klarstellende Funktion. Für die nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG vorzunehmende Gesamtwürdigung wäre dies erforderlich gewesen. Der Beteiligte zu 3 verfüge über ein fundiertes theoretisches Hintergrundwissen im Hinblick auf die Bewertung von Finanzinstrumenten. Er benötige langjährige praktische Erfahrungen im Bereich des Handels mit Synthetics. Der Beteiligte zu 3 habe folgende Kompetenzen:

  1. Unmittelbare Weisungsrechte gegenüber den Händlern an den von ihm kontrollierten Handelstischen. Er könne die Händler direkt anweisen, Handelsposition zu reduzieren.
  2. Er sei befugt, Vorschläge, mit bestimmten Gegenparteien zu handeln, abzulehnen.
  3. Er sei verantwortlich, die Größenlimits festzulegen, die für Geschäfte mit Gegenparteien gelten, bei denen die Bank ein Kreditrisiko hat.
  4. Wenn ungewöhnliche Schutzmaßnahmen in den Bestätigungen für neue Geschäfte ausgehandelt werden, entscheide und genehmige der Beteiligte zu 3 diese im Namen der Bank. Dasselbe gelte, wenn Kunden den Schutz bestehender Bestätigungen ändern wollen.
  5. Er entscheide in allen anderen ungewöhnlichen Situationen, die zu einem Risiko für die Bank führen können, in Bezug auf Synthetics Handelstische.

Er übe seine Tätigkeit eigenverantwortlich und weitestgehend weisungsfrei aus. Er sei berechtigt, die Handelstische direkt anzuweisen. Das Arbeitsgericht habe seine Entscheidung damit begründet, dass der Beteiligte zu 3 nicht ganz oben in der Hierarchie des Arbeitgebers stehe und im Falle eines Konflikts mit einem Händler angeblich keine Entscheidungsbefugnis habe, sondern der Vorgesetzte die Entscheidung treffe. Im Kern gehe es darum, was passiert, wenn ein Händler mit einer Weisung des Beteiligten zu 3 nicht ...

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