Leitsatz

Ein ehemaliger Verwalter (insbesondere früherer Bauträger-Verwalter) muss auch in seinem Besitz befindliche Bauunterlagen an die Gemeinschaft herausgeben

 

Normenkette

§ 26 WEG; §§ 667, 675 BGB

 

Kommentar

  1. Grds. besteht die Pflicht eines Verwalters, nach seiner Abberufung alles, was er zur Ausführung seiner Tätigkeit erlangt hat, herauszugeben (h. M.). Damit muss auch ein ehemaliger Verwalter Bauunterlagen an die Gemeinschaft herausgeben, wenn er diese von der Gemeinschaft oder dem Vorverwalter erhalten hat. Allerdings besteht gegenüber einem Beauftragten solange kein Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 667 BGB, wie dieser noch nichts aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Auftraggeber bzw. Antragsteller müssen insoweit darlegen und beweisen, dass ein Beauftragter durch die Vermögensverwaltung etwas erlangt hat. Der Beauftragte muss dann den Verbleib dartun und beweisen sowie sich ggf. entlasten. Antragstellende Auftraggeber müssen insoweit dazu vortragen, wie einem Antragsgegner der Besitz an den genannten Schriftstücken laut angefochtenem Beschluss eingeräumt wurde.
  2. Ein früherer Bauträger-Verwalter hat grds. auch die Unterlagen herauszugeben, die er in seiner Eigenschaft als Bauträger und früherer Eigentümer erhalten hat, also Unterlagen, welche die Planung, Errichtung, Abrechnung und Mängelbeseitigung des Bauvorhabens betreffen. Dies gilt nach § 402 BGB jedenfalls dann, wenn der Bauträger-Verwalter die Gewährleistungsansprüche hinsichtlich des in seinem Namen errichteten Objekts im Rahmen der Veräußerung der Wohneinheiten an die Erwerber abgetreten hat (vgl. auch OLG Hamm v. 29.10.1987, 15 W 361/85, OLGZ 1988, 29 und BayObLG v. 23.3.2001, 2Z BR 6/01, NZM 2001, 469). Es kommt dann nicht darauf an, ob der Bauträger-Verwalter die Unterlagen als Verwalter oder Bauträger besessen hat. Der Besitz ist eine tatsächliche Sachherrschaft und kann nur einheitlich ausgeübt werden.

    Vorliegend hatte der Antragsgegner ausdrücklich behauptet, er sei nie im Besitz der verfahrensgegenständlichen Unterlagen gewesen, sondern lediglich Mitglied einer Bauherrengemeinschaft, die der Bauträger des Objekts gewesen sei; dies wurde von der Antragstellerseite auch nie unter Benennung konkreter Tatsachen in Abrede gestellt bzw. widerlegt.

  3. Auch war nicht vom Bestehen eines Verschaffungsanspruchs gegen den Antragsgegner auszugehen, da hier nicht von einer Identität des Verwalters mit einem Bauträger bzw. Veräußerer zu sprechen war. Nur bei dieser besonderen Fallgestaltung kann ein Verschaffungsanspruch im Hinblick auf die §§ 402, 444 BGB a. F. auch dann bestehen, wenn sich der Bauträger-Verwalter nicht oder nicht mehr im Besitz solcher Unterlagen befindet. Dabei wird berücksichtigt, dass sich aus den vertraglichen Verpflichtungen als Bauträger-Veräußerer ein Verschaffungsanspruch ergeben kann, den dieser – bei Identität – auch als Verwalter erfüllen muss. Da die Bauunterlagen nicht "geborener Bestandteil" der Verwaltungsunterlagen sind (vgl. Müller, ZWE 2002, 391, 396), besteht ansonsten nicht ohne Weiteres ein Verschaffungsanspruch gegen den Verwalter gem. §§ 675, 666, 259, 260 BGB.
 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt/M. v. 24.4.2006, 20 W 517/05OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.04.2006, 20 W 517/05

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