Leitsatz (amtlich)

Der ehemalige Verwalter muss auch Bauunterlagen an die Wohnungseigentümergemeinschaft herausgeben, wenn er sie von dieser oder von dem Vorverwalter erhalten hat. Ein früherer Bauträger-Verwalter hat ggf. auch die Unterlagen herauszugeben, die er in seiner Eigenschaft als Bauträger und früherer Eigentümer erhalten hat.

 

Normenkette

BGB §§ 667, 675; WEG § 26

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Aktenzeichen 7 T 309/05)

 

Gründe

I. Die Antragsteller bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft der sich aus dem Rubrum ergebenden Liegenschaft. Der Antragsgegner war bis März des Jahres 2002 Verwalter der Wohnungseigentumsanlage. Am 19.4.2002 übergab der Antragsgegner die Verwaltung an die neue Verwalterin. Hierbei erstellte er ein Übergabeprotokoll, in welchem der Geschäftsführer der neuen Verwalterin den Erhalt der dort aufgeführten Unterlagen bestätigte. Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Übergabeprotokoll (Bl. 26 ff. d.A.) verwiesen. Am selben Tag fertigte der Geschäftsführer der neuen Verwalterin seinerseits ein Übergabeprotokoll (Bl. 31 d.A.), in dem die Herausgabe der noch verfahrensgegenständlichen Unterlagen, nämlich der Baugenehmigung nebst nachträglichen Baugenehmigungen, des Bauabnahmeprotokolls, der Abgeschlossenheitsbescheinigung, der Baupläne, Kanalpläne und des Abnahmeprotokolls des Gemeinschaftseigentums als "offen" bezeichnet wurde. Der Antragsgegner unterzeichnete dieses Protokoll.

Die Antragsteller haben behauptet, der Antragsgegner habe die in diesem Protokoll als offen bezeichneten Unterlagen noch in Besitz. Sie haben die Auffassung vertreten, dass der Antragsgegner dies mit der Unterzeichnung des vorgenannten Protokolls auch bestätigt habe.

Die Antragsteller haben vor dem AG beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sämtliche Verwaltungsunterlagen betreffend die Wohnungseigentumsanlage X.-straße in O1n die Antragsteller zu Händen der Verwalterin herauszugeben, insb.:

  • die Baugenehmigung nebst nachträglicher Baugenehmigungen und Änderungen
  • das Bauabnahmeprotokoll
  • die Abgeschlossenheitsbescheinigung
  • sämtliche Baupläne und Kanalpläne
  • das Abnahmeprotokoll des Gemeinschaftseigentums
  • Videoband der Firma Y

sowie alle sonstigen aus der Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage herrührenden Unterlagen.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er hat behauptet, die streitgegenständlichen Unterlagen befänden sich nicht in seinem Besitz, er habe diese nie erhalten.

Das AG hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 31.5.2005 (Bl. 41 ff. d.A.), auf dessen Begründung verwiesen wird, verpflichtet, die Baugenehmigung nebst nachträglicher Baugenehmigungen, das Bauabnahmeprotokoll, die Abgeschlossenheitsbescheinigung, Baupläne und Kanalpläne sowie das Abnahmeprotokoll des Gemeinschaftseigentums an die Antragsteller zu Händen der Verwalterin herauszugeben. Im Übrigen hat es den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Er hat die Ansicht vertreten, das AG habe zu Unrecht unterstellt, dass ihm die streitgegenständlichen Unterlagen zu Beginn seiner Hausverwaltertätigkeit übergeben worden seien.

Er hat beantragt, den Beschluss des AG Friedberg vom 31.5.2005 insoweit aufzuheben, als dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben wurde und auch insoweit den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsteller haben beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, der Antragsgegner habe durch seine widerspruchslose Unterschrift auf dem Übergabeprotokoll erklärt, tatsächlich noch im Besitz der entsprechenden Unterlagen zu sein.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 83 ff. d.A.), auf den ebenfalls verwiesen wird, hat das LG den Beschluss des AG abgeändert und den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass den Antragstellern ein Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Unterlagen nicht zustehe, weil nicht feststellbar sei, dass der Antragsgegner Besitz an diesen Unterlagen erlangt hätte. Für den Besitz des Antragsgegners an den streitgegenständlichen Unterlagen streite auch keine tatsächliche Vermutung. Aus dem Übergabeprotokoll der neuen Verwalterin, in dem die streitgegenständlichen Unterlagen jeweils mit dem Begriff "offen" versehen seien, ließe sich dies nicht herleiten.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 26.10.2005 (Bl. 95 d.A.) sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die sie mit weiterem Schriftsatz vom 10.1.2006 (Bl. 114 ff. d.A.) begründet haben. Sie rügen, dass das LG verkannt habe, dass der Antragsgegner die Wohnanlage sowohl als Gesellschafter des bürgerlichen Rechts als Bauträger errichtet habe als auch erster Verwalter gewesen sei. Gegebenenfalls wäre der Antragsgegner verpflichtet gewesen, die im Einzelnen bezeichneten Unterlagen zu beschaffen und an die Antragsteller herauszugeben.

Sie beantragen, den Beschluss des LG Gießen vom 4.10.2005 zu Aktenzeichen 7 T 309/05 aufzuheben und den Beschluss des AG ...

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