Wenn sich aus zwingenden Gründen der Verbrauch an Wärme oder an Warmwasser nicht feststellen lässt, hat der Gebäudeeigentümer die Möglichkeit, in einem Ersatzverfahren andere verbrauchsnahe Kriterien heranzuziehen. Zwischen den in § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizKV genannten möglichen Verfahrensarten kann der Gebäudeeigentümer grundsätzlich wählen, wobei er seinen Spielraum nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) auszuüben hat.[1]

Das Ermessen bei der Auswahl der Schätzmethode kann jedoch eingeschränkt sein. So soll bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft zunächst das Verfahren gewählt werden, das dem individuellen und tatsächlichen Verbrauch am Nächsten kommt. Daher ist zunächst auf die vergleichbare Verbrauchsermittlung früherer Zeiträume oder vergleichbarer Räume abzustellen.[2]

[1] Pfeifer, § 9a HeizKV, S. 219.
[2] AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 10.4.2013, 73 C 174/12, ZWE 2104, 226.

3.1.3.1 Rückgriff auf Verbrauchswerte aus der Vergangenheit

Der Vermieter kann bei diesem Verfahren Verbräuche der betroffenen Räume in vergleichbaren Zeiträumen heranziehen. Das bedeutet, dass der Vermieter auf Werte aus der Vergangenheit zurückgreifen darf, allerdings müssen hierbei mindestens 2 Zeiträume berücksichtigt werden. Seit 1.1.2009 gilt, dass der Gebäudeeigentümer nicht mehr die Verbrauchsdaten eines ganzen Abrechnungszeitraums berücksichtigen muss, sondern es reicht ein kürzerer Zeitraum. Nach der Begründung des Verordnungsgebers gibt es Fälle, in denen die Daten eines vollständigen Abrechnungszeitraums nicht zur Verfügung stehen, wohl aber genügend Daten aus einem kürzeren Zeitraum, die durchaus aussagekräftig sein können. Diese Regelung soll es dem Gebäudeeigentümer ermöglichen, der zu erstellenden Abrechnung Daten aus kürzeren Zeiträumen zugrunde zu legen.[1]

 
Achtung

Das Verhältnis, nicht der tatsächliche Wert ist entscheidend

Es sind nicht die in der Vergangenheit gemessenen tatsächlichen Werte zu übernehmen, sondern das Verhältnis des Verbrauchs der betroffenen Räume zu den anderen Zeiträumen.

 
Praxis-Beispiel

Berechnungsbeispiel

 
  Summe aller Stricheinheiten des Anwesens 2022: 660 (100 %)  
  Stricheinheiten der nicht betroffenen Wohnungen: 594 (90 %)  
  Stricheinheiten der betroffenen Wohnung: 66 (10 %)  

2023 konnte in der betroffenen Wohnung keine Ablesung durchgeführt werden. Es wird daher das Verhältnis der betroffenen Wohnung zum Gebäude aus 2022 zugrunde gelegt.

 
  Stricheinheiten der nicht betroffenen Wohnungen 2023: 690 (90 % der Stricheinheiten des Anwesens)  
  Summe aller Stricheinheiten des Anwesens: 766,67 (100 %)  
  Stricheinheiten der betroffenen Räume: 76,67 (10 %)  

Achtung: Dieses Beispiel berücksichtigt der Einfachheit halber nur einen Zeitraum, gemäß § 9a Abs. 1 HeizKV müssen jedoch mindestens 2 Zeiträume berücksichtigt werden!

Falls die Verbrauchsdaten der Heizkörper einer Wohnung für das Jahr 2022 unwiederbringlich verloren sind, kann der Eigentümer/Vermieter auf die Daten dieser Räume aus früheren Jahren zurückgreifen. Aber: Wurde das Gebäude und somit die Wohnung erst 2021 fertiggestellt und bezogen, ist ein Zurückgreifen auf die Daten nur aus dem Jahr 2021 nicht möglich. Der Wortlaut der Verordnung stellt auf "Zeiträume" ab, daher sind mindestens 2 Zeiträume für die Verbrauchsermittlung erforderlich.[2]

Wie kurz oder lang die vergleichbaren "Zeiträume" im Sinne des § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizKV zu sein haben und welche Monate etwa bei der Ermittlung des Wärmeverbrauchs herangezogen werden müssen, damit aussagekräftige Daten vorliegen, hängt vom Einzelfall ab. Vergleichbarkeit muss zum Beispiel im Hinblick auf die Witterung oder die Jahreszeit vorliegen.

[1] Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, K, Rn. 204.
[2] Langenberg/Zehelein, K 204.

3.1.3.2 Rückgriff auf Werte für vergleichbare andere Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum

Ist die individuelle Vergleichsmethode nicht anwendbar, weil zum Beispiel nicht genügend Verbrauchsdaten aus anderen Zeiträumen vorliegen (§ 9a Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. HeizKV), kann auf Verbrauchsdaten vergleichbarer anderer Räume zurückgegriffen werden. Allerdings müssen diese Werte den aktuellen, das heißt den abzurechnenden Zeitraum betreffen.

Das Problem bei diesem Verfahren besteht darin, die "anderen vergleichbaren Räume" richtig auszuwählen. Bei der Entscheidung, welche Räume infrage kommen, spielt zum Beispiel die Nutzungsart, die Größe oder die Lage im Gebäude eine Rolle. Darüber hinaus kommt es auf die vergleichbare technische Ausstattung an. Zu beachten ist auch, dass mehrere Räume in das Verfahren einzubeziehen sind. Wie viele das sein sollen, kann allerdings nur anhand der Umstände des Einzelfalls entschieden werden.

 
Praxis-Beispiel

Vergleichbare Räume

Wird für das Schlafzimmer einer Wohnung das Ersatzverfahren durchgeführt, können die Verbrauchsdaten anderer Schlafräume im Gebäude herangezogen werden. Nicht möglich ist es jedoch, die Daten für Badezimmer oder Küchen zugrunde zu legen.

Ist nur ein Raum betroffen, so kann auch auf vergleichbare Räume innerhalb der Nutzereinheit abgestellt werden. Ist dagegen die gesamte Einheit betroffen, muss auf Werte anderer Einheiten zurückgegriffen werden.

Wird d...

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