Für Gebäude, in denen die freiliegenden Leitungen überwiegend (also mehr als die Hälfte) ungedämmt sind, ist ein Verbrauchsanteil von generell 50 % angemessen. Begründung: Die Wärmemenge, die von ungedämmten Rohren abgegeben wird, erfassen die Ablesegeräte nur unzureichend, zudem kann der Nutzer sie nicht beeinflussen. In der Praxis gibt es jedoch Fälle, in denen es auch bei Anwendung dieses Verteilungsmaßstabs zu starken, nicht hinnehmbaren Verzerrungen der Heizkostenverteilung innerhalb eines Gebäudes kommt – das gilt insbesondere dann, wenn im Gebäude Einheiten leerstehen und sich hierdurch das Problem der nicht erfassten Wärmeabgabe ungedämmter Leitungen weiter verschärft. Das Zusammentreffen mehrerer Umstände führt hier zu unbilligen Kostenverschiebungen.

§ 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV eröffnet die Möglichkeit, Kostenverzerrungen in solchen Fällen nach anerkannten Regeln der Technik auszugleichen bzw. zu verringern. Das Beiblatt "Rohrwärme" zur Richtlinie VDI 2077 stellt hierfür unterschiedliche Verfahren dar. Welches davon im Einzelfall auszuwählen ist, hängt von den im Gebäude vorhandenen Erfassungsgeräten ab.

Elektronische Heizkostenverteiler erfassen in der Regel die Wärme, die der Heizkörper freigibt. Wärme, die von ungedämmten Rohrleitungen abgegeben wird, bleibt größtenteils unberücksichtigt – anders als bei Verdunstungsheizkostenverteilern, die auch durch andere Wärmequellen, zum Beispiel Sonne oder warme Rohre, beeinflusst werden. Da sich die Umlage der verbrauchsabhängig zu verteilenden Heizkosten nach den erfassten Einheiten richtet, ergeben sich Verzerrungen bei der Heizkostenverteilung. Ein Teil der Mieter muss nahezu die gesamte Wärme bezahlen, die über die Rohrleitungen abgegeben, aber nicht erfasst wird. Die übrigen Mieter werden an diesem Verbrauch kaum beteiligt, da ihre Wohnung durch warme Rohre bereits so warm ist, dass sie ihren Heizkörper kaum aufdrehen müssen. Benachteiligt sind Mieter mit einem höheren Wärmebedarf. Das bedeutet nicht unbedingt, dass es in deren Wohnungen wärmer ist. Es handelt sich meist um Wohnungen mit einem Lagenachteil, die also weiter von der Übergabestation oder der Heizanlage entfernt liegen.

In Gebäuden mit Einrohrheizungen kommt es häufig vor, dass ein wesentlicher Teil der Wärme über freiliegende, nicht oder unzureichend isolierte Rohrleitungen abgegeben wird. In seltenen Fällen ist dies auch bei Zweirohrheizungen möglich. Bei Einrohrheizungen werden – unabhängig davon, ob senkrecht oder waagerecht verlegt – alle Heizkörper eines Strangs durch eine gemeinsame Leitung versorgt. Das bedeutet, das Heizwasser zirkuliert auch dann kontinuierlich mit hoher Temperatur, wenn die Heizkörper abgestellt sind. In Einzelfällen können sich extreme Kostenbelastungen für einzelne Nutzer ergeben. Durch eine hohe Leerstandsrate verschärft sich dieses Problem.

Ebenso kann sich ein Verteilungsfehler bei guter Wärmedämmung der Außenwände des Gebäudes ergeben, weil ein großer Wärmeanteil über die Heizungsrohre abgegeben und von den elektronischen Heizkostenverteilern nicht erfasst wird.[1] In der Vergangenheit wurde entweder das Problem verkannt oder als fehlerhafte Verbrauchserfassung eingestuft.

Nach früher ergangenen Urteilen erklärten die Gerichte[2] die verbrauchsabhängige Abrechnung für unzulässig, verteilten die Heizkosten nach der Wohnfläche und billigten den Mietern das Kürzungsrecht von 15 % zu.

Seit dem 1.1.2009 kann gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden, damit die verbrauchsabhängige Abrechnung weiterhin durchgeführt und Kostenverzerrungen korrigiert werden. Der VDI hat mehrere Verfahren entwickelt, welche die Rohrwärmeabgabe bei der Kostenverteilung berücksichtigen. Auf sie wird als anerkannte Regeln der Technik in § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV Bezug genommen, was eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Anwendung der VDI-Verfahren darstellt.[3] Werden sie angewendet, handelt es sich um eine verbrauchsabhängige Abrechnung, sodass ein Kürzungsrecht des Mieters nach § 12 HeizKV ausscheidet.[4]

[1] Wall, Rn. 3022.
[2] LG Meiningen, Urteil v. 23.9.2002, 6 S 169/00, WuM 2003, 453; LG Dresden, Urteil v. 6.2.2009, 4 S 91/08, WuM 2009, 292; LG Gera, Urteil v. 4.4.2007, 1 S 332/06, WuM 2007, 511; LG Mühlhausen, Urteil v. 29.1.2009, 1 S 182/08, WuM 2009, 234.
[4] Wall, Rn. 5863.

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