Leitsatz

Der Arbeitgeber darf Mitarbeiter, denen Waren oder Geld anvertraut ist, heimlich auf ihre Ehrlichkeit überprüfen. Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber die Wechselgeldkasse einer Kassiererin mehrmals heimlich um jeweils etwa 20 DM erhöht, um zu überprüfen, ob die Kassiererin den Kassenüberschuss feststellen würde. Es traten jedoch Kassendifferenzen auf, die den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung veranlassten. Derartige Zuverlässigkeitstests sind zulässig; sie können nicht von vornhe„rein als rechtswidriger Eingriff in das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht angesehen werden, weil ein solches Persönlichkeitsrecht nicht schrankenlos gewährleistet wird. Kollidieren schützenswerte betriebliche Interessen des Arbeitgebers mit dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, bedarf es einer Güter- und Interessensabwägung. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht bei Überwachung des Arbeitnehmers durch die Wahrnehmung überwiegend schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein können.

Wenn Kassendifferenzen auftauchen, sind – soweit wie möglich – die Umstände hierfür aufzuklären, um den Grad eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers festzustellen. Wenn von einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers auszugehen ist, hängt es von den weiteren Umständen ab, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung oder u. U. nur eine Abmahnung gerechtfertigt ist. Der Arbeitnehmerin ist z. B. zu Gute zu halten, dass sie möglicherweise einen von ihr angenommenen vermeintlichen Fehler zu Lasten eines Kunden durch Egalisierung der Kasse vertuschen wollte, in der Annahme, damit nicht den Arbeitgeber zu schädigen. Wenn – wie im vorliegenden Fall – in der Verkaufsstelle des Arbeitgebers grundsätzlich nur eine Vollzeitkraft als Verkaufsstellenverwalterin und jeweils eine Teilzeitkraft tätig sind, wobei jeweils eine der Arbeitnehmerinnen die Aufgabe hat, die Kasse zu bedienen, während die andere Kraft anderen Aufgaben nachgeht, besteht für den Arbeitgeber ein nachvollziehbares Interesse daran, dass die in seiner Verkaufsstelle völlig selbständig beschäftigten Mitarbeiter die ihm zustehenden Gelder ordnungsgemäß in die Kasse legen und abrechnen.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil vom 18.11.1999, 2 AZR 743/98

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