1 Leitsatz

Mieter und Wohnungseigentümer können die Steuerermäßigung gem. § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch dann geltend machen, wenn sie nicht selbst die Verträge mit den Leistungserbringern abgeschlossen haben. Aus der Rechnung müssen sich allerdings der Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistung bzw. der Handwerkerleistung als Rechnungsaussteller, der Empfänger der Leistung, die Art, der Zeitpunkt und der Inhalt der Leistung sowie die dafür jeweils geschuldeten Entgelte ergeben.

2 Normenkette

§ 35a Abs. 2 Satz 1 EStG

3 Das Problem

K ist Mieter einer Wohnung, die im Sondereigentum steht (Eigentumswohnung). Fraglich ist u. a., ob K steuermindernd die Kosten für die Funktionsprüfung der Rauchwarnmelder, der Treppenhausreinigung, des Schneeräumdienstes und der Gartenpflege geltend machen kann, die sich aus der Einzeljahresabrechnung des vermietenden Wohnungseigentümers X ergeben, obwohl er keinen der Verträge geschlossen hat. Ferner ist fraglich, wie K die Kosten nachweist.

4 Die Entscheidung

Der BFH meint, K könne eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG zustehen! Nach der Rechtsprechung müssten die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehörten hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushaltes oder entsprechend Beschäftigte erledigt würden und in regelmäßigen Abständen anfielen (Hinweis auf BFH, Urteil v. 13.5.2020, VI R 4/18). Nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff könne aber auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der "Grundstücksgrenze" auf fremdem Grund geleistet würden, als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt sein. Es müsse sich allerdings um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht, in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt würden und dem Haushalt dienten. Hiervon sei auszugehen, wenn der Steuerpflichtige als Wohnungseigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von (öffentlichen) Gehwegen und/oder Wegen verpflichtet sei (die Reinigung der Fahrbahn einer Straße sei hingegen keine hauswirtschaftliche Verrichtung). Nach diesen Grundsätzen handele es sich bei der Treppenhausreinigung, dem Schneeräumen und der Gartenpflege um haushaltsnahe Dienstleistungen. Der Berücksichtigung des Schneeräumens und der Gartenpflege stehe nicht entgegen, dass diese Arbeiten von den Personen erledigt worden seien, die zu K oder seinem Vermieter nicht in einem Beschäftigungs- oder Dienstverhältnis standen. Denn für die Steuerermäßigung reiche es aus, dass Leistungen erbracht werden, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufwiesen. Bei der Funktionsprüfung der Rauchwarnmelder handele es sich hingegen um eine handwerkliche Tätigkeit im Haushalt des K, die aber auch steuermindernd geltend gemacht werden könne.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall, der an dieser Stelle sehr verkürzt dargestellt wird und unbedingt im Original nachgelesen werden sollte, wenn dazu ein Anlass gegeben ist, bestehen zwischen K und den Dienstleistern keine unmittelbaren vertraglichen oder vertragsähnlichen Rechtsbeziehungen. Der BFH klärt u. a., dass die "Inanspruchnahme" haushaltsnaher Dienstleistungen und Handwerkerleistungen aber auch nicht erfordert, dass der Steuerpflichtige einen eigenen zivilrechtlichen Anspruch gegen den Leistungserbringer besitzt. Der Steuerpflichtige nimmt also haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch dadurch in Anspruch, dass ihm die betreffenden Leistungen zugutekommen.

Rechnung

Ferner führt der BFH vor allem zum Begriff der "Rechnung" aus. Der Regelungszweck des § 35a EStG, Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt zu fördern und die Schwarzarbeit zu bekämpfen, und der herkömmliche Begriff "Rechnung" erforderten, dass sich aus der Rechnung die wesentlichen Grundlagen der steuerlich geförderten Leistungsbeziehung entnehmen ließen. Daher müssten sich aus der Rechnung der Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistung bzw. der Handwerkerleistung als Rechnungsaussteller, der Empfänger der Leistung, die Art, der Zeitpunkt und der Inhalt der Leistung sowie die dafür jeweils geschuldeten Entgelte ergeben. Überblick:

  • Hinsichtlich der Aufwendungen für die Funktionsprüfung RWM (Rauchwarnmelder) hatte K nach der BFH-Ansicht eine "Rechnung" erhalten, die den Anforderungen entspricht. Denn K lag die Einzeljahresabrechnung des X vor. Der Bezeichnung "Funktionsprüfung RWM" konnte entnommen werden, dass in dem abgerechneten Betrag nur Arbeitskosten enthalten waren. Hinsichtlich der Leistungszeit reichte dem BFH die Angabe des Zeitraums "01.01.2016 – 31.12.2016" aus.
  • In Bezug auf die Treppenhausreinigung sowie das Schneeräumen und die Gartenpflege hatte K hingegen keine Rechnungen der jeweiligen Leistungserbringer erhalten. Dies stand der Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nicht grundsätzlich entgegen. Nach BFH-Ansicht können die Betriebskostenabrechnung des vermietenden Wohnungseigentümers X bzw. die Jahresabrechnung der Gemeinschaft der W...

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