Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen bei Mieter

Mieter können die Steuerermäßigung gemäß § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch dann geltend machen, wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.

Eine Wohnnebenkostenabrechnung, eine Hausgeldabrechnung, eine sonstige Abrechnungsunterlage oder eine Bescheinigung entsprechend dem Muster in Anlage 2 des BMF-Schreibens v. 9.11.2016 (BStBl I 2016, 1213), die die wesentlichen Angaben einer Rechnung sowie einer unbaren Zahlung nach § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG enthält, reicht für die Geltendmachung der Steuerermäßigung nach § 35a EStG regelmäßig aus, es sei denn, es drängen sich Zweifel an deren Richtigkeit auf.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG sind. Nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 EUR. Die Steuerermäßigung kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Dienstleistung bzw. Handwerkerleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG).

Sachverhalt: Mieter einer Eigentumswohnung machen Steuerermäßigung geltend

Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2016 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Sie wohnten in einer Eigentumswohnung, die sie vom Eigentümer angemietet hatten. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümer oblag einer Verwalterin. Die Kläger machten eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für folgende Aufwendungen geltend:

  • Funktionsprüfung Rauchwarnmelder lt. Heizungsabrechnung (Lohnanteil),
  • Treppenhausreinigung 25 % Anteil (Lohnanteil) sowie
  • Schneeräumdienst und Gartenpflege (Lohnanteil).

Als Nachweis für die Treppenhausreinigung sowie den Schneeräumdienst und die Gartenpflege legten sie die „Wohnnebenkostenabrechnung 2016" ihres Vermieters vor. Die Aufwendungen für die Treppenhausreinigung ergaben sich aus einer „Hausgeldabrechnung“, die die Wohnungsverwaltung dem Vermieter für 2016 in Rechnung gestellt hatte. Die Aufwendungen für die Funktionsprüfung der Rauchwarnmelder), die in der Wohnnebenkostenabrechnung unter der Position "Heizung Wasser" mit enthalten waren, ergaben sich aus der an den Vermieter gerichteten "Betriebskosten-Abrechnung" der Verwalterin der WEG (X) für das Streitjahr.

Revisionszulassung nach Nichtzulassungsbeschwerde

Das FA erkannte die geltend gemachten Aufwendungen nicht an. Auch die Klage war erfolglos. Der BFH hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision gegen die Entscheidung des FG zugelassen.

Entscheidung: BFH hält die Revision des FA für begründet

Der BFH hält die Revision der Kläger für begründet. Er hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der BFH konnte auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob den Klägern die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zusteht.

Mieter muss Verträge nicht selbst abgeschlossen haben

Hierzu führte der BFH u.a. aus:

  • Der Berücksichtigung des Schneeräumens und der Gartenpflege als haushaltsnahe Dienstleistungen steht es nicht entgegen, dass diese Arbeiten von Personen erledigt wurden, die zu den Klägern oder ihrem Vermieter nicht in einem Beschäftigungs- oder Dienstverhältnis standen. Der im Gesetz verwendete Begriff der "Dienstleistungen" begrenzt den Anwendungsbereich des § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG nicht auf Dienst- beziehungsweise Arbeitsverträge im Sinne von § 611 BGB. Begünstigt sind alle nicht unter § 35a Abs. 1 EStG fallenden, auf vertraglicher oder vertragsähnlicher Grundlage erbrachten Leistungen, die mit der Haushaltsführung in Zusammenhang stehen.
  • Der Steuerermäßigung steht nicht entgegen, dass die Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, z.B. dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, nicht selbst abgeschlossen haben, also zwischen den Mietern den Erbringern der haushaltsnahen Dienstleistungen keine unmittelbaren vertraglichen oder vertragsähnlichen Rechtsbeziehungen bestanden. Für die Gewährung der Steuerermäßigung ist ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zu Gute gekommen sind.
  • Die Kläger haben von der Treppenhausreinigung, dem Schneeräumen und der Gartenpflege als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie der Funktionsprüfung der Rauchwarnmelder als Handwerkerleistung jeweils profitiert. Folglich haben sie diese Leistungen auch dann in Anspruch genommen, wenn die Arbeiten zum Beispiel aufgrund eines vom Vermieter, der Verwalterin oder der Eigentümergemeinschaft abgeschlossenen Dienst-, Arbeits- oder Werkvertrags, im Auftrag des Vermieters, im Rahmen einer (berechtigten) Geschäftsführung ohne Auftrag, in Erfüllung einer (gemeinschaftsbezogenen) Verpflichtung zur Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder einer anderen zivilrechtlichen Rechtsgrundlage ausgeführt wurden.

Als Nachweis genügt grds. Nebenkostenabrechnung

Soweit das Gesetz verlangt, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist, genügt als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht ( Anlage 2 des BMF-Schreibens v. 9.11.2016 (BStBl I 2016, 1213). Aus beiden müssen sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben.

Die Wohnnebenkostenabrechnungen des Vermieters beziehungsweise die Hausgeldabrechnungen der Eigentümergemeinschaft oder des Verwalters sowie weitere oder ergänzende Abrechnungsunterlagen, die der Mieter oder Wohnungseigentümer erhalten hat, können die Rechnungen der Leistungserbringer repräsentieren. Können den vorgenannten Abrechnungen daher die wesentlichen Angaben entnommen werden, die an eine Rechnung im Sinne des § 35a Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 EStG zu stellen sind, reicht der Erhalt dieser Abrechnungen bei Mietern und Wohnungseigentümern regelmäßig für die Geltendmachung der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG und nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG aus.

Im Zweifel müssen ergänzende Unterlagen vorgelegt werden

Sollte das FG auch im zweiten Rechtsgang zu der Überzeugung gelangen, dass die von den Klägern vorgelegten und gegebenenfalls noch zu ergänzenden (Abrechnungs-)Unterlagen des Vermieters nach den oben dargelegten Rechtsmaßstäben zum Beleg der haushaltsnahen Dienstleistungen nicht ausreichen, wird es den Klägern aufzugeben haben, sich (Kopien der) Rechnungen der Leistungserbringer hinsichtlich der Treppenhausreinigung, des Schneeräumens und der Gartenpflege zu beschaffen und diese vorzulegen.

BFH, Urteil v. 20.4.2023, VI R 24/20; veröffentlicht am 13.7.2023

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Hinweis: Entsprechendes gilt bei Wohnungseigentümergemeinschaften

Der BFH weist in der Pressemitteilung zu dieser Entscheidung auch darauf hin, dass die o.g. Rechtsprechung entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer gilt, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft – regelmäßig vertreten durch deren Verwalter – erfolgt ist.