2.3.1 Entziehungsbeschluss

Das Verlangen nach § 17 Abs. 1 WEG bedarf nach h. M. grundsätzlich eines Beschlusses[1], der nicht selbst die Entziehung des Wohnungseigentums zur Folge hat, sondern eine besondere Prozessvoraussetzung der folgenden Entziehungsklage darstellt. Es muss die Veräußerung des Wohnungseigentums verlangt werden. Dies muss sich unzweifelhaft aus der Beschlussformulierung, wie sie vom Verwalter festgestellt wurde, ergeben.

 

Musterbeschluss: Entziehung des Wohnungseigentums[2]

TOP XX: Entziehung des Wohnungseigentums Nr. ___

  1. Wohnungseigentümer _________ [Name] soll sein Wohnungseigentum Nr. ___ veräußern. Sollte das Wohnungseigentum innerhalb von 6 Monaten nicht veräußert sein oder der Wohnungseigentümer die Veräußerung endgültig ablehnen, wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Wege der Entziehungsklage und anschließenden Zwangsvollstreckung vorgehen.
  2. Für diesen Fall wird der Verwalter bereits jetzt ermächtigt, Rechtsanwalt _________ [Name und Anschrift] mit der Erhebung der Entziehungsklage und Zwangsvollstreckung zu beauftragen und zu bevollmächtigen.
  3. Die Mittel für die Entziehungsklage sind dem Verwaltungsvermögen zu entnehmen.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

______________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

Die Einladung zur Eigentümerversammlung muss deutlich erkennen lassen, dass die Wohnungseigentümer über ein Entziehungsverlangen nach § 17 WEG beschließen sollen.[3] Hierfür genügt der Begriff "Abmeierungsklage".[4] Besser ist indes eine inhaltlich klare, für jedermann verständliche Ankündigung.

 

Muster: Ankündigung des Entziehungsbeschlusses in der Tagesordnung

(...)

TOP ____: Beschlussfassung über ein Verlangen nach § 17 WEG gegen Wohnungseigentümer _______ [Name], sein Wohnungseigentum zu veräußern.

(...)

[1] BGH, Urteil v. 8.7.2011, V ZR 2/11, NJW 2011 S. 3026 Rn. 4; a. A. Hogenschurz/Hogenschurz, § 17 WEG Rn. 29.
[2] Siehe auch Bruns/Hintzen ZWE 2018, S. 73, 75 und Fritsch in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, § 5 Rn. 21.

2.3.2 Mehrheitserfordernisse

Für die Beschlussfassung über das Entziehungsverlangen gelten keine verschärften Mehrheitserfordernisse. Auch ein Entziehungsbeschluss bedarf nur einer einfachen Mehrheit. Der störende Wohnungseigentümer ist gemäß § 25 Abs. 4, 3. Alt. WEG von der Abstimmung ausgeschlossen.[1]

[1] BGH, Beschluss v. 30.6.1972, V ZR 118/70, BGHZ 59 S. 104, 108; BayObLG, Beschluss v. 24.6.1999, 2Z BR 179/98, NZM 1999 S. 868.

2.3.3 Anfechtung des Entziehungsbeschlusses

Wird der Entziehungsbeschluss angefochten, sind im Rahmen der Anfechtungsklage nur die formellen Beschlussmängel zu prüfen. Die materiellen Gründe, also die Frage, ob der entsprechende Wohnungseigentümer sich pflichtwidrig verhalten hat, sind der evtl. zu führenden Entziehungsklage vorbehalten.[1] Als formellen Beschlussmangel versteht der BGH auch die Frage, ob dem Beschluss die erforderliche Abmahnung vorausgegangen ist. Dagegen ist die inhaltliche Richtigkeit der in der Abmahnung aufgeführten Gründe und die Frage, ob nach der Abmahnung erneut gegen Pflichten verstoßen worden ist, ausschließlich Gegenstand der Entziehungsklage.

2.3.4 Entziehungsklage und Veräußerungsurteil

Veräußert der vom Ausschließungsbeschluss betroffene Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum nicht freiwillig, so kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einem zweiten Schritt gegen ihn Klage erheben. Durch den Beschluss nach § 17 Abs. 1 WEG wird für einen Wohnungseigentümer eine Verpflichtung zur Veräußerung begründet, nicht aber die Wirkung der Entziehung erzeugt. Entspricht der Störer einem Entziehungsbeschluss nicht freiwillig, muss er in einem Eigentumsentziehungsprozess auf Antrag der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt werden. Gegenstand eines solchen Eigentumsentziehungsprozesses ist die Frage, ob der Sondereigentümer sein Eigentum veräußern muss.[1]

Örtlich und sachlich zuständig ist das Amtsgericht nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG, § 23 Nr. 2c) GVG. Der Beschluss ist nach bislang h. M. besondere Sachurteilsvoraussetzung.[2] Das Gericht hat bei der Entziehungsklage zu prüfen, ob ein Entziehungsbeschluss und Gründe nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 WEG vorliegen.[3] Greift der Betroffene den Entziehungsbeschluss an, sollte der Eigentumsentziehungsprozess bis zur Bestandskraft oder rechtskräftigen Ungültigerklärung des Entziehungsbeschlusses ausgesetzt werden, da ansonsten widersprüchliche Entscheidungen etwa zur Frage der wirksamen Abmahnung drohen.[4] Die Zwangsvollstreckung aus dem Veräußerungsurteil steht nach § 17 Abs. 4 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu. Aus dem Veräußerungsurteil kann 30 Jahre lang vollstreckt werden.[5]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge