Obstruktives Stimmverhalten kann einerseits darin liegen, z. B. einem Beschluss über nach GEG erforderlichen Maßnahmen nicht zuzustimmen oder andererseits darin, einem Beschlussantrag zuzustimmen, der nach GEG erforderliche Vorgaben missachtet.

Die Beteiligung mehrerer an einer Ordnungswidrigkeit regelt § 14 OWiG.

Im Fall obstruktiver Beschlussfassung gegen erforderliche Maßnahmen nach öffentlichem Recht kommen als Beteiligte der Ordnungswidrigkeit zunächst auch diejenigen Wohnungseigentümer in Betracht, die im einen Fall für die rechtskonforme Maßnahme gestimmt haben und im anderen Fall gegen den rechtswidrigen Beschlussantrag. Es handelt sich mithin um eine Gremiumsentscheidung. Insoweit ist jedenfalls derjenige als Beteiligter anzusehen, der durch sein Stimmverhalten seinen Beitrag dazu leistet, dass die gebotene Maßnahme unterbleibt.[1]

Im Umkehrschluss folgt daraus, dass diejenigen Wohnungseigentümer, die ihr Stimmverhalten rechtskonform ausgerichtet haben, zwar zunächst von einer Ahndung ausgeschlossen sind. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bereits das WEG den überstimmten Wohnungseigentümern durch die Beschlussersetzungsklage ein effektives Mittel an die Hand gibt, die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben auch gegen den Willen der Mehrheit durchzusetzen. Um insoweit privilegiert zu sein, müssten überstimmte Wohnungseigentümer entsprechende Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erheben. Wegen der ihr auferlegten Verfahrenskosten könnte diese anschließend die obstruktive Mehrheit in Regress nehmen.[2]

 
Wichtig

Namentliche Erfassung des Abstimmungsergebnisses

Von elementarer Bedeutung ist dabei die namentliche Dokumentation des Abstimmungsergebnisses seitens des Verwalters.[3] Die namentliche Erfassung des Stimmverhaltens zur möglichen Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen stellt im Übrigen keine widerrechtliche Drohung dar.[4]

In aller Regel sind Beschlüsse nichtig, die gegen bußgeldbewehrte öffentlich-rechtliche Pflichten verstoßen. Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG ist jedenfalls ein Beschluss nichtig, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Aus wohnungseigentumsrechtlicher Sicht kommt es bei Verstößen gegen zwingende Rechtsvorschriften maßgeblich auf den Schutzzweck der verletzten Rechtsvorschrift an.[5] Die Nichtigkeit kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz der Wohnungseigentümer dient.[6] Ebenso wie die Wohnungseigentümer nicht die Begehung von Straftaten beschließen können[7], können sie auch keine Maßnahmen beschließen, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen.[8] Das eine wie das andere führt zur Beschlussnichtigkeit.

[1] BGH, a a. O.; Lehmann-Richter, ZWE 2013, S. 341 (342).
[3] OLG Düsseldorf, Urteil v. 13.9.1979, 5 Ss 420/79, NJW 1980 S. 71; Joecks/Scheinfeld in Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2020, § 25 Rn. 256.
[4] AG München, Urteil v. 10.1.2018, 485 C 433/16 WEG, ZWE 2018 S. 331.
[5] BGH, Urteil v. 22.6.2018, V ZR 193/17, NJW 2018 S. 3717 Rn. 18; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 23 Rn. 141; BeckOGK/Hermann [1.12.2021], WEG, § 23 Rn. 153; Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 20. Aufl., § 23 Rn. 104.
[6] BGH, Urteil v. 28.1.2022, V ZR 106/21, BeckRS 2022, 7224 Rn. 28; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 23 Rn. 160.
[7] Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 23 Rn. 148.

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