Leitsatz

Rechtsnachfolger haftet für vor Eigentumsübergang beschlossene, jedoch erst danach zu seiner Eigentumszeit durch Beschluss fällig gestellte Sonderumlage

 

Normenkette

§§ 16, 28 WEG

 

Kommentar

  1. Im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern trifft die Zahlungspflicht für eine vor Eigentumswechsel beschlossene, aber erst danach fällige Sonderumlage nicht den bisherigen, sondern den neuen Wohnungseigentümer. Zahlungsschuldner für die Kosten und Lasten gem. § 16 Abs. 2 WEG ist derjenige, der als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen ist und damit rechtlich der Wohnungseigentümergemeinschaft angehört (vgl. BGH v. 4.3.1983, VII ZB 28/82, BGHZ 87, 138, 141). Kraft Gesetzes besteht keine Haftung des Rechtsnachfolgers für Zahlungsverbindlichkeiten seines Rechtsvorgängers (h.R.M.).

    Bei einer beschlossenen Sonderumlage entsteht die Zahlungspflicht grundsätzlich durch den Beschluss, durch den die Beitragspflicht nach § 16 Abs. 2 WEG konkretisiert wird (vgl. BGH v. 21.4.1988, V ZB 10/87, BGHZ 104, 197). Wird die Leistung mit Beschlussfassung fällig, so ist die Zahlungspflicht an die zu diesem Zeitpunkt gegebene Eigentümerstellung geknüpft.

    Ist - wie hier - allerdings der Sonderumlagebeschluss noch vor dem Eigentumswechsel gefasst worden, die Fälligstellung dabei aber auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden, so trifft die Zahlungspflicht kraft Fälligkeit den neuen Eigentümer (h.R.M.). Schon sprachliche Gründe legen es nahe, bei einem Eigentumswechsel die Schuldnerstellung an die Eigentümerstellung zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu binden. Die Nichtzahlung auf einen noch nicht fälligen und damit noch nicht durchsetzbaren Anspruch kann nach dem Wortsinn keinen Zahlungsrückstand des Veräußerers begründen, für den der Erwerber dann nicht zu haften hätte (OLG Karlsruhe v. 10.7.1987, 11 W 78/86, NJW-RR 1987, 1354). Die Anknüpfung an die Eigentümerstellung zum Zeitpunkt der Fälligkeit entspricht zudem den auch vom Gesetz getroffenen Regelungen zur Lastenverteilung, bei denen jeweils auf die Fälligkeit abgestellt wird (vgl. z.B. § 1108 BGB). Schließlich ist es auch interessengerecht, dem neuen Eigentümer die erst während seiner Zugehörigkeit fällig gewordene Sonderumlage aufzuerlegen. Im hier zu entscheidenden Fall zieht den Nutzen aus der als Umlage finanzierten Sanierungsmaßnahme nicht der bisherige Eigentümer, sondern der neue. Dieser hatte auch die Möglichkeit, sich vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags über den Verwalter zur Beschlusslage zu informieren und in seine Überlegungen zum Kaufentschluss mit einfließen zu lassen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.11.2004, 14 Wx 82/03OLG Karlsruhe v. 17.11.2004, 14 Wx 82/03, ZMR 4/2005, 310

Anmerkung

Diese obergerichtliche Entscheidung entspricht der herrschenden Rechtsmeinung, d.h. der seit etwa 1988 vom BGH festgeschriebenen sog. Fälligkeitstheorie. Welchem konkreten Zweck eine im Sinne eines Nachtragshaushalts zu beschließende Sonderumlage dienen soll, sollte als zweitrangig angesehen werden. Entscheidend ist ein notwendiger zusätzlicher Geldmittelbedarf der Gemeinschaft zur Sicherstellung z u k ü n f t i g e r laufender Ausgaben im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. Bei liquiditätsverbessernden Umlagen infolge unerwarteter Wohngeldzahlungsausfälle muss auf einen solchen Beschlusszeitpunkt und eine etwa gesondert mitbeschlossene Fälligkeit (ggf. auch beschlossene Ratenfälligkeiten) abgestellt werden. Insoweit handelt es sich nicht um eine Umgehung des Grundsatzes, dass Rechtsnachfolger nicht kraft Gesetzes für Wohngeldschulden eines Voreigentümers haften (a.A. wohl nach wie vor u.a. Jennißen, ZMR 4/2005, 267 und auch Lüke, Festschrift für Kirchhof, 2003, 287 ff.).

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