Normenkette

§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG, § 13 Abs. 1 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG, § 46 Abs. 1 WEG, § 242 BGB, § 903 BGB, § 17a Abs. 5 GVG

 

Kommentar

1. In einer Gemeinschaftsordnung war Folgendes vereinbart:

Mit Wirkung gegenüber jedem Sonderrechtsnachfolger gilt als Inhalt des Sondereigentums die nachstehende Teilungs- und Verwaltungsregelung:

Solange mehr als 2/3 der Sondereigentümer ihr Sondereigentum durch Vermietung nutzen, ist die Verwaltung der jeweiligen Mietverhältnisse und in dem dadurch bestimmten Rahmen auch die Verwaltung des jeweiligen Sondereigentums dem Verwalter zu übertragen.

Ein Eigentümer hatte in dieser Anlage eine Wohnung kraft Zuschlages in der Zwangsversteigerung erworben und war nicht damit einverstanden, dass der Wohnungseigentumsverwalter die Miete unmittelbar von seinem Mieter einzog. Der Verwalter beantragte daraufhin gerichtliche Feststellung, dass er auch in Zukunft berechtigt sei, sämtliche Mietzahlungen vom jeweiligen Mieter der Wohnung des Antragstellers zu vereinnahmen (die er i.Ü. nach Verrechnung mit Wohngeldforderungen der Gemeinschaft an den Antragsgegner/Vermieter auszahlte). Der Antrag hatte keinen Erfolg.

2. Eine Gemeinschaftsordnung als Teil der Teilungserklärung (Vereinbarungen gem. § 10 Abs. 1 und Abs. 2 WEG) unterliegt grundsätzlich auch der Inhaltskontrolle gem. § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben). Eine Gestaltungsfreiheit eines teilenden Eigentümers endet dort, wo die personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der Wohnungseigentümer oder ihre Rechtsstellung als Eigentümer zu stark ausgehöhlt wird (BayObLGZ 88, 287/291). Einer solchen Inhaltskontrolle hält die hier getroffene (und oben zitierte) Vereinbarung der Gemeinschaftsordnung stand.

Schon eine einschränkende Gebrauchsregelung in einer Teilungserklärung hat der Senat für Rechtens angesehen, durch die die Nutzung der Wohnungseigentumsrechte einer Anlage auf die Verpachtung an eine Betriebsgesellschaft (Hotelanlage) beschränkt wurde (vgl. BayObLG, NJW-RR 88, 1163; WM 94, 156). Eine solche Gebrauchsregelung schränkt einzelne Wohnungseigentümer in ihrem Eigentumsrecht (vgl. § 903 BGB und § 13 Abs. 1 WEG) viel stärker ein als dies hier der Fall ist. Vorliegend überlässt die Vereinbarung dem einzelnen Eigentümer die Entscheidung, ob er sein Eigentum selbst bewohnen oder vermieten will. Nur im Fall der Vermietung (und wie hier einer Vermietung von mehr als 2/3 aller Einheiten) besteht Übertragungsverpflichtung der Verwaltung des Sondereigentums auf den WEG-Verwalter. Dadurch wird auch nicht in Frage gestellt, dass dem vermietenden Eigentümer die Mietzahlungen zustehen (nach Verrechnung mit Wohngeldforderungen der Gemeinschaft).

Allerdings besteht nach der getroffenen Vereinbarung lediglich die Verpflichtung des Eigentümers, der sich für eine Vermietung entschließt (wie auch hier der Ersteher), die Verwaltung des Sondereigentums dem WE-Verwalter zu übertragen. Nur wenn dies geschehen ist, greift die Bestimmung des Verwaltervertrages ein, die den Verwalter auch zum Einzug von Mieten berechtigt. Im vorliegenden Fall hatte nun der Eigentümer sein Wohnungseigentum nicht durch Rechtsgeschäft, sondern durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben. Er verweigerte auch die Übertragung der Verwaltung seines Sondereigentums auf den Verwalter. Damit fehlt für eine Einziehungsermächtigung des Verwalters hinsichtlich des Mietzinses die Grundlage. Aus diesem Grund konnte der Feststellungsantrag keinen Erfolg haben. Es wäre Sache des Antragsgegners (des Verwalters) gewesen, zunächst die Verpflichtung des Eigentümers aus der Gemeinschaftsordnungsvereinbarung gerichtlich durchzusetzen. Diese Vereinbarung ist nicht dahin ausgestaltet, dass die Verwaltung des Sondereigentums, wenn die Voraussetzungen vorliegen, ohne weiteres dem Verwalter übertragen ist; sie ist vielmehr "zu übertragen", was hier nicht geschehen ist.

3. Geht ein Streit um die Verwaltung des Sondereigentums eines Wohnungseigentümers durch den WE-Verwalter (wie hier), ist eine Zuständigkeit der Wohnungseigentumsgerichte nicht gegeben. An einen rechtskräftigen Abgabebeschluss des Prozessgerichts sind allerdings die Wohnungseigentumsgerichte gebunden (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG und § 17a Abs. 5 GVG).

Diejenigen Wohnungseigentümer, deren Rechte nicht berührt werden, sind nicht materiell beteiligt und brauchen daher nicht zum Verfahren nach WEG hinzugezogen zu werden. Vorliegend ging es ausschließlich um die Verwaltung des Sondereigentums des vermietenden Wohnungseigentümers.

4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung des unterlegenen Verwalters im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz von 3.000 DM.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 14.06.1995, 2Z BR 53/95)

Zu Gruppe 4 Wohnungseigentumsverwaltung

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge