1 Aufgaben, Inhalt und Rechtsgrundlagen des Grundbuchrechts

1.1 Das materielle Grundstücksrecht

Eintragungssystem

Das materielle Grundstücksrecht regelt die Voraussetzungen für die Begründung, Übertragung und Beendigung von Grundstücksrechten. Nach seinen Regeln ist die inhaltliche Richtigkeit des Grundbuchs zu beurteilen. Das materielle Grundstücksrecht ist im Wesentlichen im BGB, der ErbbauVO und dem WEG enthalten. Auch die Grundbuchordnung (GBO) enthält materielles Grundstücksrecht, z. B. in § 3 Abs. 1 Satz 2 GBO und § 49 GBO. Das materielle Grundstücksrecht setzt voraus, dass die Grundstücke gebucht und die hieran bestehenden dinglichen Rechte durch das Grundbuch nachgewiesen werden (Grundbuchsystem §§ 873 ff. BGB). Nach dem Eintragungssystem des Grundstücksrechts gibt es keinen Erwerb, keine Änderung des Inhalts und keine Aufhebung eines Grundstücksrechts ohne Eintragung in das Grundbuch. Darüber hinaus ist der Inhalt des Grundbuchs für die Beweisvermutung der im Grundbuch eingetragenen Rechte und zur Sicherung des redlichen Rechtsverkehrs als Grundlage des gutgläubigen Erwerbs (§§ 892, 893 BGB) von Bedeutung. Daher erfordert das materielle Grundstücksrecht die Einrichtung des Grundbuchs als öffentliches Register und Regelungen der formellen Voraussetzungen, unter denen Eintragungen im Grundbuch vorzunehmen sind. Mit diesen Regelungen befasst sich das formelle Grundstücksrecht.

1.2 Das formelle Grundstücksrecht

Die formellen Voraussetzungen, unter denen eine Eintragung in das Grundbuch vorzunehmen ist, und das Verfahren werden geregelt in der Grundbuchordnung (GBO), der Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung (GBV), der Verordnung über die Anlegung und Führung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher (WGV), der Verordnung über die Wiederherstellung zerstörter oder abhanden gekommener Grundbücher und Urkunden und dem Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet des Grundbuchwesens.[1] Darüber hinaus regeln landesrechtliche Vorschriften[2] – insoweit unter Ablösung der Allgemeinen Verfügung über geschäftliche Behandlung der Grundbuchsachen (GeschO) – die geschäftliche Behandlung der Grundbuchsachen. Im Bereich der neuen Bundesländer gelten Sondervorschriften für die Anlegung und Führung eines Gebäudegrundbuchs; im Einzelnen die Gebäudegrundbuchverfügung (GGV)[3], das Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG), das Gesetz über die Sonderung unvermessener und überbauter Grundstücke nach der Karte (Bodensonderungsgesetz), die Sonderplanungsverordnung, die Verordnung über die vorrangige Bearbeitung investiver Grundbuchsachen, die Grundstücksverkehrsordnung sowie die Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen (Hofraumverordnung).[4]

[1] Alles abgedruckt bei Demharter, Grundbuchordnung, 29. Aufl. 2014.
[2] Zusammengestellt bei Schöner/Stöber, 15. Aufl. 2012 Rn. 33.
[3] Dazu Schmidt-Räntsch/Sternal, DtZ 1994, 262; Demharter, § 144 GBO, Rn. 21 ff.
[4] Zu den Sondervorschriften der neuen Bundesländer siehe Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 32a.

2 Begriff des Grundstücks

2.1 Grundstück im Rechtssinn

Ein auf allen Seiten abgegrenzter Teil der Erdoberfläche (Grundstück im tatsächlichen Sinn) wird durch Eintragung im Grundbuch unter einer Nummer in einem besonderen Grundbuchblatt (Realfolium, § 3 Abs. 1 GBO) oder zusammen mit anderen Grundstücken desselben Eigentümers auf einem Grundbuchblatt (Personalfolium, § 4 Abs. 1 GBO) zum Grundstück im Rechtssinn.

Liegenschaftskataster

Die Grundstücke werden im Grundbuch nach den in den Ländern eingerichteten amtlichen Verzeichnissen (§ 2 Abs. 2 GBO) benannt. In den meisten Ländern dienen als Grundlage die Liegenschaftskataster, welche für die Grund- und Gebäudesteuern eingerichtet worden sind und von den Vermessungsbehörden geführt werden. Sie bestehen aus Kartenwerken und Katasterbüchern und geben Auskunft über die tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks wie Größe, Bebauung, Lage usw. Eine dauerende Verbindung zwischen Grundbuchämtern und Katasterbehörden sorgt dafür, dass neue Feststellungen der Katasterbehörden, z. B. über Größe eines Grundstücks aufgrund neuer Vermessungen, im Grundbuch verzeichnet werden.

Flurstück

Grundstück im vermessungstechnischen Sinn – auch Parzelle oder Flurstück genannt – ist die kleinste Unterteilung der Erdoberfläche, welche von einer in sich geschlossenen Linie umgrenzt und in der Flurkarte unter einer besonderen Nummer (Flurstücksnummer) verzeichnet ist. Das Grundbuch übernimmt die tatsächlichen Angaben des Katasters, während umgekehrt das Kataster die Eigentumsangaben des Grundbuchs nachrichtlich übernimmt (Fortführung).

Gebäude

Ein Gebäude ist ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§§ 93, 94 BGB), es sei denn, es ist nur zu einem vorübergehenden Zweck auf dem Grundstück errichtet (§ 95 BGB), wie beispielsweise das vom Mieter für die Dauer der Miete erstellte Gebäude. Wesentliche Bestandteile können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein (§ 93 BGB), d. h., sie teilen stets das rechtliche Schicksal der Hauptsache; abweichende Vereinbarungen können lediglich schuldrechtliche, aber keine dingliche Wirkung entfalten. Wesentliche Bestandteile sind daher auch nicht einzeln p...

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