In der Not: einer für alle

Unabhängig vom Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung ist jeder Miteigentümer berechtigt, die zur Erhaltung des Gemeinschaftsgrundstücks notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann sogar verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen (§ 744 Abs. 2 BGB). Im Fall der familiengerichtlichen Zuweisung des im Miteigentum stehenden Hausgrundstücks an einen Ehegatten ist dem anderen ein Zutrittsrecht zu gewähren, um sich selbst darüber informieren zu können, ob zur Erhaltung notwendige Maßregeln zu treffen sind.[1]

Welche Befugnisse?

Notwendige Erhaltungsmaßregeln sind solche, die im Interesse der Gemeinschaft zur Erhaltung der Substanz oder des wirtschaftlichen Werts im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung erforderlich sind; bloße Nützlichkeit genügt nicht. Nicht notwendig sind grundsätzlich wirtschaftlich unvertretbare oder der Schaffung eines neuen wirtschaftlichen Wertes dienende Maßnahmen.[2]

Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein[3]:

 
Praxis-Beispiel

Notmaßnahme

Das Ersetzen einer reparaturbedürftigen Ölzentralheizung durch eine Gasheizung, die einen im Haus vorhandenen Gasanschluss nutzt, kann eine notwendige Erhaltungsmaßnahme i. S. v. § 744 Abs. 2 BGB sein. Es handelt sich dabei also nicht zwangsläufig um eine zustimmungsbedürftige Umgestaltungsmaßnahme.[4]

Vertretungsmacht

Im Streitfall kann der Handelnde gegen die "Verweigerer" den Prozessweg beschreiten und auf Einwilligung klagen. Er muss es aber nicht, denn aufgrund der Regelung in § 744 Abs. 2 BGB hat er Vertretungsmacht für notwendige Erhaltungsmaßnahmen. Das bedeutet, er kann mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft entsprechende Geschäfte tätigen (z. B. Handwerker bestellen). Der Teilhaber kann auch gemeinschaftliche Ansprüche ohne Beteiligung der Mitberechtigten gerichtlich verfolgen.[5]

Handelt es sich objektiv gesehen nicht um eine solche Maßregel, macht sich der eifrige Miteigentümer u. U. schadensersatzpflichtig.

Das Recht des Miteigentümers nach § 744 Abs. 2 BGB steht allerdings unter dem Vorbehalt einer ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 745 BGB und darf daher nicht ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse der Beteiligten ausgeübt werden.[6]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge