Leitsatz

  1. Grimassenschneidende Kinder vor dem Fenster einer Erdgeschosswohnung als Verletzung des dortigen Eigentumsrechts
  2. Beweisaufnahme (hier: Zeugeneinvernahme) im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts
 

Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG; § 1004 BGB; § 12 FGG

 

Kommentar

  1. Das gezielte mehrmalige Hineinschauen in das Fenster einer im Sondereigentum stehenden EG-Wohnung durch Grimassen schneidende Kinder von einer im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartengrünfläche aus, übersteigt i.d.R. das zulässige Maß des Gemeinschaftsgebrauchs (im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG) und verletzt den Eigentümer der EG-Wohnung in seinem Eigentumsrecht. Der Unterlassungsantrag hatte deshalb in allen Instanzen Erfolg.
  2. Im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmt das Gericht nach § 12 FGG im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nicht nur über den Umfang der Beweisaufnahme, sondern auch über die Auswahl der Beweismittel. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt weder das Recht auf ein bestimmtes Beweismittel noch auf bestimmte Arten von Beweismitteln (BVerfG, NJW 1996, 3145). Somit mussten vom LG auch nicht sämtliche angebotenen Zeugen vernommen werden, wenn sich das Gericht nach dem Ergebnis der bereits durchgeführten Beweisaufnahme eine Überzeugung bilden konnte. Die Würdigung vom LG erhobener Beweise als Teil der Tatsachenfeststellung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren auch nur eingeschränkt nachprüfbar. Insbesondere die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen und der Glaubhaftigkeit von Aussagen obliegt damit allein dem Tatrichter (vgl. auch BayObLG v. 10.12.2003, 1Z BR 71/03, NJW-RR 2004, 939, 940). Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze waren vorliegend nicht erkennbar, sodass auch die Vernehmung weiterer Zeugen nicht erforderlich war. Auch wenn im vorliegenden Fall nicht die Antragsgegnerseite selbst ihre Pflicht zum maßvollen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verletzte, ist sie dennoch als Wohnungseigentümerin mittelbare Störerin und damit verpflichtet, für die Einhaltung der Verpflichtung durch Personen zu sorgen, die zu ihrem Hausstand gehören (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 1004 Rn. 17).
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 27.09.2005, 32 Wx 65/05OLG München v. 27.9.2005, 32 Wx 65/05, NZM 24/2005, 949 = ZMR 1/2006, 71

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