Rz. 85

Die materiellrechtlichen Regelungen des griechischen Rechts über den Erbschein entsprechen grundsätzlich den Regelungen des deutschen BGB, aus dem sie übernommen wurden. Der wichtigste Unterschied liegt jedoch darin, dass der griechische Erbschein nicht vom Gericht selbst, sondern vom zuständigen Beamten der Geschäftsstelle aufgrund eines entsprechenden Gerichtsurteils (welches im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergeht) erteilt wird.

 

Rz. 86

Da das deutsche Erbrecht den Erbschein kennt, ist der Erlass eines griechischen Erbscheins für den in Griechenland belegenen Nachlass eines deutschen Erblassers erlaubt,[55] wenngleich sich allerdings die internationale Zuständigkeit der griechischen Gerichte nach griechischem Recht richtet.[56]

 

Rz. 87

Zuständiges Gericht (Nachlassgericht für die Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit[57]) ist das Einzelrichtergericht des Wohnsitzes bzw. des letzten Aufenthaltes des Erblassers zur Zeit seines Todes. Hat der Erblasser zur o.g. Zeit keinen Aufenthalt im Inland gehabt, so ist das Einzelrichtergericht der Hauptstadt Athen zuständig.

 

Rz. 88

Die benötigten Unterlagen für einen griechischen Erbschein sind:

Totenschein;
Bestätigung des zuständigen deutschen Standesamts oder des zuständigen griechischen Konsulats, aus dem die näheren Verwandten des Verstorbenen hervorgehen;
Bestätigung über die Eröffnung bzw. Nichteröffnung eines Testaments;
Bestätigung darüber, dass das Erbrecht des Antragsstellers nicht angefochten ist;
Bestätigung über die Annahme bzw. die Ausschlagung der Erbschaft.
 

Rz. 89

Vor den griechischen Gerichten besteht grundsätzlich Anwaltspflicht. Dies gilt auch für sämtliche Verfahren vor dem Nachlassgericht.

 

Rz. 90

Die Kosten für die Erteilung des Erbscheins sind nicht einheitlich. Sie dürfen jedoch gemäß griechischer Rechtsanwaltsordnung nicht unter 1.000 EUR betragen.

 

Rz. 91

Ein Erbschein wird je nach Gerichtsbelastung nach etwa zwei bis fünf Monaten erteilt.

[55] Es ist in der griechischen Rechtsprechung und in der Lehre streitig, ob der Erlass eines Erbscheins für einen ausländischen Erblasser möglich ist, wenn das ausländische Recht den Erbschein nicht kennt (siehe dazu Klamaris, in: Georgiades/Stathopoulos, ZGB Kommentar Bd. X, Erbrecht, S. 442 ff., in griechischer Sprache).
[56] Siehe umfassend dazu Klamaris, in: Georgiades/Stathopoulos, ZGB Kommentar Bd. X, Erbrecht, S. 442 ff. Strittig ist, ob die griechischen Gerichte international zuständig sein können, wenn der Erblasser keinen Wohnsitz oder gar Aufenthalt in Griechenland hatte. Nach richtiger und wohl h.M. (Klamaris, a.a.O.; Mitsopoulos, Zivilprozessrecht A, Athen 1972, S. 162, in griechischer Sprache) soll die internationale Zuständigkeit der griechischen Gerichte dann bejaht werden, wenn der Erblasser Vermögen in Griechenland hinterlassen hat.
[57] Für erbrechtliche Streitigkeiten gilt gem. Art. 30 grZPO der ausschließliche besondere Gerichtsstand der Erbschaft. Die Regelung entspricht in etwa der Regelung des § 27 dtZPO.

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