Rz. 44

Über die Drittwiderspruchsklage wird in einem "normalen" zivilprozessualen Erkenntnisverfahren entschieden. Die Klageerhebung erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen. Die Klageschrift kann an den Vollstreckungsgläubiger persönlich, aber auch an den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Vollstreckungsgläubigers zugestellt werden, da sich die im Vorprozess erteilte Prozessvollmacht auf eine Drittwiderspruchsklage erstreckt (§ 81 ZPO). Auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Der Kläger muss darlegen und beweisen, dass ihm ein die Veräußerung hinderndes Recht an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung zusteht (LG Heidelberg, Urteil v. 8.10.2015, 4 O 264/14 – Juris; OLG Köln, MDR 1963, 141). Der Beklagte wiederum trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das Recht erloschen ist oder ihm eine Einrede entgegensteht. Ist die Drittwiderspruchsklage erhoben worden und war das Recht des Dritten zunächst nicht hinreichend glaubhaft gemacht und ist es (erst) nach Beweisaufnahme durch die Vernehmung der von ihm benannten Zeugen nachgewiesen, kann bei gleichzeitiger Freigabe noch sofort anerkannt werden (OLG Düsseldorf, InVo 1998, 194; zum sofortigen Anerkenntnis bei der Interventionsklage vgl. auch Zöller/Herget, § 93 ZPO – Widerspruchsklage nach § 771 ZPO – und OLG Düsseldorf, InVo 1998, 195 = NJW-RR 1998, 790).

 

Rz. 45

Die Drittwiderspruchsklage gegen den Vollstreckungsgläubiger kann mit einer Klage aus materiellem Recht gegen den Schuldner verbunden werden (Abs. 2), z. B. mit der Herausgabe der Sache. Gläubiger und Schuldner sind dann einfache Streitgenossen.

 

Rz. 46

Die Klageerhebung hemmt die Zwangsvollstreckung nicht. Das Prozessgericht kann jedoch auf Antrag des Klägers oder auch von Amts wegen eine einstweilige Anordnung erlassen und damit die Zwangsvollstreckung einstweilen einstellen oder auch aufheben; in dringenden Fällen ist hierfür auch das Vollstreckungsgericht zuständig (Abs. 3, §§ 769, 770 ZPO). Es finden die Regeln der §§ 769, 770 entsprechende Anwendung (Abs. 3 Satz 1). Die Aufhebung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig (Abs. 3 Satz 2). Beantragt ein Drittwiderspruchskläger die einstweilige Einstellung einer Teilungsversteigerung, muss die Einstellung gegen Sicherheitsleistung nicht – wie nach § 769 Abs. 1 Satz 2 ZPO – den Regelfall bilden, sondern das Erfordernis einer Sicherheitsleistung kann sich vornehmlich nach den Erfolgsaussichten der Klage richten (OLG Brandenburg, NJW-RR 2020, 316).Die Entscheidung lautet regelmäßig auf Einstellung der Zwangsvollstreckung, ausnahmsweise auch auf Aufhebung derselben. Sie schließt allerdings eine Vollstreckung in andere Gegenstände nicht aus. Zur Anfechtbarkeit der Entscheidung kann auf das zu § 769 ZPO Ausgeführte (§ 769 Rn. 16) verwiesen werden. Erweist sich im Nachhinein die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Abs. 3 als ungerechtfertigt, sind zugunsten des Gläubigers die §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO (verschuldensunabhängige Haftung) nicht entsprechend anwendbar (BGHZ 95, 10). Stellt (allerdings) der Drittwiderspruchskläger dem Gläubiger zur Aufhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eine pfandgleiche Sicherheit (Prozessbürgschaft), so liegt dem regelmäßig ein selbständiges Garantieversprechen des Inhalts zugrunde, im Falle der Klageabweisung für einen sog. "Aufhebungsschaden" aufzukommen (BGHZ 158, 286; OLG Sachsen-Anhalt, JurBüro 201, 330). Mit dieser Bürgschaft hat der Drittwiderspruchskläger die Haftung dafür übernommen, dass der Gläubigerin durch die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen kein Vermögensschaden entsteht. Eine verschuldensunabhängige Haftung (wie in § 717 Abs. 2 ZPO oder § 945 ZPO) sieht der BGH hierin nicht, weil er im Wege der Auslegung als Rechtsgrund ein selbständiges Garantieversprechen sieht (BGH a. a. O.).

 

Rz. 47

Der Tenor des Urteils lautet: "Die Zwangsvollstreckung aus dem ... vom ... in ... wird für unzulässig erklärt." Die Kostenentscheidung folgt allgemeinen Grundsätzen (§§ 91 ff. ZPO). Besondere Bedeutung kann § 93 ZPO erlangen, da der Gläubiger zur Freigabe des gepfändeten Gegenstands erst dann verpflichtet ist, wenn der Kläger (Dritte) sein die Veräußerung hinderndes Recht rechtzeitig vor Klageerhebung glaubhaft oder nachgewiesen hat. Erkennt er hernach den Anspruch an, hat er keine Veranlassung zur Klage gegeben, und es kann ein sofortiges Anerkenntnis i. S. v. § 93 ZPO vorliegen (LG Wuppertal, JurBüro 2014, 440; Brox/Walker, Rn. 1446; vgl. auch OLG München, VersR 1993, 497). Dies ist dann der Fall, wenn der Kläger vor Klageerhebung schriftlich zur Freigabe aufgefordert hat, ohne beglaubigte Abschriften oder Ablichtungen von Urkunden, die das Eigentumsrecht belegen. Der Hinweis auf das Eigentum allein genügt nicht (LG Wuppertal a. a. O.).

 

Rz. 48

Das Urteil ist nach den allgemeinen Regeln für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§§ 708 ff. ZPO), auch wenn es als Gestaltungsurteil (stattgebend) keinen volls...

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