Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Einstellung einer Teilungsversteigerung ohne Sicherheitsleistung

 

Leitsatz (amtlich)

Beantragt ein Drittwiderspruchskläger ie einstweilige Einstellung einer Teilungsversteigerung, muss die Einstellung gegen Sicherheitsleistung nicht - wie nach § 769 I 2 ZPO - den Regelfall bilden, sondern das Erfordernis einer Sicherheitsleistung kann sich vornehmlich nach den Erfolgsaussichten der Klage richten.

 

Normenkette

ZPO § 769 I, § 771 III 1

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Aktenzeichen 1 O 165/18)

 

Tenor

Die mit dem Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 9. April 2018 - 8 K ... - angeordnete Zwangsversteigerung der im Grundbuch von Bestensee, ..., für die Parteien eingetragenen je halben Eigentumsanteile an dem dort verzeichneten Grundstück wird bis zum Erlass des Berufungsurteils eingestellt.

 

Gründe

Die Klägerin beantragt die Einstellung einer Teilungsversteigerung bis zur Entscheidung über ihre Drittwiderspruchsklage.

I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer sogenannten unechten Drittwiderspruchsklage (vgl. MüKo- ZPO-Schmidt/Brinkmann, 5. Aufl. 2016, § 769 Rdnr. 34) und - nach vollständig abweisendem Urteil des Landgerichts - mit ihrer Berufung gegen die vom Amtsgericht angeordnete Teilungsversteigerung der je halben Miteigentumsanteile der Parteien an einem Grundstück. Die Parteien wohnen auf dem Grundstück in einem Gebäude in zwei räumlich vollständig voneinander getrennten Wohnungen. Der Beklagte betreibt mit der von ihm beantragten Versteigerung die Aufhebung der mit der Klägerin bestehenden Eigentümergemeinschaft. Die Klägerin meint, es sei ein Aufhebungsverbot vereinbart, und sie hält die Aufhebung zudem wegen eines ihr nicht zumutbaren Verlustes ihrer Wohnung für unzulässig.

II. Ihr Antrag, die Vollstreckung einstweilen einzustellen, ist begründet.

1. Das durch die §§ 771 III 1, 769 I ZPO eröffnete Einstellungsermessen übt der Senat umfassend zu Gunsten der Klägerin aus. Sie bedarf des besonderen Schutzes (b) vor den irreparablen Folgen der Teilungsversteigerung (a), der sie mit hinreichender Aussicht auf Erfolg wird widersprechen können (c).

a) Würde die angeordnete Teilungsversteigerung nicht einstweilen eingestellt und vor der Entscheidung über die Berufung der Klägerin beendet, könnte sie ihre Einwendungen gegen die Aufhebung der Eigentümergemeinschaft nicht mehr durchsetzen. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 I ZPO) bleibt nur zulässig, solange die beanstandete Vollstreckung nicht beendet ist. Wird der Zuschlag im Versteigerungsverfahren unanfechtbar, verliert die Klägerin, die es für sich ausschließt, sich an der Versteigerung beteiligen zu können, ihr Miteigentum. Etwaige Kondiktionsansprüche könnten diesen Verlust nur kompensieren, aber nicht beheben oder rückabwickeln.

Demgegenüber wiegt der Nachteil des Beklagten weniger schwer, wenn die Versteigerung erst nach einer Bestätigung der Klagabweisung im Berufungsverfahren fortgesetzt werden könnte. Ein besonderes Eilbedürfnis trägt der Beklagte nicht vor, und es ist nicht anderweit ersichtlich geworden, dass die Vesteigerung nur jetzt überhaupt oder zu einem besseren Erfolg führen könnte als in einigen Monaten, nachdem ein der Klägerin ungünstiges Berufungsurteil erlassen wäre.

b) Die Versteigerung kann ohne Sicherheitsleistung der Klägerin einstweilen eingestellt werden. Wie der Dritte, der nicht am Verfahren der Errichtung des Titels beteiligt war, dessen Vollstreckbarkeit er mit der Widerspruchsklage angreift, hat auch der Miteigentümer keine Möglichkeit, einen anderen Teilhaber zu hindern, eine unberechtigte Aufhebung der Gemeinschaft durch den Antrag auf Teilungsversteigerung zu beginnen. Der Miteigentümer steht nicht dem Titelschuldner gleich, der eine gewisse Vermutung der Richtigkeit des Titels, dessen Entstehen er trotz seiner Beteiligung am Erkenntnisverfahren nicht hat verhindern können, durch die Sicherheitsleistung aufwiegen muss, wenn er sich gegen die Vollstreckbarkeit jenes Titels wendet. Die einstweilige Einstellung der Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung muss deshalb nicht - wie nach § 769 I 2 ZPO - den Regelfall bilden, sondern zu Gunsten des Drittwiderspruchsklägers kann sich das Erfordernis einer Sicherheitsleistung vornehmlich nach den Erfolgsaussichten der Klage richten (vgl. MüKo-ZPO-Schmidt/Brinkmann, § 771 Rdnr. 68; BeckOK-ZPO-Preuß, Stand: Sept. 2019, § 771 Rdnr. 55).

c) Die Erfolgsaussichten der Klägerin rechtfertigen eine einstweilige Einstellung der Teilungsversteigerung ohne Sicherheitsleistung. Ein Erfolg der Drittwiderspruchsklage erscheint nicht nur ernsthaft möglich (vgl. MüKo-ZPO-Schmidt/Brinkmann, § 769 Rdnr. 17; Zöller-Herget, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 769 Rdnr. 7), sondern dem angefochtenen Urteil stehen ganz erhebliche Zweifel entgegen.

...

III. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Die Kosten dieses Nebenverfahrens sind Kosten der Hauptsache.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (vgl. MüKo-ZPO-Schmidt/Brinkmann, § 769 Rdnr. 34).

 

Fundstellen

Haufe-Index 13605792

NJW 2020, 10

NJW-...

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