Rz. 1

Die Bestimmung gilt für Urteile und Beschlüsse nach § 522 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 ZPO (BGH, Beschluss v. 23.1.2018, VI ZR 453/17, juris). Sie will die Ergänzung des Urteils ermöglichen, wenn über die vorläufige Vollstreckbarkeit, über die von Amts wegen zu entscheiden ist, nicht entschieden wurde. Entgegen dem Wortlaut findet die Vorschrift auch dann Anwendung, wenn die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit unvollständig ist (OLG Rostock, NJW-RR 2009, 498), wenn z. B. der Teil der Entscheidung bezüglich der Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO fehlt (BGH, FamRZ 1993, 50 = FuR 1994, 71), im Übrigen nach § 708 Nr. 1 bis 11 ZPO entschieden war oder wenn der Betrag der Sicherheitsleistung ganz fehlt. Entsprechend anzuwenden ist die Vorschrift darüber hinaus in den Fällen, in denen das Gericht einen Vollstreckungsschutzantrag nach §§ 710, 711 Satz 3, 712 ZPO nicht beschieden hat. Nicht anwendbar dagegen ist die Bestimmung, wenn eine vollständige, jedoch fehlerhafte Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit vorliegt (Anwendung von §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO statt des § 709 Satz 1 ZPO, oder die Sicherheitsleistung ist zu niedrig bemessen). Rechenfehler bei Ermittlung des Betrags der Sicherheitsleistung können allerdings gegebenenfalls vom Gericht nach § 319 ZPO "korrigiert" werden. Die Berufung kann – entgegen der teilweise in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. OLGR Frankfurt/Main, 2008, 406; OLGR Koblenz, 2007, 296; OLGR Köln, 2005, 646 = NJW-RR 2006, 66; LAG Rheinland-Pfalz, NZA-RR 2006, 48) – dann zulässigerweise auf den (fehlerhaften) Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beschränkt werden, wenn zur Beseitigung des Fehlers nur dieses Rechtsmittel (und nicht das Verfahren nach § 716 ZPO) zum Tragen kommt (OLGR Rostock, 2008, 1004 = NJW-RR 2009, 498; OLG München, FamRZ 1990, 84;OLG Nürnberg, NJW 1989, 242). Die Regelung des § 716 ZPO schließt die Anwendbarkeit des § 718 ZPO nicht aus, wenn form- und fristgerecht Berufung eingelegt worden ist (Thüringer OVG, NVwZ-RR 2002, 907). Im Verfahren vor den Arbeitsgerichten findet die Vorschrift des § 716 ZPO dann Anwendung, wenn ein Antrag des Schuldners nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG übergangen wurde (MünchKomm/ZPO-Götz, § 716 Rn. 1). Im Verfahren in Familiensachen ist die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit von Endentscheidungen des Familiengerichts nach § 116 Abs. 3 Satz 2, 3 FamFG in der jeweiligen Endentscheidung zu treffen. Wurde eine entsprechende Anordnung versäumt, hat der Gläubiger die Möglichkeit, gemäß § 120 Abs. 1 FamFG in entsprechender Anwendung von §§ 716, 321 ZPO eine Ergänzung des Titels zu beantragen. Nach Ablauf der 2-Wochenfrist des § 321 Abs. 2 ZPO kommt weder eine Ergänzung der Endentscheidung noch eine isolierte Anordnung der sofortigen Wirksamkeit durch das Beschwerdegericht in Betracht (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 28.2.2013, 18 UF 363/12).

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