Leitsatz

Lässt sich im Fall einer Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Fläche bei der Geschäftsraummiete die Minderfläche eindeutig Nebenräumen (hier: Kellerräume) zuordnen, so darf die Minderung nicht pauschal nach dem prozentualen Anteil der fehlenden Fläche an der vertraglich vereinbarten Gesamtfläche berechnet werden. Vielmehr muss eine angemessene Herabsetzung des Mietzinses den geringeren Gebrauchswert dieser Räume in Rechnung stellen (Abgrenzung zu BGH, Urteil v. 24.3.2004, VIII ZR 295/03, NJW 2004 S. 1947 und v. 10.3.2010, VIII ZR 144/09, NJW 2010 S. 1745).

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 536

 

Kommentar

Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag über Räume zum Betrieb einer Gaststätte zu einer Monatsmiete von 5.840 EUR. Nach den mietvertraglichen Vereinbarungen besteht der Mietgegenstand aus den Gasträumen (ca. 87 qm) sowie einem "darunter liegenden Keller/Lager (2 Räume, ca. 110 qm)". In dem Mietvertrag ist bestimmt, dass die vermietete Fläche "als mit 197 qm vereinbart" gilt. Tatsächlich beträgt die Fläche der Gasträume lediglich 85,68 qm und die Fläche der Kellerräume lediglich 53,93 qm. Hieraus errechnet sich eine Gesamtfläche von 139,61 qm. Die Differenz zur Vertragsfläche beträgt mithin 57,39 qm. Dies entspricht einer Abweichung von ca. 29 %.

Der Mieter nimmt den Vermieter auf Rückzahlung eines Teils der Miete in Anspruch. Das Berufungsgericht hat die Minderungsquote auf 29 % bemessen und den Vermieter entsprechend verurteilt.

Der BGH hat das Urteil aufgehoben: Nach seiner Rechtsprechung ist bei der Miete von Wohn- oder Gewerberäumen ein Mangel anzunehmen, wenn die Wohn- oder Nutzfläche um mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt (für die Wohnraummiete: BGH, Urteile v. 24.3.2004, VIII ZR 133/03, GE 2004 S. 683 und VIII ZR 295/03, GE 2004 S. 682; für die Gewerbemiete: BGH, Urteil v. 4.5.2005, XII ZR 254/01, NJW 2005 S. 2152). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

Im Allgemeinen ist die Minderungsquote nach dem prozentualen Verhältnis der Flächenabweichung zu ermitteln (BGH, Urteile v. 24.3.2004, VIII ZR 295/03, GE 2004 S. 682 und v. 10.3.2010, VIII ZR 144/09, NJW 2010 S. 1745). Bei der Wohnraummiete spielt es dabei keine Rolle, ob die Minderfläche auf den Wohnraum im engeren Sinn (Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Küche) oder auf Nebenräume (Abstellkammer, Speisekammer, Balkon, Loggia) entfällt. Dies folgt aus der Erwägung, dass die Wohnflächenverordnung alle Flächen innerhalb der Wohnungsabschlusstür unabhängig von ihrer Nutzung gleich behandelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 WoFlV).

Wichtig

Nebenräume außerhalb der Wohnung von WoFlV ausgenommen

Kellerräume, Abstellräume außerhalb der Wohnung und dergleichen werden nach der Wohnflächenverordnung bei der Berechnung der Wohnfläche dagegen nicht berücksichtigt (§ 2 Abs. 3 WoFlV).

Deshalb stehen dem Mieter grundsätzlich keine Gewährleistungsrechte zu, wenn die Fläche dieser Nebenräume von der Vertragsfläche abweicht.

Es fragt sich, ob diese Grundsätze auch bei Abweichungen der Nutzfläche von Gewerberäumen anzuwenden sind. Das wird vom Senat verneint. Nach seiner Ansicht ist eine differenzierte Bewertung angezeigt, die dem unterschiedlichen Gebrauchswert der Räume Rechnung trägt. Dieser sei bei den Gasträumen höher als bei den Lagerräumen im Keller. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob in dem Mietvertrag für die jeweiligen Flächen ein unterschiedlich hoher Quadratmeterpreis vereinbart wurde.

Über die konkrete Bewertung der Kellerräume im Verhältnis zu den Gasträumen hat der BGH nicht entschieden. Dies sei Aufgabe des Instanzgerichts. Zu diesem Zweck hat der BGH das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Praxis-Tipp

Für unterschiedliche Gewerbeflächen gesonderten qm-Preis vereinbaren

Haben die Parteien in dem Mietvertrag für die jeweiligen Flächen einen gesonderten Quadratmeterpreis vereinbart, ist für die Berechnung der Minderung von diesem Preis auszugehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten die Parteien bei der Vermietung von Gewerberäumen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 18.7.2012, XII ZR 97/09, NJW 2012 S. 3173

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