Arbeitnehmer können grundsätzlich aus unterschiedlichen Grundlagen beanspruchen, dass der Arbeitgeber ihnen eine Leistung zuwendet (z. B. aus arbeits- oder tarifvertraglichen Regelungen oder aus einer Betriebsvereinbarung). Da Arbeitgeber in der Praxis die hier in Rede stehenden Zuwendungen zunächst freiwillig gewähren, sind jedoch insbesondere die Rechtsgrundlagen der betrieblichen Übung und des Gleichbehandlungsgrundsatzes relevant.

1.2.1 Betriebliche Übung

Die betriebliche Übung kann Grundlage von Entgeltansprüchen sein. Hierunter versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen durch den Arbeitgeber, aus denen der Arbeitnehmer herleiten darf, der Arbeitgeber gewähre eine solche Leistung auf Dauer.[1] Aus diesem als Willenserklärung zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das die Arbeitnehmer stillschweigend annehmen[2], können vertragliche Ansprüche auf üblich gewordene Leistungen erwachsen.

Allerdings müssen Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes regelmäßig davon ausgehen, dass der Arbeitgeber nur solche Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich verpflichtet ist.[3] Soweit die Grundsätze der betrieblichen Übung für Arbeitnehmer der Privatwirtschaft gelten, entsteht nach der Rechtsprechung des BAG ein solches Vertrauen indes dann nicht, wenn die Leistung ersichtlich eine nicht ins Gewicht fallende Annehmlichkeit ("eine kleine Freude": Sonderzahlung oder Sachgeschenk im Wert von damals 100 DM) ist.[4] Diese Rechtsprechung ist aus Arbeitgebersicht durchaus zu begrüßen, wenngleich die Begründung des BAG hierzu willkürlich erscheint und daher dogmatisch nicht überzeugt.

 
Praxis-Beispiel

Arbeitsvertragliche Klausel (Freiwilligkeitsvorbehalt)

"Für den Fall, dass der Arbeitgeber über die Vergütung nach § […] des Arbeitsvertrags hinaus ohne vorherige Vereinbarung in Schriftform oder Textform eine einmalige Leistung gewähren sollte, ist diese Zahlung jeweils eine freiwillige (übervertragliche) Leistung, auf die der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf wiederholte Gewährung für die Zukunft hat, auch nicht bei wiederholter oder mehrfacher vorbehaltloser Gewährung durch den Arbeitgeber; dies ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt."[5]

[5] Nach der Rechtsprechung kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt unterdessen nur noch dazu dienen, das Entstehen einer betrieblichen Übung zu verhindern. Zusätzlich sollte der Arbeitgeber den Mitarbeiter stets gesondert bei jeder Zuwendung klar und unmissverständlich auf den freiwilligen Charakter der Leistung hinweisen.

1.2.2 Gleichbehandlungsgrundsatz

Arbeitnehmer können unter Umständen beanspruchen, eine Zuwendung unter den Voraussetzungen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu erhalten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es, einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechter zu stellen. Ebenso ist es untersagt, zwischen Gruppen von Arbeitnehmern sachfremd zu differenzieren. Der Arbeitgeber kann grundsätzlich frei entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen er Arbeitnehmern eine vertraglich nicht vereinbarte Leistung freiwillig gewährt. Gewährt der Arbeitgeber aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung auf ersichtlich generalisierender Basis und legt er mit dem Leistungszweck die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistung fest, darf er einzelne Arbeitnehmer jedoch nur nach sachlichen Kriterien von der Leistung ausnehmen. Der Arbeitgeber benachteiligt Arbeitnehmer dann nicht sachfremd, wenn nach dem Leistungszweck Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, ihnen die Leistungen vorzuenthalten.[1]

 
Praxis-Beispiel

Geschenk als Anreiz zur Teilnahme an Betriebsfeier

In diesem Zusammenhang hat das LAG Köln den folgenden Fall entschieden:[2]

Im Jahr 2012 richtete der Arbeitgeber eine Weihnachtsfeier aus, an der 75 Mitarbeiter sowie Geschäftspartner teilnahmen. Allen anwesenden Personen überreichte der Arbeitgeber ein iPad mini im Wert von 429 EUR "als Geschenk". Der Arbeitgeber wollte mit dem Geschenk das Interesse der Mitarbeiter an der Teilnahme von Betriebsfeiern steigern, da an vorherigen Betriebsfeiern regelmäßig viele Mitarbeiter nicht teilgenommen hatten.

Die 42 Arbeitnehmer, die nicht an der Weihnachtsfeier teilnahmen, erhielten kein iPad mini. Der klagende Arbeitnehmer war seit dem 10.11.2012 arbeitsunfähig erkrankt. Er meinte, die Zuwendung des iPad mini sei als entgeltliche Sondervergütung zu werten, die ihm auch im Krankheitsfall zustehe. Er war auch der Ansicht, der Arbeitgeber habe gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, da dieser die iPad mini nur Arbeitnehmern zuwandte, die an der Weihnachtsfeier teilnahmen. Das Landesarbeitsgericht Köln entschied, dass die Übereignung des iPad mini kein Arbeitsentgelt sei, obwohl eine relativ hochwertige Zuwendung des Arbeitgebers vorlag. Die Übereignung sei stattdessen ein zweckgebundenes Geschenk an die Teilnehmer der Weihnachtsfeier; s...

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