§§ 1 - 10a Erster Teil Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zweck der Geschäftsanweisung

1Das Bundes- und Landesrecht bestimmt, welche Dienstverrichtungen dem Gerichtsvollzieher obliegen und welches Verfahren er dabei zu beachten hat.

2Diese Geschäftsanweisung soll dem Gerichtsvollzieher das Verständnis der gesetzlichen Vorschriften erleichtern. 3Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und befreit den Gerichtsvollzieher nicht von der Verpflichtung, sich eine genaue Kenntnis der Bestimmungen aus dem Gesetz und den dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen selbst anzueignen.

4Die Beachtung der Vorschriften dieser Geschäftsanweisung gehört zu den Amtspflichten des Gerichtsvollziehers.

§ 2 Ausschließung von der dienstlichen Tätigkeit

Der Gerichtsvollzieher ist von der Ausübung seines Amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

 

1.

in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten:

 

a)

wenn er selbst Partei oder gesetzlicher Vertreter einer Partei ist oder zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Schadensersatzpflichtigen steht;

 

b)

wenn sein Ehegatte oder Lebenspartner Partei ist, auch wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;

 

c)

wenn eine Person Partei ist, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum 3. Grad verwandt oder bis zum 2. Grad verschwägert ist oder war;

 

2.

in Strafsachen:

 

a)

wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;

 

b)

wenn er der Ehegatte oder Lebenspartner des Beschuldigten oder Verletzten ist oder gewesen ist;

 

c)

wenn er mit dem Beschuldigten oder Verletzten in dem unter Nr. 1 Buchstabe c bezeichneten Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsverhältnis steht oder stand.

§ 3 Amtshandlungen gegen Exterritoriale und die ihnen gleichgestellten Personen sowie gegen NATO-Angehörige

 

1.

1Aufträge zur Vornahme von Amtshandlungen

 

a)

auf exterritorialem Gebiet oder

 

b)

gegen

aa)

Mitglieder diplomatischer Missionen, ihre Familienmitglieder und privaten Hausangestellten sowie Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals und des dienstlichen Hauspersonals der Mission (§ 18 GVG),

bb)

Mitglieder konsularischer Vertretungen, Bedienstete des Verwaltungs- und technischen Personals der Vertretung, die im gemeinsamen Haushalt mit einem Mitglied der konsularischen Vertretung lebenden Familienangehörigen und die Mitglieder seines Privatpersonals (§ 19 GVG),

cc)

sonstige Personen, die nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sind, insbesondere Mitglieder von Sonderorganisationen der Vereinten Nationen sowie die Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (§ 20 GVG),

legt der Gerichtsvollzieher unerledigt seiner vorgesetzten Dienststelle vor und wartet deren Weisung ab. 2Er benachrichtigt hiervon den Auftraggeber.

 

2.

Hat der Gerichtsvollzieher Amtshandlungen gegen NATO-Angehörige innerhalb der Anlage einer Truppe durchzuführen, so muss er die besonderen Bestimmungen der Art. 32, 34 und 36 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II, S. 1218) beachten.

§ 4 Form des Auftrags

 

1.

1Aufträge an den Gerichtsvollzieher bedürfen keiner Form. 2Es genügt die mündliche Erklärung des Auftraggebers oder seines Bevollmächtigten oder der Geschäftsstelle, die den Auftrag vermittelt. 3Nicht schriftlich erteilte Aufträge sind jedoch aktenkundig zu machen.

 

2.

1Dem ausdrücklichen Auftrag ist es in der Regel gleich zu achten, wenn die Schriftstücke, die sich auf den Auftrag beziehen, in dem Abholfach des Gerichtsvollziehers in der Geschäftsstelle oder in der Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge niedergelegt werden. 2Satz 1 gilt nicht für Aufträge auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung.

§ 5 Verhalten bei Entgegennahme des Auftrags

 

1.

Bei der Entgegennahme von Aufträgen muss der Gerichtsvollzieher mit der nach den Umständen des Falles gebotenen Vorsicht verfahren, um zu verhindern, dass er über die Person des Auftraggebers oder seines Bevollmächtigten getäuscht wird (vgl. auch § 111 Nr. 1).

 

2.

1Auf die Echtheit der Unterschrift unter einem Schriftstück darf er sich in der Regel verlassen. 2Er ist jedoch zu weiteren Nachforschungen verpflichtet, wenn Anhaltspunkte für eine Fälschung vorhanden sind.

 

3.

1Die Übernahme eines Auftrags ist abzulehnen, wenn der Auftrag mit den bestehenden Vorschriften unvereinbar ist. 2Von der Ablehnung ist der Auftraggeber unter Bekanntgabe der Gründe zu benachrichtigen.

§ 6 Zeit der Erledigung des Auftrags

1Die Erledigung der Aufträge darf nicht verzögert werden. 2Der Gerichtsvollzieher entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, in welcher Reihenfolge die vorliegenden Aufträge nach ihrer Dringlichkeit zu erledigen sind. 3Er muss in jedem Fall besonders prüfen, ob es sich um eine Eilsache handelt oder nicht. 4Die Eilbedürftigkeit kann sich aus der Art der vorzunehmenden Amtshandlung ergeben; dies gilt insbesondere für die Vollziehung von Arresten oder einstweiligen Verfügungen, für Proteste, Benachrichtigungen des Drittschuldners nach § 845 ZPO und für Zustellungen, durch die eine Notfrist oder eine sonstige gesetzliche Frist gewahrt werden soll. 5Aufträge, deren eilige Ausführung von der ...

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