Leitsatz

Bei der Vermietung von mit einem Laden verbundenen Räumlichkeiten liegt der Schwerpunkt des Mietverhältnisses im gewerblichen Bereich, wenn die Räume zum Betrieb einer Änderungsschneiderei vermietet und auch genutzt werden und das Gewerbe zum Lebensunterhalt dienen soll; dies gilt selbst dann, wenn der größere Teil der Mietfläche zu Wohnzwecken genutzt wird.

 

Fakten:

Die Vertragsurkunde ist als "Mietvertrag für gewerbliche Räume" bezeichnet. Die Mieträume wurden zum Betrieb einer Änderungsschneiderei vermietet. Weiter ist geregelt: "Der Mieter kann einzelne Räume auch als Wohnladen nutzen." Das Gericht entschied zugunsten des Schwerpunkts auf der gewerblichen Nutzung. Das Mietobjekt war nach seinem Zuschnitt und nach der bei der Anmietung vorhandenen Einrichtung ersichtlich auf den Betrieb eines Ladens ausgerichtet. Dafür spricht bereits das Schaufenster nebst Tür in Richtung Straße, sowie der Umstand, dass ursprünglich nur eine kleine Teeküche vorhanden war. Auch der schriftliche Mietvertrag lässt nur die Auslegung zu, dass die Parteien von einer überwiegenden Nutzung als Gewerbeobjekt ausgingen. Entscheidend ist insoweit auch, dass die Nutzung als Änderungsschneiderei den Lebensunterhalt der Familie bestreiten sollte. Dass die Erträge der Schneiderei nicht ausreichten, den Lebensunterhalt der Familie zu decken, kann der Mieter nicht einwenden. Auf den tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg kommt es insoweit nicht an.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2008, 5 U 199/07

Fazit:

Bei der Frage, ob bei einem einheitlichen Mietvertrag mit gemischter Nutzung von einem Wohnraum- oder einem Gewerberaummietverhältnis auszugehen ist, kommt es entscheidend darauf an, in welchem Bereich das Mietverhältnis seinen Schwerpunkt hat. Maßgeblich hierfür ist in erster Linie der wirkliche Wille, also die gemeinsamen Vorstellungen der Parteien, wie der Mieter das Objekt nutzt und welche Art der Nutzung im Vordergrund steht. Nicht entscheidend ist, ob die Parteien das Mietverhältnis in der Vertragsurkunde als Wohn- oder Geschäftsraummietverhältnis bezeichnet haben. Die Parteien können im Zweifelsfall aber durch eine vertragliche Regelung klarstellen, nach welchem Recht das Mietverhältnis beurteilt werden soll. Als Indiz für eine solche Vereinbarung kann angesehen werden, wenn die Parteien ein für die Wohnraummiete gedachtes Formular verwenden. Auf die tatsächliche Nutzung der Räume kommt es dann nicht an. Werden zu gewerblichen Zwecken vermietete Räume später zu Wohnzwecken genutzt, bleibt der Vertrag Geschäftsraummiete, soweit die Parteien den Nutzungszweck nicht einvernehmlich ändern. Das Verhältnis der Wohnfläche zur gewerblich genutzten Fläche ist von untergeordneter Bedeutung, ebenso der jeweilige Mietwert. Selbst dann, wenn ein Mietobjekt aus einem kleinen Laden und einer großen Wohnung besteht, ist das Mietverhältnis als Geschäftsraummietverhältnis zu bewerten, wenn der Mieter aus dem Betrieb des Ladens seinen Lebensunterhalt bestreitet. Gleiches gilt, wenn eine Rechtsanwalt in den gemieteten Räumen sowohl wohnt als auch seine Kanzlei betreibt oder wenn ein Zahnarzt eine Wohnung auch zum Zwecke der Berufsausübung nutzen darf.

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