1 Leitsatz

Der Gebührenstreitwert für den Antrag, einen Wohnungseigentümer auf künftigen Vorschuss bis zu einem neuen Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG zu verpflichten, bemisst sich nicht nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag des aktuell geschuldeten Hausgeldes. Maximal ist ein Jahresbetrag anzusetzen.

2 Normenkette

§ 28 Abs. 1 Satz 1 WEG; § 49 GKG

3 Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K begehrt von Wohnungseigentümer B im Urkundenprozess u. a., B zur Zahlung auf künftigen Vorschuss bis zu einem neuen Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG zu verpflichten. Fraglich ist, nach welchen Bestimmungen der Gebührenstreitwert zu berechnen ist.

4 Die Entscheidung

Das LG meint, für die Berechnung könne man nicht § 9 ZPO nutzen. Voraussetzung hierfür sei nämlich, dass das in Rede stehende Recht seiner Natur nach voraussichtlich noch für eine Dauer von wenigstens 3,5 Jahren bestehe oder erfahrungsgemäß noch so lange bestehen könne. Dies sei bei der Vorschusszahlung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG erfahrungsgemäß nicht der Fall. Zwar entspreche die Fortgeltung ordnungsmäßiger Verwaltung, weil dadurch verhindert werde, dass in Fällen, in denen sich die Aufstellung eines neuen Wirtschaftsplans und die Beschlussfassung verzögere, die Liquidität der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht sichergestellt sei. Allerdings werde die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch einen derartigen Beschluss nicht von ihrer Verpflichtung, einen Wirtschaftsplan aufzustellen, entbunden, noch ändere sich etwas an ihrer Verpflichtung, jährlich einen Beschluss nach § 28 Abs. 1 WEG zu fassen. Da dies die einzelnen Wohnungseigentümer gegebenenfalls auch auf dem Klageweg erzwingen könnten, könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass aktuelle Wirtschaftspläne über einen Zeitraum von 3,5 Jahren Bestand hätten (Hinweis auf Toussaint/Elzer, 53. Aufl. 2023, ZPO § 9 Rn. 6). Der Zeitraum sei damit nach § 3 ZPO zu schätzen. In der Regel sei dabei maximal von einem Jahr auszugehen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Das LG fragt, wie der Gebührenstreitwert für den Antrag zu ermitteln ist, einen Wohnungseigentümer auf künftigen Vorschuss zu verpflichten, bis ein neuer Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG gefasst ist. Das LG Karlsruhe, Beschluss v. 8.7.2022, 11 T 42/22, meinte, der Streitwert richte sich nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 9 ZPO. Dem tritt das LG Frankfurt a. M. entgegen. M. E. aus den genannten Gründen zu Recht.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Die Verwaltungen müssen wissen, dass § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG der Fassung von Beschlüssen nicht entgegensteht, nach denen die Zahlungspflichten für mehrere Jahre oder zumindest bis zur nächsten Beschlussfassung "fortgelten". Ob das gewollt ist, ist im Wege der objektiven Auslegung nach Grundbuchgrundsätzen zu ermitteln. Ausreichend ist eine Beschlussfassung, wonach "bis auf Weiteres auch über das Kalenderjahr hinaus Vorschüsse zur Kostentragung und zu den Rücklagen zu zahlen sind."

6 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 10.5.2023, 2-13 T 25/23

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