Dieses Sonderkündigungsrecht gewinnt an Bedeutung, wenn es sich bei dem zu kündigenden Mietverhältnis um ein bereits seit mehreren Jahren bestehendes handelt. Bekanntlich regelt die Bestimmung des § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB zugunsten des Mieters gestaffelte Kündigungsfristen nach der Dauer des Bestehens des Mietverhältnisses. So verlängert sich die knapp 3-monatige Grundkündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB für den Vermieter nach 5 und 8 Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils 3 Monate.

Gemäß § 573d Abs. 2 BGB, der vorgenannte Regelung verdrängt, kann das Mietverhältnis unabhängig von der Dauer seines Bestehens am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ende des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden. Letztlich gilt hier also die 3-monatige Grundkündigungsfrist.

 
Praxis-Beispiel

10 Jahre bestehendes Mietverhältnis

Zum Zeitpunkt des Zuschlags in der Zwangsversteigerung besteht das Mietverhältnis bereits seit 10 Jahren. Nach der Bestimmung des § 573c Abs. 2 BGB könnte es nur mit einer Kündigungsfrist von knapp 9 Monaten ordentlich gekündigt werden. Nach der Bestimmung des § 573d Abs. 2 BGB kann es hingegen vom Ersteher mit einer Frist von knapp 3 Monaten beendet werden.

Die Kündigung auf Grundlage von § 57a ZVG muss für den ersten Termin erfolgen, zu dem sie zulässig ist.

 
Praxis-Beispiel

Zuschlag am 15. August

Ersteigert der Ersteher die Wohnung am 15. August durch Zuschlag an diesem Tag, muss er spätestens am 3. Werktag des Monats September kündigen.

Kündigt der Ersteher nicht am ersten möglichen Termin nach Zuschlag, verliert er aber nicht sein Kündigungsrecht. Es gelten dann jedoch die zugunsten des Mieters in § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB gestaffelten verlängerten Kündigungsfristen.

 
Praxis-Beispiel

Zuschlag am 1. August

Erhält der Ersteher am 1. August den Zuschlag, müsste er bis zum 3. August kündigen. Das Mietverhältnis würde dann mit Ablauf des 31. Oktober enden. Angesichts der Kürze dieser Frist und der Tatsache, dass der Ersteher erst Informationen über das Mietverhältnis beschaffen muss, ist hier auch noch eine Kündigung zum 30. November möglich. Allerdings ist der Ersteher gehalten, sich schnellstmöglich erforderliche Informationen zu beschaffen. Im Streitfall einer Räumungsklage vor Gericht trägt er nämlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, warum ihm eine Kündigung zum erstmöglichen Termin tatsächlich nicht möglich war.

Vertraglich vereinbarter Kündigungsverzicht

Die Parteien eines Wohnraummietverhältnisses haben außerhalb der Bestimmung des § 575 BGB die Möglichkeit, eine Befristung des Mietverhältnisses durch befristeten Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung herbeizuführen. Formularvertraglich kann ein derartiger Verzicht bis zu 4 Jahren vereinbart werden[1], individualvertraglich auch länger.[2] Vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 57a ZVG ist der Ersteher an diese vertragliche Abrede nicht gebunden. Allerdings muss er zum erstmöglichen Termin auch tatsächlich kündigen, ansonsten ist er an die vertragliche Vereinbarung gebunden.

 

Musterschreiben: Außerordentliche Kündigung des Wohnraummietverhältnisses durch den Ersteher in der Zwangsversteigerung wegen Eigenbedarfs

[Anschrift des Mieters]

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Mietverhältnis Kölner Weg 139 in 40589 Düsseldorf, Wohnung 1. OG links

Hier: Außerordentliche Kündigung unter Beachtung der gesetzlichen Frist des § 573d wegen Eigenbedarfs gemäß §§ 57a ZVG, 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB

Sehr geehrte(r) ________,

zunächst teile ich Ihnen mit, dass ich die an Sie vermietete Wohnung durch Beschluss des AG Düsseldorf vom ________ zur Geschäftsnummer ________ im Rahmen der Zwangsversteigerung erworben habe und nunmehr deren Eigentümer bin.

Leider sehe ich mich gezwungen, das Mietverhältnis über die im 1. Obergeschoss links gelegene Wohnung in der Liegenschaft Kölner Weg 139 in 40589 Düsseldorf, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, WC und Balkon nebst zugehörigem mit der Nummer 4 bezeichneten Kellerraum außerordentlich fristgemäß auf Grundlage der Bestimmungen der §§ 57a ZVG, 573d BGB zu kündigen.

Nach der Bestimmung des § 573 Abs. 1 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an seiner Beendigung hat. Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist ein berechtigtes Interesse an einer Kündigung dann gegeben, wenn der Vermieter den Wohnraum für sich, seine Familienangehörigen oder Haushaltsangehörigen benötigt. Vor diesem Hintergrund lege ich Ihnen die Gründe für meine Kündigung wie folgt dar:

Meine derzeitige 3-Zimmer-Wohnung, die ich zusammen mit meiner Ehefrau bewohne, hat eine Wohnfläche von 80 m2. Wir nutzen ein Zimmer als Wohnzimmer, ein Zimmer als Schlafzimmer und ein weiteres Zimmer kombiniert als Arbeits- und Gästezimmer.

Die Mutter meiner Gattin kann und will in der von ihr innegehaltenen Wohnung infolge fortschreitender Alzheimererkrankung nicht mehr alleine leben. Sie hat insoweit den Wunsch geäußert, zu uns zu ziehen. Selbstverständlich werden wir die Mutter meiner Gattin au...

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