Leitsatz

Nur über schuldrechtliche Vereinbarung begründetes (Garten-) Sondernutzungsrecht entfaltet keine Bindungswirkung zulasten späterer Sonderrechtsnachfolger im Eigentum

 

Normenkette

§ 10 WEG a. F.; § 242 BGB

 

Kommentar

  1. Nach einer Teilungserklärung von 1981 hatte sich der teilende Eigentümer vorbehalten, u. a. auch EG-Wohnungseigentümern (wie auch geschehen) Gartennutzungsrechte einzuräumen, und zwar mit dem vereinbarten Inhalt, dass solche Nutzungsüberlassungen nur schuldrechtliche Wirkung haben sollten. Die Eigentümer hatten darauf ihre ihnen zugewiesenen Gartenflächen eingezäunt und verschlossen. Bis zu den Wohnungserwerben im Jahr 2004 durch die Rechtsnachfolger gab es in der Gemeinschaft keinerlei Widersprüche zu den anfänglich übertragenen Nutzungsrechten.

    Einige "Neu-Eigentümer" beantragten zuletzt, (vermeintlich) nach wie vor nutzungsberechtigte Eigentümer zu verpflichten, die Schlösser an den vorgesehenen Gartentoren zu entfernen. Weiterhin wurde die Feststellung beantragt, dass für die Antragsgegner kein Sondernutzungsrecht an den vorderen Grundstücksteilflächen bestehe.

    Die Anträge hatten in allen drei Instanzen Erfolg.

  2. Eines gemeinschaftlichen sog. Vorschaltverfahrens bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, da es sich bei den hier geltend gemachten Ansprüchen (insbesondere dem Abwehranspruch aus § 1004 BGB i. V. m. §§ 13 und 15 WEG) um einen Individualanspruch handelt, den jeder Miteigentümer unabhängig von einer Ermächtigung durch die Gemeinschaft (durch Mehrheitsbeschluss) geltend machen kann (vgl. bereits OLG Hamm v. 1.12.1997, 15 W 384/97, FGPrax 1998, 49 f. m. w. N.). Auszugehen ist auch von einem entsprechenden Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag i. S. d. § 256 ZPO.

    Besteht für die Gesamtgemeinschaft ein allgemeines Gebrauchsrecht an den streitigen Grundstücksflächen, bestand auch die Pflicht zur Beseitigung der Schlösser, um grundsätzlich den freien Zugang aller Miteigentümer zu ermöglichen.

    Vorliegend entstand mangels Eintragung im Grundbuch kein dinglich wirkendes Sondernutzungsrecht mit Bindungswirkung zulasten der Rechtsnachfolger. Im Rahmen der Auslegung der Teilungserklärung waren auch die subjektiven Vorstellungen des teilenden Eigentümers und der Ersterwerber unerheblich. Weder dem Wortlaut der Teilungserklärung noch dem Aufteilungsplan war zu entnehmen, dass hier an den Gartenflächen verbindliche Sondernutzungsrechte begründet werden sollten. Daran ändert auch die h. M. nichts, Sondernutzungsrechte könnten auch dadurch begründet werden, dass die übrigen Eigentümer bereits in der Teilungserklärung vom Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen werden und sich der teilende Eigentümer vorbehält, Sondernutzungsrechte bestimmten Miteigentümern zuzuordnen. Eine solche Regelung stellt sich im Hinblick auf die negative Komponente eines Sondernutzungsrechts als aufschiebende Bedingung i. S. d. § 158 Abs. 1 BGB dar. Damit ein solchermaßen begründetes Sondernutzungsrecht die dingliche Wirkung nach § 10 Abs. 2 WEG a. F. erhält, ist die Eintragung des Sondernutzungsrechts auf der Grundlage der Zuordnungserklärung des teilenden Eigentümers im Grundbuch erforderlich; die bloße Eintragung des Zuordnungsvorbehalts in der Teilungserklärung ist also insoweit unzureichend (OLG Hamm v. 9.9.1999, 15 W 157/99, NZM 2000, 662, 663 und v. 22.8.2005, 15 W 17/05, FGPrax 2006, 79). Zur Eintragung der Sondernutzungsrechte im Grundbuch ist es vorliegend nicht gekommen.

  3. § 10 Abs. 2 WEG ist i. Ü. unabdingbar; es kann also auch eine Bindung künftiger Rechtsnachfolger unabhängig von Grundbucheintragungen nicht vereinbart werden. Die Vereinbarung selbst ist ein schuldrechtlicher Vertrag, der als solcher nur zwischen den vertragsschließenden Parteien verbindlich ist, sofern nicht Dritte Rechte und/oder Pflichten aus dem Vertrag durch Vertragsübernahme, Abtretung oder Schuldübernahme herleiten. Grundsätzlich bildet § 10 Abs. 2 die Ausnahme, dass Einzelrechtsnachfolger dann an solche Vereinbarungen gebunden sind, wenn sie im Grundbuch eingetragen wurden (Schutz des Nachfolgers durch Publizität der Grundbucheintragung). Auf rechtsgeschäftlicher Basis kann allerdings eine solche Geltungserstreckung ohne die Mitwirkung eines Einzelrechtsnachfolgers nicht in Betracht kommen (unzulässiger Vertrag zulasten Dritter!). Würde man nicht von zwingender Regelung des § 10 Abs. 2 WEG ausgehen, wäre der mit dieser Bestimmung bezweckte Erwerberschutz völlig ausgehöhlt, zumal Vereinbarungen auch stillschweigend zustande kommen könnten, selten exakt dokumentiert werden und Miteigentümern oftmals kaum präsent sind (vgl. hierzu auch Häublein, DNotZ 2005, 741, 752).
  4. Störbeseitigungsansprüchen der Rechtsnachfolger kann auch nicht der Einwand der Verwirkung nach § 242 BGB entgegengehalten werden. Die entsprechende Rechtsprechung zu langjähriger Duldung betrifft bisher fast ausschließlich Fälle eigenmächtiger baulicher Veränderungen oder zweckwidriger Nutzungen von Sondereigentum oder Teilen des Gemeinschaftseigentu...

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