Leitsatz (amtlich)

1. § 10 Abs. 2 WEG kann nicht in der Weise durch eine (im Grundbuch eingetragene) Vereinbarung abbedungen werden, dass jegliche schuldrechtlichen Vereinbarungen auch ohne Eintragung im Grundbuch gegenüber einem Sonderrechtsnachfolger wirksam sein sollen.

2. Die Verwirkung von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen hat ggü. dem Sonderrechtsnachfolger eines Miteigentümers dann keine Wirkung, wenn diese der positiven Begründung eines damit dinglich wirkenden Sondernutzungsrechts gleich käme.

 

Normenkette

WEG § 10; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 13.11.2006; Aktenzeichen 23 T 151/05)

AG Halle (Westfalen) (Aktenzeichen 8 II 12/04 WEG)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde sowie die den weiteren Beteiligten in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten werden der Beteiligten zu 5) auferlegt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) bis 7) bilden die o.a. Eigentümergemeinschaft, Verwalter der Gemeinschaft ist der Beteiligte zu 8). Die Beteiligten zu 1) und 2) wenden sich vorliegend gegen eine Sondernutzung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenflächen durch die Beteiligten zu 3) bis 5).

Der Gemeinschaft liegt die Teilungserklärung vom 22.7.1981 zugrunde, in deren Ziff. II es u.a. heißt:

"Soweit Gebäudeteile oder Grundstücks-Teilflächen, die zum Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums gehören, ausschließlich von Räumen her zugänglich sind, die im Sondereigentum stehen, sind diese dem Wohnungs- oder Teileigentümer zur ausschließlichen Sondernutzung zu überlassen (z.B. Balkone, Terrassen, Gärten). Das Wohnungsunternehmen kann außerdem bei Veräußerung eines Wohnungs- oder Teileigentums dem Erwerber oder einer Drittperson einen sonstigen Gebäudeteil (Kfz-Abstellplatz, Kellerräume, Terrassen) oder eine sonstige Grundstücksteilfläche zur ausschließlichen Sondernutzung überlassen; soweit eine solche Vereinbarung getroffen wird, ist sie ggü. den anderen Wohnungs- oder Teileigentümern und deren Rechtsnachfolgern verbindlich. Diese Regelung hat, soweit sie nicht eintragungsfähig ist, nur schuldrechtliche Wirkung, ihre etwaige Unwirksamkeit berührt die Wirksamkeit der anderen Bestimmungen in dieser Erklärung nicht."

Nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 3) bis 5) waren die von ihnen genutzten Gartenflächen bereits bei dem Ersterwerb eingezäunt und nur über ihr Sondereigentum zu erreichen. Auch seien die Flächen ihnen bzw. ihrem Rechtsvorgänger durch den Bauträger zur ausschließlichen Nutzung überlassen worden. Die ausschließliche Nutzung durch sie bzw. ihren Rechtsvorgänger sei von den anderen Miteigentümern zu keinem Zeitpunkt beanstandet worden.

Die Beteiligten zu 1) und 2), die ihr Wohnungseigentum im Jahre 2004 erworben haben, haben bereits Anfang 2004 einer ausschließlichen Gartennutzung durch die Beteiligten zu 3) bis 5) bzw. deren Mieter widersprochen. Im vorliegenden Verfahren haben sie beantragt, die Beteiligten zu 3) bis 5) sowie den Ehemann der Beteiligten zu 5) zu verpflichten, die drei Schlösser, mit denen die Gartentore versehen worden waren, zu entfernen und festzustellen, dass kein Sondernutzungsrecht der Antragsgegner an den vorderen Grundstücksteilflächen besteht.

Das AG hat den Anträgen in Bezug auf die Beteiligten zu 3) bis 5) stattgegeben, hinsichtlich des Ehemanns der Beteiligten zu 5) jedoch zurückgewiesen, da sich herausstellte, dass dieser seit Jahren kein Miteigentümer mehr ist. Gegen diese Entscheidung haben sich die Beteiligten zu 3) bis 5) mit der sofortigen Beschwerde gewandt. Das LG hat diese, nachdem umfangreiche und langwierige Vergleichsverhandlungen gescheitert waren, zurückgewiesen. Gegen die landgerichtliche Entscheidung hat die Beteiligte zu 5) durch ihre Verfahrensbevollmächtigten sofortige weitere Beschwerde erheben lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Darstellung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.

Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 5) ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde unbegründet, da die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 FGG.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 5) ausgegangen. Verfahrensrechtlich zutreffend haben die Vorinstanzen auch das Rechtsschutzbedürfnis und die Antragsbefugnis der Beteiligten zu 1) und 2) unabhängig von einer vorherigen Beschlussfassung der Gemeinschaft bejaht. Eines sog. Vorschaltverfahrens bedurfte es vorliegend nicht, da es sich bei dem hier geltenden gemachten Abwehranspruch aus § 1004 BGB i.V.m. §§ 13, 15 WEG um einen Indivualanspruch...

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