Leitsatz

Arbeitgeber müssen bei regelmäßigen Sonderzahlungen Vorbehalte sorgfältig formulieren, um keinen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers entstehen zu lassen. Wird der Freiwilligkeitsvorbehalt unklar formuliert, indem er Widerruf und Vorbehalt vermischt, ist er unwirksam.

 

Sachverhalt

Wird eine Sonderzahlung mehrere Jahre lang ausbezahlt, darf der Arbeitnehmer daraus schließen, dass sich der Arbeitgeber dauerhaft zur Zahlung verpflichten will. Das BAG hatte bereits die Möglichkeit verneint, vorbehaltlos gewährte Sonderzahlungen für die Zukunft rückgängig zu machen. Daher gewinnen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalte an Bedeutung. Sie vermeiden die starre rechtliche Bindung, sofern sie wirksam vereinbart werden.

Das hat das BAG für folgenden Fall verneint:

Ein Arbeitnehmer war als Diplom-Ingenieur beschäftigt und erhielt in den Jahren 2002 bis 2007 jeweils Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsverdiensts. Bei der Auszahlung erklärte der Arbeitgeber keinen ausdrücklichen Vorbehalt. Nun stritten die Parteien um das Weihnachtsgeld 2008, welches der Arbeitgeber aufgrund der Wirtschaftskrise verweigerte. Er bezog sich dabei auf folgende Klausel im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers:

"Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar."

Das BAG entschied: Zwar mag ein im Arbeitsvertrag klar und verständlich formulierter Freiwilligkeitsvorbehalt einen zukünftigen Anspruch auf eine Sonderzahlung ausschließen. Allerdings darf dieser als Allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Vorbehalt nicht mehrdeutig, sondern muss klar und verständlich i.S.d. § 307 BGB sein. Eine unklare oder intransparente allgemeine Klausel im Arbeitsvertrag kann das Entstehen eines zukünftigen Rechtsanspruchs nicht hindern.

Schon in früheren Entscheidungen hatte das BAG Vorbehalte gegen die Verbindung von "freiwillig" und "Widerruf"innerhalb einer Klausel geäußert:

  • Der Freiwilligkeitsvorbehalt verhindert die Entstehung eines Rechtsanspruchs,
  • während der Widerruf einen bestehenden Anspruch (unter bestimmten Voraussetzungen) einseitig beseitigt.

Im Urteilsfall erklärte das Gericht die Klausel wegen der Begriffsvermengung für un­­­klar und damit insgesamt für unwirksam. Der Arbeitgeber muss das Weihnachtsgeld für 2008 bezahlen. Die Klausel sei nicht geeignet, das mehrfache, tatsächliche Erklärungsverhalten des Arbeitgebers hinreichend zu entwerten. Die konkrete Klausel muss nicht darauf abzielen, einen künftigen Rechtsanspruch zu verhindern. Tatsächlich könne sie auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Erbringung der Leistung verpflichten wollte. Ferner setze der vorbehaltene Widerruf voraus, dass überhaupt ein Anspruch entstanden ist.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil v. 8.12.2010, 10 AZR 671/09.

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