Vergütungsanspruch besteht

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Gläubigerin steht eine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr für die Einholung von Auskünften nach § 802l ZPO i.V.m. Nr. 3009 VV RVG in Höhe von 228,80 EUR zu. Dem von der Gläubigerin beantragten PfÜB ist insoweit stattzugeben.

Entgegen der Ansicht des AG ist der Antrag nach § 802l ZPO auf Auskunftseinholung eine Vollstreckungsmaßnahme aus dem Katalog des § 802a Abs. 2 ZPO und löst damit die 0,3-Verfahrensgebühr der Nr. 3009 VV RVG aus (Voit, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 802l Rn 11).

Unerheblich: Verfahrensgebühr für die Vermögensauskunft

Dem steht nicht entgegen, dass bereits der Antrag der Gläubigerin auf Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO eine 0,3-Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG ausgelöst hat. Denn beide Anträge stellen gesonderte Vollstreckungsmaßnahmen dar, die jeweils gesondert eine Rechtsanwaltsgebühr auslösen und nicht als eine Angelegenheit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG anzusehen sind.

Streitfrage ist höchstrichterlich nicht entschieden

Die Frage, ob der Antrag auf Einholung von Drittauskünften nach § 802 ZPO neben § 802c ZPO eine eigene Angelegenheit darstellt oder als Fortführung zu dem Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft gehört, ist, soweit ersichtlich, bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden (Rohn, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 18 Rn 27). Der BGH hat zwar entschieden, dass es sich bei der anwaltlichen Anfrage beim Einwohnermeldeamt um eine bloße Vorbereitungshandlung für eine bevorstehende Klage oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen handelt, die keine gesonderte Gebühr auslöst (BGH, 12.12.2003 – IXa ZB 234/03). Bei dem entschiedenen Fall handelt es sich aber nicht um den gesetzlich normierten Fall der vom Gerichtsvollzieher eingeholten Drittauskünfte nach § 802l ZPO.

LG: Drittauskünfte sind eigene Angelegenheit

Die Kammer vertritt die Auffassung, dass es sich bei diesem Antrag nach § 802l ZPO um eine eigene Angelegenheit handelt, die gesondert abzurechnen ist und nicht unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG fällt. Dafür spricht zunächst, dass beide Anträge gesondert gesetzlich geregelt sind und nach der einschlägigen Kommentarliteratur jeweils einen Gebührentatbestand nach Nr. 3309 VV RVG auslösen sollen, ohne dass insoweit eine Einschränkung erkennbar wäre. Insbesondere soll nach der einschlägigen Literatur auch der Antrag nach § 802l ZPO auf Auskunftseinholung eine Verfahrensgebühr auslösen, obwohl diesem Antrag zwangsläufig der Antrag nach § 802c ZPO, der bereits eine 0,3-Gebühr ausgelöst hat, zeitlich vorangegangen ist (Voit, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 802l Rn 11; Stöber, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 802l Rn 16).

LG: eigenes Verfahren und kein bloßer Annex

Auch nach dem Sinn und Zweck des § 802 ZPO sprechen die besseren Gründe dafür, den Antrag auf Drittauskünfte als eigene Vollstreckungsmaßnahme zu betrachten. Im Zusammenhang mit der Erteilung eines Auftrags für eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme und des Antrags auf Einleitung des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft kann nicht davon ausgegangen werden, dass darin auch ein Antrag zur Ermittlung umfassender Auskünfte über die Verhältnisse des Schuldners enthalten ist. Dies erfordert vielmehr einen eigenen Antrag, weil der Schuldner der Selbstauskunft nicht nachgekommen ist oder eine Gläubigerbefriedigung nicht zu erwarten ist und der Gläubiger sich anhand objektiver Informationsquellen ein Bild über die Vermögenssituation des Schuldners soll verschaffen können. Die Auskunftseinholung durch den Gerichtsvollzieher ist daher ein eigenes Verfahren und kein Annex im Sinne des § 18 Abs. 1 RVG zur Vollstreckungsmaßnahme des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft und daher gebührenrechtlich als eigene Angelegenheit anzusehen (Rohn, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 18 Rn 27; OLG Köln AnwBl 1968, 35; OLG Hamburg JurBüro 1990, 1291; LG Konstanz AnwBl 1991, 168; LG Bonn JurBüro 1990, 349; LG Köln JurBüro 1982, 1571; AG Einbeck AnwBl 1983, 48; AG Westerstede MDR 1987, 49; AG Dorsten AnwBl 1987, 340; AG Leverkusen AnwBl 1987, 294).

Die Gläubigerin kann daher eine gesonderte Gebühr für den Antrag auf Drittauskünfte verlangen, auf die der beantragte PfÜB entsprechend zu erstrecken ist.

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