Leitsatz (amtlich)

a) Der Antrag des Gläubigers auf Einholung von Drittauskünften gem. §§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 802l ZPO ist eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, für die dem Rechtsanwalt eine 0,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 RVG-VV zusteht.

b) Die Vorschrift des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG ist auf Verfahren zur Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO nicht analog anwendbar.

 

Normenkette

ZPO § 802l; RVG § 18 Abs. 1 Nr. 1; RVG-VV Nr. 3309

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 18.09.2017; Aktenzeichen 51 T 401/17)

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 16.05.2017; Aktenzeichen 33 M 4319/17)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der Zivilkammer 51 des LG Berlin vom 18.9.2017 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der Rechtspflegerin des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 16.5.2017 abgeändert.

Die Rechtspflegerin wird angewiesen, auf den Antrag der Gläubigerin vom 2.3.2017 weitere Vollstreckungskosten i.H.v. 201,20 EUR in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzunehmen.

Der Schuldner trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

Rz. 1

I. Die Gläubigerin beantragte mit Schreiben vom 2.3.2017 den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen den Schuldner wegen einer titulierten Hauptforderung, Zinsen, festgesetzten Kosten und Vollstreckungskosten. Als Vollstreckungskosten beantragte die Gläubigerin u.a. eine Rechtsanwaltsvergütung i.H.v. 201,20 EUR für die Einholung einer Drittauskunft über den Schuldner aufgrund eines gesonderten Vollstreckungsauftrags vom 19.1.2017.

Rz. 2

Das AG hat den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der als Vollstreckungskosten beantragten Rechtsanwaltsvergütung für die Drittauskunft zurückgewiesen. Die dagegen von der Gläubigerin eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.

Rz. 3

II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Gläubigerin stehe eine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr für die Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO in Verbindung mit Nr. 3309 RVG-VV nicht zu. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG bildeten die gesamten zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden, miteinander in einem inneren Zusammenhang stehenden Vollstreckungshandlungen von der Vorbereitung der Vollstreckung bis zur Befriedigung des Gläubigers oder bis zum sonstigen Abschluss der Vollstreckung eine gebührenrechtliche Angelegenheit. Die Drittauskünfte nach § 802l ZPO dienten der Informationsgewinnung und damit dem gleichen Befriedigungsziel des Gläubigers wie die Selbstauskunft des Schuldners gem. § 802c ZPO.

Rz. 4

III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, der Gläubigerin stehe bei einem isolierten Antrag auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO keine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 RVG-VV zu.

Rz. 5

1. Gemäß § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ist der Gerichtsvollzieher aufgrund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags des Gläubigers befugt, nach § 802l ZPO Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners einzuholen. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG stellt jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers eine besondere Angelegenheit dar.

Rz. 6

2. Die Frage, ob für die Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO eine gesonderte Gebühr nach Nr. 3309 RVG-VV anfällt, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beantwortet.

Rz. 7

a) Nach einer Ansicht, der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, stellt die Einholung von Drittauskünften gebührenrechtlich keine besondere Angelegenheit dar (LG Memmingen, DGVZ 2018, 18 [juris Rz. 6 ff.]; AG Hechingen, DGVZ 2018, 125 [juris Rz. 2 ff.]; AG Meißen, DGVZ 2017, 183 [juris Rz. 9 ff.]; Mock/Schneider/Wolf in AnwKomm/RVG, 8. Aufl., § 18 Rz. 195 ff.; Volpert, RVGreport 2017, 82 f.). Nach dem Wortlaut des § 802l ZPO sei ein isolierter Antrag auf Einholung von Drittauskünften ohne ein vorheriges Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft unzulässig. Bei der Drittauskunft handele es sich nicht um eine eigene Vollstreckungsmaßnahme, sondern um die Fortsetzung des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft. Die Aufträge zur Abnahme der Vermögensauskunft und zur Einholung von Drittauskünften stellten eine einheitliche Vollstreckungsmaßnahme dar, deren Zweck die Informationsgewinnung sei. Gegen die Entstehung einer separaten Anwaltsgebühr für die Einholung von Drittauskünften spreche auch die fehlende Erwähnung des § 802l ZPO in § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG, der den Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung im Fall der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO auf höchstens 2.000 EUR begrenze.

Rz. 8

b) Nach einer vermittelnden Meinung soll der durch den Auftrag zur Einholung von Drittauskünften gem. §§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 802l ZPO erstmals tätig werdende Rechtsanwalt eine Gebühr gem. Nr. 3309 RVG-VV verdienen, während diese Tätigkeit für den bereits im Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft tätig gewordenen Rechtsanwalt keine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit bilde, sondern mit der zuvor verdienten Gebühr abgegolten sei (Sternal in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 802l ZPO Rz. 32).

Rz. 9

c) Nach einer dritten Auffassung steht dem Gläubiger für die Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO eine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 RVG-VV zu (LG Frankfurt, DGVZ 2017, 60 [juris Rz. 7 ff.]; Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 802l Rz. 17; Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 802l Rz. 12 und § 802a Rz. 7; Enders, JurBüro 2015, 617, 618 f.). Dafür, den Antrag nach § 802l ZPO als gesondert abzurechnende, eigene Angelegenheit anzusehen, spreche, dass der Antrag auf Vermögensauskunft (§ 802c ZPO) und der Antrag auf Drittauskunft (§ 802l ZPO) gesondert gesetzlich geregelt seien. Die Einholung von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher sei als eigenes Verfahren ausgestaltet und nicht i.S.d. § 18 Abs. 1 RVG ein Annex zur Vollstreckungsmaßnahme der Abgabe der Vermögensauskunft.

Rz. 10

3. Der zuletzt genannten Ansicht ist zuzustimmen. Der Antrag des Gläubigers auf Einholung von Drittauskünften gem. §§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 802l ZPO ist eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, für die dem Rechtsanwalt eine 0,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 RVG-VV zusteht.

Rz. 11

a) Grundsätzlich bilden die gesamten zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden, miteinander in einem inneren Zusammenhang stehenden Einzelmaßnahmen von der Vorbereitung der Vollstreckung bis zur Befriedigung des Gläubigers oder bis zum sonstigen Abschluss der Vollstreckung dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit. Dabei stehen nur diejenigen Einzelmaßnahmen in einem inneren Zusammenhang, welche die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzen (BGH, Beschl. v. 12.12.2003 - IXa ZB 234/03, NJW 2004, 1101 [juris Rz. 6]).

Rz. 12

b) Die Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO ist indes keine durch den Antrag auf Vermögensauskunft gem. §§ 802a Abs. 2 Nr. 2, 802c ZPO vorbereitete Vollstreckungshandlung wie etwa die Ladung des Schuldners, die Aufstellung des Vermögensverzeichnisses und dessen Übersendung an den Gläubiger gem. § 802 f ZPO (zu einzelnen Vollstreckungshandlungen als Elementen einer Vollstreckungsmaßnahme vgl. Rohn in Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., § 18 Rz. 11). Die Vollstreckungsmaßnahme der Einholung der Vermögensauskunft ist mit der Erteilung oder Verweigerung der Auskunft durch den Schuldner beendet. Erst danach wird die Einholung der Drittauskunft zulässig. Damit kann die Vollstreckungsmaßnahme des § 802l ZPO keine Fortsetzung der Einholung der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO sein (Enders, JurBüro 2015, 617, 618 f.).

Rz. 13

c) Nichts Abweichendes folgt auch daraus, dass die Durchführung des Verfahrens auf Vermögensauskunft nach § 802c ZPO Voraussetzung für den Antrag auf Drittauskunft gem. § 802l ZPO ist. Die Möglichkeit zur Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO steht systematisch selbständig neben der Einholung der Vermögensauskunft des Schuldners gem. § 802c ZPO. Dies zeigt auch die Aufzählung der Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers in § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 5.10.2017 - I ZB 78/16, DGVZ 2018, 62 Rz. 24).

Rz. 14

Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist die Erwähnung der Einholung von Drittauskünften als besondere Vollstreckungsmaßnahme in § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht deshalb ohne Bedeutung, weil dort auch die gütliche Erledigung der Sache (§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und die Vorpfändung (§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 ZPO) aufgeführt würden, für die der Rechtsanwalt zweifellos keine gesonderte Gebühr verlangen könne. Für eine gütliche Erledigung fällt eine besondere 0,3-Verfahrensgebühr jedenfalls dann an, wenn sie - wie im Streitfall die Drittauskunft - gem. § 802l ZPO gesondert beantragt wird (Zöller/Seibel, a.a.O., § 802b Rz. 23; Hergenröder, DGVZ 2014, 109, 115; Goebel/Wagener-Neef, Anwaltsgebühren im Forderungseinzug, 2017, § 6 Rz. 45). Auch die Vorpfändung löst die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 RVG-VV aus, lediglich für den daran anschließenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entsteht keine weitere Gebühr (Zöller/Herget, a.a.O., § 845 Rz. 9; Enders, JurBüro 2013, 57).

Rz. 15

d) Als besondere Vollstreckungsmaßnahme bedarf die Drittauskunft eines eigenen Antrags des Gläubigers. Dieser Antrag ist nicht notwendig von dem Gläubiger zu stellen, der zuvor die Abgabe der Vermögensauskunft beantragt hat, sondern kann auch durch jeden weiteren Gläubiger erfolgen. Es entbehrte indes sachlicher Rechtfertigung, Gläubigern, die sich erstmals mit einem Antrag auf Drittauskunft im Vollstreckungsverfahren beteiligen, eine Rechtsanwaltsvergütung für den Antrag auf Drittauskunft zu versagen.

Rz. 16

e) Die Vollstreckungsmaßnahmen nach § 802c ZPO und nach § 802l ZPO haben auch nicht dasselbe Ziel der Befriedigung im Sinne der Rechtsprechung des BGH. In diesem Zusammenhang kommt es nicht auf das übergeordnete Endziel aller Vollstreckungsmaßnahmen an, die titulierte Forderung des Gläubigers zu befriedigen. Andernfalls stellten alle Vollstreckungsmaßnahmen gebührenrechtlich eine Angelegenheit dar, was im Widerspruch zu der differenzierten Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG stünde. Unter "Befriedigung" ist hier vielmehr auch jede sonstige Beendigung der konkreten Vollstreckungsmaßnahme zu verstehen (Mock/Schneider/Volpert in AnwKomm/RVG, a.a.O., § 18 Rz. 197).

Rz. 17

Maßgeblich ist daher der konkrete Zweck der einzelnen Vollstreckungsmaßnahme im Gesamtzusammenhang der Zwangsvollstreckung. Insoweit unterscheiden sich die Vollstreckungsmaßnahmen des § 802c ZPO und des § 802l ZPO erheblich. Die Vermögensauskunft zielt auf eine umfassende, keiner Überprüfung unterzogene Selbstauskunft des Schuldners, während im Verfahren nach § 802l ZPO der Gerichtsvollzieher Auskünfte über das Vermögen des Schuldners bei Dritten einholt (vgl. Enders, JurBüro 2015, 617, 619). Die bei Verweigerung der Selbstauskunft drohende Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis begründet zudem einen Vollstreckungsdruck auf den Schuldner, den eine Fremdauskunft, von der der Schuldner erst nachträglich Kenntnis erlangt (vgl. § 802l Abs. 3 ZPO), nicht auslöst. Werden die Verfahren der Vermögensauskunft und der Drittauskunft von unterschiedlichen Gläubigern beantragt, wird außerdem die Vollstreckung unterschiedlicher Forderungen erstrebt.

Rz. 18

f) Anders als bei der Anfrage eines Rechtsanwalts beim Einwohnermeldeamt zur Ermittlung der Anschrift des Schuldners ist die Einholung von Drittauskünften keine unabdingbare Voraussetzung für das Ziel des Gläubigers, die Erfüllung seiner Forderung durch den Schuldner zu erzwingen (vgl. BGH NJW 2004, 1101 [juris Rz. 7]). Vielmehr stellt die Drittauskunft nach § 802l ZPO lediglich eine zusätzliche Informationsmöglichkeit für den Gläubiger dar, die er bei der Vollstreckung nutzen kann, jedoch nicht nutzen muss.

Rz. 19

Zudem rechtfertigt es der mit anderen Vollstreckungsmaßnahmen zumindest vergleichbare Aufwand des Rechtsanwalts, den Antrag auf Einholung von Fremdauskünften als besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG anzusehen. Es handelt sich nicht um eine Standardanfrage, die regelmäßig keinen nennenswerten Aufwand erfordert. Der Rechtsanwalt hat unter Berücksichtigung der jeweils entstehenden Kostenlast zu prüfen, ob die Möglichkeit zur Einholung von Drittauskünften genutzt oder zunächst gem. § 802d ZPO die einem anderen Gläubiger erteilte Vermögensauskunft eingesehen werden soll. Sodann muss er ggf. entscheiden, ob er nur eine oder mehrere Drittauskünfte einholen lässt. Vom Gerichtsvollzieher in den Auskünften vorgenommene Löschungen oder Sperrungen (vgl. § 802l Abs. 2 ZPO) hat er auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Die Verwendungsbeschränkung gem. § 802l Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 802d Abs. 1 Satz 3 ZPO hat er zu beachten und den Gläubiger darüber zu belehren. Schließlich muss der Rechtsanwalt die erteilten Auskünfte auswerten und im Hinblick auf weitere Vollstreckungsmaßnahmen bewerten.

Rz. 20

g) Aus der fehlenden Erwähnung einer Maßnahme im Katalog des § 18 Abs. 1 Nr. 2 bis 21 RVG kann für sich allein nicht darauf geschlossen werden, dass es sich dabei um keine besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG handelt. Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG ist ein Auffangtatbestand, der eine allgemeine Definition der Vollstreckungsmaßnahmen enthält, die eine besondere Angelegenheit im Sinne des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes darstellen. Die Anwendung dieses Auffangtatbestands wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass § 18 Abs. 1 Nr. 16 RVG als konkretes Beispiel besonderer Angelegenheiten das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft (§§ 802 f und 802g ZPO) nennt. Für die Behandlung von Anträgen auf Drittauskunft nach § 802l ZPO ergibt sich aus diesem Umstand nichts.

Rz. 21

4. Zutreffend hat das Beschwerdegericht allerdings darauf hingewiesen, dass in § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG eine Begrenzung des Gegenstandswerts auf höchstens 2.000 EUR lediglich für Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO vorgesehen ist, nicht jedoch für Anträge auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO. Ist Hintergrund dieser Begrenzung des Gegenstandswerts, dass das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft vorrangig der Informationsgewinnung dient und nicht (unmittelbar) auf Befriedigung der titulierten Forderung gerichtet ist, erschließt sich nicht ohne Weiteres, warum bei der gleichfalls der Informationsgewinnung dienenden Fremdauskunft Rechtsanwaltsgebühren ohne Berücksichtigung dieser Begrenzung abrechenbar sein sollen. Diese Überlegung kann jedoch die Auslegung des Begriffs der besonderen Angelegenheit in § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG nicht maßgeblich bestimmen. Sie könnte vielmehr bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen allenfalls Anlass geben, die besondere Wertgrenze des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG analog auch auf Verfahren zur Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO anzuwenden.

Rz. 22

Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung liegen jedoch nicht vor. Nach dem klaren Wortlaut ist § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG allein auf die Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO begrenzt. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Regelung die Möglichkeit ihrer Erstreckung auf § 802l ZPO übersehen hat. In der ab 1.7.2004 geltenden Fassung bezog sich die Wertbegrenzung des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG auf Verfahren über Anträge zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO a.F. Die noch heute geltende Neuregelung mit der Bezugnahme allein auf § 802c ZPO war ausweislich der Gesetzesbegründung Folge der Abschaffung des einheitlichen Offenbarungsverfahrens und der Neuregelung des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, BT-Drucks. 16/10069, 50). Die durch § 802l ZPO eröffnete Möglichkeit zur Einholung von Fremdauskünften war ebenso Element der Neuregelung des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft und der Abschaffung eines einheitlichen Offenbarungsverfahrens wie die Einfügung von § 802c ZPO. Es spricht deshalb alles dafür, dass der Gesetzgeber bewusst von einer Erstreckung der Wertgrenze des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG auf die Einholung von Fremdauskünften abgesehen hat. Nachdem gleichzeitig die Drittauskunft in der Grundvorschrift des § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausdrücklich gesondert aufgeführt worden ist, kann auch nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe eine Erwähnung der Anträge auf Einholung von Drittauskünften in § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG deshalb nicht für erforderlich gehalten, weil es sich um eine vergütungsrechtlich einheitliche Angelegenheit mit einem vorhergehenden Verfahren nach § 802c ZPO handele. Unter diesen Umständen bedürfte es für eine Einbeziehung von Verfahren auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO in den Anwendungsbereich von § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG einer entsprechenden Gesetzesänderung.

Rz. 23

IV. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 12481547

NJW 2019, 9

FamRZ 2019, 384

FA 2019, 63

JurBüro 2019, 127

WM 2019, 33

ZAP 2019, 182

AnwBl 2019, 108

DGVZ 2019, 32

JZ 2019, 106

MDR 2019, 189

Rpfleger 2019, 168

AGS 2019, 12

FoVo 2018, 227

NJW-Spezial 2019, 59

RENOpraxis 2019, 190

RENOpraxis 2019, 87

RVGreport 2019, 62

VE 2019, 26

FMP 2019, 9

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