Rechtsbeschwerde erfolgreich: GV muss Gläubigerauftrag ausführen

Die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Das LG hat zu Unrecht angenommen, der Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin stehe unter einer unzulässigen Bedingung, wenn sie eine Abschrift des VV nur für den Fall beantrage, dass dieses Verzeichnis nicht älter als zwölf Monate sei.

Voraussetzungen der Vermögensauskunft

Nach § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO ist ein Schuldner, der die VA nach § 802c ZPO innerhalb der letzten zwei Jahre abgegeben hat, zur erneuten Abgabe nur verpflichtet, wenn ein Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Ist dies nicht der Fall, bestimmt § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO, dass der GV dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen VV zuleitet.

Streit um die Übersendung des Vermögensverzeichnisses

Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob der Gläubiger auf die Übersendung des früheren VV gemäß § 802d ZPO verzichten oder den Zwangsvollstreckungsauftrag in der Weise beschränken kann, dass der Gerichtsvollzieher von der Übersendung eines älteren, beispielsweise mehr als sechs oder zwölf Monate alten VV absehen muss.

Ansicht 1: keine Dispositionsbefugnis des Gläubigers

Eine Ansicht, der sich das LG angeschlossen hat, nimmt an, es bestehe keine Dispositionsbefugnis des Gläubigers hinsichtlich der Übersendung des innerhalb der Sperrfrist bereits abgegebenen VV (vgl. LG Münster DGVZ 2014, 201; LG Kiel DGVZ 2014, 220; AG Heidelberg DGVZ 2013, 166; AG Mühldorf DGVZ 2013, 193; AG Dortmund DGVZ 2014, 72; Wasserl, DGVZ 2013, 85, 88; Mroß, DGVZ 2014, 19; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., KVGv Nr. 261 Rn 3). Danach habe der Gesetzgeber mit der Formulierung "andernfalls leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu" in § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Übersendung eines schon vorhandenen VV notwendige Folge des Antrags auf Abgabe der VA sei. Lasse man einen Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung eines abgegebenen VV zu, unterblieben zudem Folgeeintragungen in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO. Entgegen der Absicht des Gesetzgebers könne das Verzeichnis dann seine Warnfunktion hinsichtlich der Kreditunwürdigkeit der eingetragenen Schuldner nicht erfüllen. Dieser Auslegung stehe die Dispositionsfreiheit des Gläubigers nicht entgegen, da die automatische Übersendung des Ausdrucks des letzten abgegebenen VV im Verhältnis zum Erstantrag keine gesonderte weitere Vollstreckungsmaßnahme darstelle, sondern schon der Vollstreckungsauftrag des Gläubigers kraft Gesetzes die alternative Handlungsanweisung an den Gerichtsvollzieher enthalte, entweder die VA abzunehmen oder das bereits vorhandene VV aus den letzten zwei Jahren an den Gläubiger zu übersenden.

Ansicht 2: Gläubiger kann Auftrag einschränken

Nach anderer Auffassung kann der Gläubiger aufgrund der das Zwangsvollstreckungsrecht beherrschenden Dispositionsmaxime den Vollstreckungsauftrag für den Fall einschränken oder zurücknehmen, dass der Schuldner innerhalb der Sperrfrist bereits die VA abgegeben hat (vgl. OLG Hamm NJOZ 2015, 1100; OLG Schleswig DGVZ 2015, 88, 90; OLG Dresden DGVZ 2016, 34; OLG Köln DGVZ 2016, 13; Voit, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 802d Rn 3; BeckOK-ZPO/Fleck, § 802d Rn 6c; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 6. Aufl., § 802d Rn 21; jetzt auch Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 802d Rn 3).

BGH folgt der zweiten Ansicht

Der Senat schließt sich der zweiten Auffassung an. Das Vollstreckungsverfahren dient der Durchsetzung der Gläubigerinteressen. Dementsprechend gilt die Dispositionsmaxime. Der Gläubiger bestimmt Beginn, Art und Ausmaß des Vollstreckungszugriffs und kann seine Vollstreckungsanträge jederzeit zurücknehmen (BGH NJW 2016, 876 Rn 22; Zöller/Stöber, 31. Aufl., Vor § 704 Rn 19).

Dispositionsbefugnis umfasst prüfbare Beschränkungsbefugnis

Ist der Gläubiger befugt, das Verfahren jederzeit zum Stillstand zu bringen oder seinen Vollstreckungsantrag zurückzunehmen, ist ihm grundsätzlich auch nicht verwehrt, seinen Vollstreckungsauftrag von vornherein in einer Weise zu beschränken, die der GV ohne weiteres überprüfen kann. Anders als das LG meint kommt es nicht darauf an, ob es sich dabei um eine Bedingung im Sinne des § 158 BGB handelt, also um ein zukünftiges, ungewisses Ereignis. Gibt es keine abweichenden Vorschriften, kann ein Vollstreckungsauftrag vielmehr auch an einen schon bestehenden Umstand anknüpfen, von dem der Gläubiger keine Kenntnis haben kann, der für den GV jedoch ohne weiteres erkennbar ist.

Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen

Dem Wortlaut des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO ist nicht zu entnehmen, dass dem Gläubiger auch gegen seinen Willen eine Abschrift des bereits abgeg...

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