Der Grundsatz: gezahlt ist gezahlt

Zahlt der Schuldner auf eine Forderung, die nicht mehr besteht oder nicht mehr durchsetzbar ist, stellt sich die Frage, ob er das so gleichwohl Geleistete zurückfordern kann. Als Anspruchsgrundlage kommt ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht. Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.

§ 813 und § 214 BGB beachten

War die Forderung mit einer Einrede – wie hier der Verjährung – behaftet, so steht dies nach § 813 Abs. 1 S. 1 BGB der Rückforderung grundsätzlich nicht entgegen, auch wenn die Einrede bei der Leistung nicht erhoben wurde. Allerdings bestimmt § 813 Abs. 1 BGB in seinem S. 2 ausdrücklich, dass § 214 Abs. 2 BGB unberührt bleibt, d.h. als Spezialregelung vorgeht. Maßgeblich für die Zulässigkeit der Rückforderung ist also § 214 Abs. 2 BGB: Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann danach nicht zurückgefordert werden, auch wenn der Schuldner in Unkenntnis der Verjährung geleistet hat. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.

 

Hinweis

Die heutige Regelung ist inhaltsgleich mit § 222 Abs. 2 BGB a.F., wie er bis zur Reform des Verjährungsrechtes im Jahre 2001 galt. Für die Suche nach älterer Rechtsprechung muss also auf diese Norm abgestellt werden.

Es bleibt also als Ergebnis, dass der Schuldner keinen Rückforderungsanspruch hat, wenn er freiwillig geleistet hat.

Komplizierter: Zahlung im Kontext der ZwV

Voraussetzung der Anwendung von § 214 Abs. 2 BGB ist allerdings, dass der Schuldner freiwillig geleistet hat. Das macht es komplizierter, wenn die Zahlung im Zusammenhang mit einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme letztlich zu deren Abwendung erfolgt.

Wann im Kontext der Zwangsvollstreckung noch freiwillig geleistet wurde, hat den BGH schon mehrfach beschäftigt. Der BGH entschied schon am 5.10.1992 (XI ZR 180/92, NJW 1993, 3320), dass § 214 Abs. 2 BGB (damals noch § 222 Abs. 2 BGB) als Ausnahme von der Regel des § 813 BGB dann nicht gilt, wenn gegen den Schuldner wegen einer verjährten Forderung vollstreckt worden ist. In diesem Fall steht ihm der Rückforderungsanspruch also weiter zu (so auch Palandt-Ellenberger, BGB, 76. Aufl. 2017, § 214 Rn 3; Grothe, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2015, § 214 Rn 9).

 

Hinweis

Dem Schuldner steht daher ein uneingeschränkter Bereicherungsanspruch zu, soweit der Gläubiger ohne Mitwirkung des Schuldners Sicherheiten verwertet – etwa den Erlös aus einem Pfändungspfandrecht realisiert und den Erlös auf Zinsansprüche verrechnet, die bereits verjährt waren.

Komplizierter ist der Fall hier insoweit, als dass die Zahlung des Schuldners nicht im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt wurde, sondern dieser zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt hat.

Was ist bei Zahlung zur Abwendung der ZwV?

Am 5.7.2013 (V ZR 141/12, NJW 2013, 3243) hat der BGH dann zunächst die vorgenannte Entscheidung bestätigt und fortentwickelt. Als unfreiwillig ist es danach anzusehen, wenn der Schuldner zahlt, um einer drohenden Zwangsvollstreckung zuvorzukommen. Ebenso wurde später noch einmal entschieden zur Abwendung der Zwangsvollstreckung (BGH WM 2013, 1791), bei einer Zahlung unter Vorbehalt (BGH NJW 1999, 496) und wenn die Zahlung aufgrund der Anforderung bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern erfolgt ist (vgl. hierzu Palandt-Ellenberger, BGB, 76. Aufl. 2017, § 214 Rn 3).

 

Der BGH im Wortlaut

Zum Vorbehalt hat der BGH (NJW 1999, 494, 496) ausgeführt:

"Leistet ein Schuldner unter Vorbehalt, kann ein solcher Vorbehalt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 86, 267, 269 ff.; BGH, Urt. v. 8.2.1984 – IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826; BGH, Urt. v. 8.6.1988 – IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161, 162) unterschiedliche Bedeutung haben: Im Allgemeinen will der Schuldner lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Aner kenntnis (§ 208 BGB) entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offenhalten, das Geleistete gem. § 812 BGB zurückzufordern; ein Vorbehalt dieser Art stellt die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung nicht in Frage. Anders ist es, wenn der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt leistet, dass den Leistungsempfänger für einen späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen soll. Ein Vorbehalt dieser Art ist keine Erfüllung im Sinne von § 362 BGB. Er liegt insbesondere dann vor, wenn ein Schuldner während eines Rechtsstreits zahlt und seine Rechtsverteidigung fortsetzt, weil damit zum Ausdruck kommt, dass die Zahlung auf den Ausgang des Rechtsstreits keinen Einfluss haben soll. Dem entspricht der vorliegende Fall: Die Parteien haben sich darauf geeinigt, dass das Kammergericht bzw. der Bundesgerichtshof die weiterhin zwischen ihnen strittig bleibende Frage der Haftung für Zinsen aus der Zeit vor Aufhebung der staatlichen Verwaltung endgültig entscheiden sollte, während die Kläger trotz...

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