BGH kippt Kontoführungsgebühr für Bausparer in Ansparphase

Der BGH hat die Erhebung eines Jahresentgelts für knapp 24 Mio Bausparverträge für unzulässig erklärt. Unzulässig ist die Gebühr nach der aktuellen Entscheidung bereits in der Ansparphase.

Bereits im Jahr 2017 hat der BGH die Erhebung von Gebühren in der sogenannten Darlehensphase von Bausparverträgen - also nach Erreichen der Mindestansparsumme, die für die Zuteilungsreife des Bauspardarlehens erforderlich ist - für unrechtmäßig erklärt (BGH, Urteil v. 9.5.2017, XI ZR 308/15). Mit der aktuellen Entscheidung hat das Gericht diese Rechtsprechung auf die Ansparphase ausgedehnt.

Verbraucherverband klagt gegen Bauspargebühren in der Ansparphase

Das Argument des BGH in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2017: Die von den Bausparkassen erhobenen Bauspargebühren seien ihrem Wesen nach eine Gegenleistung für die bloße Verwaltung der Verträge durch die Banken und deshalb unzulässig. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat nun mit der gleichen Argumentation gegen die nach den AGB der Bausparbanken vorgesehene Gebührenerhebung in der Ansparphase geklagt.

Verbraucherverband rügt unangemessene Benachteiligung der Verbraucher

Der Verbraucherverband argumentierte, auch in der Ansparphase sei die Kontoführung eine interne Aufgabe der Bausparkassen und keine Leistung gegenüber den Kunden. Bereits bei Abschluss der Verträge stellten die Banken den Bausparern eine Abschlussgebühr in Rechnung und gewährten während der Ansparphase nur einen geringen Zins. Zusätzliche Kontogebühren bedeuteten daher eine unangemessene Benachteiligung der Bausparer.

AGB-Inhaltskontrolle eröffnet?

Mit seiner aktuellen Entscheidung folgte der BGH dieser Argumentation. Der Senat prüfte zunächst, ob die von den Bausparkassen verwendeten AGB, wonach während der Ansparphase jeweils bei Jahresbeginn eine Kontogebühr in Rechnung gestellt wird (anteilig bei nicht vollständigen Kalenderjahren), den Vorschriften zur gesetzlichen Inhaltskontrolle für AGB unterliegen.

Kontogebühr ist kein Entgelt für eine Hauptleistung

Der Inhaltskontrolle entzogen ist eine solche Entgeltabrede nach Auffassung des Senats nur dann, wenn es sich um ein Entgelt für eine vertraglich geschuldete Hauptleistung der Bausparkasse handle. Das sei aber nicht der Fall. Die von der Bausparkasse in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung bestehe einerseits der

  • Zahlung der Zinsen auf das Bausparguthaben sowie darin,
  • den Bausparern nach der Erbringung der Spareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines niedrigverzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse zu verschaffen.

Das in der Ansparphase von Bausparverträgen erhobene Jahresentgelt sei keine Gegenleistung für eine dieser vertraglich geschuldeten Hauptleistungen.

Preisnebenabreden unterliegen der Inhaltskontrolle

Mit dem Jahresentgelt werden nach der Bewertung des BGH bauspartechnisch notwendige Verwaltungsleistungen der Banken in der Ansparphase bepreist. Damit handle es sich um eine sogenannte Preisnebenabrede, für die die Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB eröffnet sei.

Unangemessene Abwälzung von Verwaltungskosten

Der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB hält die Gebührenregelung der AGB nach Auffassung des Senats nicht stand, da sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben hierdurch unangemessen benachteiligt würden. Mit dem Jahresentgelt würden nämlich Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, die die Bausparkasse aufgrund gesetzlicher Verpflichtung ohnehin zu erbringen hätten.

Unangemessen viele Nachteile für Bausparer

Die Abweichung von der gesetzlichen Regelung sei auch nicht im Rahmen der gebotenen pauschalierten Gesamtbetrachtung durch bausparspezifische Individualvorteile der einzelnen Bausparer sachlich gerechtfertigt. In der Ansparphase müssten Bausparer eine vergleichsweise geringe Verzinsung ihrer Spareinlagen hinnehmen, nachdem sie bereits für den Abschluss des Bausparvertrages eine Abschlussgebühr gezahlt hätten. Für diese Nachteile existiere keine finanzielle Kompensation. Im Gegenteil bedeute die Erhebung von Kontoführungsgebühren eine zusätzliche Benachteiligung, die sich auch bei sorgfältiger Abwägung der wechselseitigen Interessen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nicht rechtfertigen lasse.

Verbandsklage erfolgreich

Insgesamt bewertete der BGH die Erhebung einer Kontoführungsgebühr damit auch für die Ansparphase von Bausparverträgen als unzulässig. Die Unterlassungsklage des Verbraucherverbandes war daher erfolgreich.

(BGH, Urteil v. 15.11.2022, XI ZR 551/21)

Hintergrund:

Mit seiner Entscheidung hat der BGH die Rechte der Bausparer gestärkt. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf ca. 24 Mio in Deutschland abgeschlossene Bausparverträge. Bausparverträge sind weiterhin beliebt. Im Jahr 2021 wurden ca. 1.4 Mio neue Bausparverträge geschlossen.

Rückforderung zu Unrecht gezahlter Gebühren für 10 Jahre?

Auf die Banken könnten nun erhebliche Rückforderungen von Bausparern wegen zu Unrecht gezahlter Gebühren zumindest rückwirkend für 3 Jahre - möglicherweise auch länger - zukommen. Zur Frage der Verjährung hat der EuGH entschieden, dass diese Erstattungsansprüche nicht verjähren dürfen, solange der Verbraucher nicht erkennen konnte, dass er ein Recht auf Erstattung hat (EuGH, Urteile v. 10.6.2021, C-609/19; C-776/19; C -782/19). Nach dieser Rechtsprechung könnte die Verjährung erst mit Kenntnis des BGH-Urteils zur Unwirksamkeit der Gebührenklausel beginnen und dann die 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB gelten.

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