Keine eigene Angelegenheit …

Bei der anwaltlichen Einholung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis handelt es sich nicht um eine besondere Angelegenheit im Sinne des § 18 Abs. 1 RVG, sondern lediglich um eine Vorbereitungshandlung für die spätere Vollstreckungshandlung. Eine gesonderte Vergütungspflicht für den Antrag auf Erteilung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis nach Nr. 3309 RVG-VV besteht daher nicht (AG Wuppertal DGVZ 2011, 34; AG Donaueschingen DGVZ 2010, 43). Das hat aber zunächst nur zur Folge, dass der Rechtsanwalt oder das registrierte Inkassounternehmen für die nachfolgend eingeleitete Vollstreckungsmaßnahme keine gesonderte (zweite) Vollstreckungsgebühr mehr verlangen kann. Es handelt sich bei der Abfrage des Schuldnerverzeichnisses und der nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahme also um eine Angelegenheit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, die die Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VVRVG einmal anfallen lässt.

… trotzdem ist die Gebühr entstanden

Das sagt allerdings nichts darüber aus, ob die Gebühr im konkret von unserem Leser angesprochenen Fall angefallen ist. Bei der Gebühr nach Nr. 3309 VVRVG handelt es sich um eine Verfahrensgebühr, die grundsätzlich in vollem Umfang mit der ersten auf die Durchführung des Verfahrens gerichteten Handlung beginnt. Weder ist erforderlich, dass der Rechtsanwalt den Vollstreckungsantrag schon gestellt hat, noch dass eine die Vollstreckung vorbereitende Handlung bereits Außenwirkung entfaltet hat (Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., VV 3309 Rn 18; LG Bonn JurBüro 1983, 241). Es genügt sogar schon die internen Prüfung, ob die Voraussetzungen, unter denen nach außen eine vorbereitende oder vollstreckende Maßnahme angebracht ist, gegeben sind (Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., VV 3309 Rn 18). Unerheblich ist der Umfang der Tätigkeit (OLG Frankfurt Rpfleger 1983, 502; OLG Hamm JurBüro 1996, 249, OLG Düsseldorf JurBüro 1972, 648).

Schon die ­Vorbereitungshandlung genügt

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 VVRVG bezieht nach seinem Wortlaut dementsprechend ausdrücklich auch die die Zwangsvollstreckung vorbereitenden Handlungen mit ein. Die Abfrage des Schuldnerverzeichnisses ist eine solche vorbereitende Maßnahme, da sie

die Beurteilung erlaubt, ob eine Zwangsvollstreckung überhaupt erfolgversprechend betrieben werden kann,
Auskunft darüber gibt, ob auch ein Vorgehen nach § 802l ZPO in Betracht kommt, weil der Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft gegenüber einem Gläubiger verweigert hat (§ 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder aber die Vermögensauskunft ohne Aussicht auf Befriedigung abgenommen wurde (§ 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO), was alternativ Voraussetzung für eine (aktuellere) Vermögensauskunft Dritter ist,
die Option gibt festzustellen, ob die streitgegenständliche Forderung ggf. auch aus § 23 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB begründet werden kann, weil der Schuldner sie begründet hat, ohne auf eine bereits abgegebene Vermögensauskunft hinzuweisen, was die privilegierte Vollstreckung nach § 850f Abs. 2 ZPO begründet und damit die Aussichten der Zwangsvollstreckung verbessert,
gegenüber dem noch nicht eingetragenen Schuldner erlaubt, auf die besonderen Nachteile der Eintragung hinzuweisen und so eine gütliche Einigung zu erreichen.

Spätere Zahlung des SU bleibt unerheblich

Die Gebühr ist also bereits mit der Abfrage des Schuldnerverzeichnisses entstanden, ohne dass es darauf ankommt, ob die Zwangsvollstreckung dann noch eingeleitet wird oder – wegen der erkennbaren mangelnden Erfolgsaussicht oder der Zahlung des Schuldners – davon abgesehen wird. So hat dies auch ausdrücklich das AG Wuppertal (DGVZ 2011, 34, Rn 16, zitiert nach juris) entschieden (ebenso Schneider, AGS 2003, 75; LG Lahnstein DGVZ 2002, 190; DGVZ 1995, 14).

 

Hinweis

Wird aufgrund der Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis zunächst keine Vollstreckungsmaßnahme eingeleitet, weil ihr keine Aussicht auf Erfolg beigemessen wird, entsteht die Vollstreckungsgebühr also. Kommt es dann später doch noch zu einer Vollstreckungsmaßnahme, entsteht eine weitere Vollstreckungsgebühr, wenn kein innerer Zusammenhang (zu diesem Merkmal BGH NJW 2004, 1101) mehr mit der früheren Einsicht in das Schuldnerverzeichnis besteht. Dies wird sich meist aus dem Zeitablauf erklären lassen, wenn mehr als vier bis sechs Monate vergangen sind, da sich in einem solchen Zeitraum die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners ändern können, wie sich schon aus dem Umstand ergibt, dass der Gesetzgeber Sozialleistungsbescheide jeweils auf sechs Monate befristet.

Was es zu verdienen gibt

Im Fall des Lesers ist also eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VVRVG aus 5.346,31 EUR in Höhe von 90,90 EUR nebst der Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG von 18,18 EUR, insgesamt also eine Nettovergütung von 109,08 EUR entstanden. Neben der Umsatzsteuer von 20,73 EUR kann dann nach der Vorbem. 7 Abs. 1 VVRVG noch die Erstattung der gerichtlichen Gebühren des zentralen Vollstreckungsgerichts für die Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis ersetzt verlangt werden.

FoVo 10/2013, S. 188 -...

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