Die Zuständigkeit in der Forderungspfändung

Soll die Zuständigkeit in der Zwangsvollstreckung bestimmt werden, ist nach der sachlichen, der örtlichen und der funktionellen Zuständigkeit zu fragen. Für die Forderungspfändung beantworten sich die Fragen aus § 828 ZPO und § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG.

Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 828 Abs. 1 ZPO. Die gerichtlichen Handlungen, welche die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte zum Gegenstand haben, erfolgen danach durch das Vollstreckungsgericht und damit nach § 764 ZPO durch das AG.
Die funktionelle Zuständigkeit ergibt sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG und liegt danach nicht – wie es sich aus der ZPO ergeben würde – beim Richter, sondern beim Rechtspfleger.
Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich wiederum aus § 828 Abs. 2 ZPO. Als Vollstreckungsgericht ist danach das AG, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und sonst das AG zuständig, bei dem nach § 23 gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann. Der allgemeine Gerichtsstand ergibt sich für natürliche Personen aus § 13 ZPO i.V.m. § 7 BGB am Wohnsitz als Aufenthaltsort und bei juristischen Personen aus § 17 ZPO, dem Sitz der Gesellschaft.
 

Hinweis

Nach § 802 ZPO handelt es sich nicht um einen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand, sondern einen ausschließlichen Gerichtsstand.

Grundsatz: Maßgeblich ist der Schuldner

Aus der normativen Regelung lässt sich zunächst der Grundsatz ableiten, dass für jeden Schuldner im Hinblick auf den ihm zustehenden Anspruch ein eigenständiger Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach §§ 829, 835 ZPO gestellt werden muss (Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl., § 828 Rn 2; Flockenhaus, in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 828 Rn 2 a.E.).

Ausnahme: gemeinschaftlicher Anspruch

Anders verhält es sich dagegen, wenn gegen mehrere Schuldner, denen eine oder mehrere Forderungen gemeinschaftlich zustehen sollen, einheitlich durch Pfändung und Überweisung dieser Forderung vollstreckt werden soll. Dann ist eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO möglich (OLG Karlsruhe, 5.7.2004 – 19 AR 9/04, MDR 2004, 1262; OLG Hamm, 14.7.2016 – 32 SA 45/16, JurBüro 2017, 327; Smid, in: MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2020, Rn 14).

In diesem Verfahren ist – wie gemäß § 834 ZPO im Verfahren nach § 829 ZPO – der Schuldner nicht zu hören (vgl. BGH NJW 1983, 1859; OLG Hamm, 14.7.2016 – 32 SA 45/16, JurBüro 2017, 327).

Vollstreckungstaktik

Ist bei einem gemeinschaftlichen Antrag die Zuständigkeitsbestimmung möglich, bleibt gleichwohl auch die Option, gegen jeden einzelnen Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu beantragen. Es muss dann nach den Kriterien der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit abgewogen werden.

Für das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren entstehen keine Kosten und für den nachfolgend einheitlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur einmal Gerichtsgebühren nach Nr. 2111 KVGKG in Höhe von 22 EUR und nur einmal Zustellkosten im Hinblick auf den Drittschuldner. Demgegenüber entstehen für jeden gesonderten Beschluss nach §§ 829, 835 ZPO die Gerichtskosten von 22 EUR und auch die Zustellkosten an den Drittschuldner für jeden Beschluss und Schuldner gesondert. Getrennte Beschlüsse sind also – je nach Zahl der Schuldner: deutlich – teurer. Hinzu kommen noch die Kosten für weitere vollstreckbare Ausfertigungen des Vollstreckungstitels.
Die Zuständigkeitsbestimmung verzögert den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und kann deshalb die Rangverhältnisse nach § 804 Abs. 3 ZPO nachteilig beeinflussen. Dies ist insbesondere bei erkennbar vorhandenen konkurrierenden Gläubigern zu beachten.
Getrennte Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, die in unterschiedlichen AG-Bezirken beantragt werden, können zu unterschiedlichen Zeitpunkten erlassen und zugestellt werden. Die Beschlagnahme erfolgt dann ggfs. erst vollständig mit der Zustellung des letzten Beschlusses und die Schuldner können Kenntnis von der Pfändung erlangen, bevor diese vollständig vollzogen ist.

Dem kann allerdings dadurch begegnet werden, dass – um den Preis einer zeitlich verzögerten Zustellung – die Übersendung aller Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erbeten wird, indem im Antrag nach Anlage 4 der Zwangsvollstreckungsformularverordnung die Vermittlung der Zustellung nicht angekreuzt wird, um dann nach Übersendung aller Beschlüsse deren Zustellung durch den Gerichtsvollzieher am Ort des Drittschuldners selbst zu beauftragen.

Bei mehreren Anträgen ggfs. mehrere vollstreckbare Ausfertigungen notwendig

Steht die zu pfändende Forderung den Schuldnern nicht nur gemeinschaftlich zu, sondern ist der zu vollstreckende Anspruch auch gegen alle Schuldner in einem Vollstreckungstitel tituliert, ist es notwendig, jeweils eine weitere vollstreckbare Titelausfertigung je Schuldner nach § 733 ZPO zu beantragen. Das ist frühzeitig zu veranlassen. Jede vollstreckbare Ausfertigung kostet allerdings 22 EUR nach Nr. 2110 KV GKG.

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