Leitsatz

1. Gemäß § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO hat im Falle der Pfändung einer Geldforderung das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Der Ausspruch dieses Arrestatoriums ist für die Wirksamkeit der Forderungspfändung konstitutiv. Fehlt es an einem solchen Ausspruch, ist die Forderungspfändung unwirksam.

2. Ein Arrestatorium ist, von dem in § 857 Abs. 2 ZPO geregelten Fall abgesehen, auch hinsichtlich solcher Vermögensrechte auszusprechen, deren Zwangsvollstreckung sich nach § 857 ZPO richtet. Gegenüber dem Drittschuldner ist ein den Besonderheiten des Pfändungsgegenstandes Rechnung tragendes Verbot auszusprechen, Erfüllungshandlungen gegenüber dem Schuldner vorzunehmen, die das Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigen können (Rn 22).

BGH, Beschl. v. 16.12.2020 – VII ZB 9/20

1 Der Fall

Arrestbefehl als Grundlage des Pfändungsbeschlusses

Der rechtsbeschwerdeführende Gläubiger begehrt den Erlass eines Überweisungsbeschlusses. Mit Arrestbefehl vom 13.6.2017 hat das LG wegen einer Geldforderung des Gläubigers in Höhe von 23.884,80 EUR nebst Zinsen einen dinglichen Arrest in das Vermögen der Schuldnerin angeordnet und in Vollziehung des Arrestes die Pfändung der angeblichen Forderungen der Schuldnerin gegen elf näher benannte Drittschuldner wegen verschiedener Geldforderungen und anderer Vermögensrechte ausgesprochen. Der Arrestbefehl ist zehn Drittschuldnern zugestellt worden.

Anschließendes Urteil als Grundlage des Überweisungsbeschlusses

Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil des LG vom 8.12.2017 ist die Schuldnerin in der Hauptsache zur Zahlung von 23.884,80 EUR nebst Zinsen an den Gläubiger verurteilt worden. Aus diesem Urteil betreibt der Gläubiger nunmehr die Zwangsvollstreckung. Mit Wirkung zum 20.12.2018 ist über das Vermögen der Schuldnerin in Liechtenstein ein Konkursverfahren eröffnet und eine Masseverwalterin bestellt worden. Mit am 7.6.2019 beim AG – Vollstreckungsgericht – eingegangenem Antrag hat der Gläubiger um Überweisung verschiedener Geldforderungen und Vermögensrechte zur Einziehung ersucht. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag auf Erlass des erstrebten Überweisungsbeschlusses weiter.

2 II. Die Entscheidung

Ausländisches Insolvenzverfahren hindert die Überweisung nicht

Das Verfahren ist nicht, soweit es hierauf ankommen sollte, nach § 352 Abs. 1 S. 1 InsO aufgrund der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin in Liechtenstein unterbrochen, wobei in diesem Zusammenhang die Anerkennungsfähigkeit des liechtensteinischen Konkursverfahrens im Inland (vgl. § 343 InsO) dahinstehen kann. Die prozessunterbrechende Wirkung des § 352 Abs. 1 S. 1 InsO, der auf im Ausland eröffnete Insolvenzverfahren bezogen ist, geht nicht weiter als die prozessunterbrechende Wirkung des auf im Inland eröffnete Insolvenzverfahren bezogenen § 240 S. 1 ZPO, dem er nachgebildet ist (BGH NJW-RR 2020, 1190; vgl. BT-Drucks 15/16, S. 24; vgl. ferner BGH NZI 2019, 423). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 172, 16; BGH NJW 2008, 918) ist § 240 ZPO bei Pfändungsmaßnahmen im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht anwendbar. Ob im Übrigen infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens (vgl. Art. 16 Abs. 1 der Liechtensteinischen Konkursordnung) die Masseverwalterin – als Verfahrenspartei kraft Amtes – anstelle der Schuldnerin Beteiligte des Zwangsvollstreckungsverfahrens geworden ist (vgl. Oberhammer/Schwaighofer, in: Kindler/Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht in Europa, Stand: Juli 2020, Länderbericht Liechtenstein Rn 172), kann angesichts des Umstands, dass die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg hat, auf sich beruhen.

Problem: Der PfÜB ist unwirksam

Keinem der im Überweisungsantrag vom 7.6.2019 aufgeführten, gegen die verschiedenen Drittschuldner angeblich bestehenden Rechte liegt eine wirksame Pfändung im Arrestbefehl vom 13.6.2017 nach § 930 Abs. 1 ZPO zugrunde, weshalb der Antrag auf Überweisung zur Einziehung gemäß § 835 Abs. 1 Alt. 1 ZPO zu Recht zurückgewiesen worden ist.

Mangelnde Kongruenz zwischen Pfändung und Überweisung

Gegenstand eines isoliert gestellten Antrags auf Überweisung zur Einziehung gemäß § 835 Abs. 1 Alt. 1 ZPO kann nur ein bereits wirksam gepfändetes Vermögensrecht sein. Soweit der Gläubiger mit seinem Antrag vom 7.6.2019 die Überweisung von angeblichen Geldforderungen und Ansprüchen aus anderen Vermögensrechten, welche nicht bereits vom Arrestbefehl vom 13.6.2017 umfasst waren, gegen die in diesem näher bezeichneten Drittschuldner begehrt, geht der Antrag mangels Kongruenz von Pfändung und Überweisungsantrag ins Leere.

Gemäß § 829 Abs. 3 ZPO ist die Pfändung einer Geldforderung erst mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner bewirkt. Da die Pfändung angeblich bestehender Zahlungsansprüche gegenüber der einen Drittschuldnerin, der der Arrestbefehl nicht zugestellt worden ist, noch keine W...

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