Die Entscheidung überzeugt nicht in allen Teilen. Sie wendet im Übrigen die einschlägigen Normen nicht sachgerecht an.

Vollstreckungskosten sind nur glaubhaft zu machen

Unzutreffend ist bereits der Ausgangspunkt, dass der Gläubiger den Abschluss der Zahlungsvereinbarung durch Vorlage des schriftlichen Vertrags nachweisen müsste. Richtigerweise sind die Vorschriften über das gerichtliche Kostenfestsetzungsverfahren auch im Rahmen von § 788 ZPO beachtlich. Nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO genügt für die Berücksichtigung eines Kostenansatzes, dass dieser glaubhaft gemacht wird. Für die Glaubhaftmachung eines Rechtsdienstleisters, d.h. eines Rechtsanwalts oder eines Inkassodienstleisters, genügt es dabei wiederum, dass die Richtigkeit des Kostenansatzes versichert wird.

Konkludente Behauptung der RVG-Vergütung nicht geprüft

Kaum überzeugen kann der Ansatz des LG, dass die Einigungsgebühr schon deshalb nicht erstattungsfähig sei, weil deren Entstehen weder dargelegt noch glaubhaft gemacht sei. Stellt ein Inkassodienstleister in die Aufstellung der Vollstreckungskosten die Gebühren nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) ein, so liegt darin die konkludente Behauptung, dass seine Vergütung nach dem RVG vereinbart ist. Das legt die Regelung des § 13e Abs. 2 RDG auch gerade nahe. Will das Gericht hiervon abweichen, ohne willkürlich zu handeln, so muss es eine ergänzende Stellungnahme anfordern. Dies gilt umso mehr, als weder die Formulare nach der alten ZVFV oder GVFV noch nach der neuen ZVFV 2022 eine Möglichkeit geben, hierzu strukturiert vorzutragen. Denkbar wäre seitens des Inkassodienstleisters allenfalls die Anlage zu den Vollstreckungskosten (siehe Arbeitshilfe in dieser Ausgabe).

Mangelnde Kompetenz zur Prüfung der Zahlungsverrechnung ist geklärt

Fehlerhaft ist auch die Auffassung, die Frage der Prüfung der Zahlungsverrechnung sei streitig. Sie ist vielmehr höchstrichterlich geklärt. Die Vollstreckungsorgane dürfen auf der Grundlage der mitgeteilten Zahlungen keine eigenständige Verrechnung nach §§ 366, 367 BGB vornehmen. Der BGH (15.6.2016 – VII ZB 58/15, juris Rn 21, JurBüro 2016, 544) formuliert hierzu:

Zitat

"Das Vollstreckungsgericht ist im Rahmen des streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht befugt, eine vom Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn geleisteter Zahlungen auf ihre Richtigkeit gemäß § 367 Abs. 1 BGB hin zu überprüfen."

Die Art der Verrechnung führt insoweit zur (teilweisen) Erfüllung der bestehenden Forderungen. Die Erfüllung ist eine materiell-rechtliche Einwendung, die der Schuldner mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 BGB geltend machen muss. Dem Vollstreckungsorgan steht insoweit keine Prüfungskompetenz zu. Dies gilt auch dann, wenn das Vollstreckungsgericht der Auffassung ist, eine durch Verrechnung erfüllte Kostenforderung früherer Vollstreckungsaufträge sei überhaupt nicht entstanden. Diese wird nämlich durch die erfolgte Verrechnung – sei sie berechtigt oder unberechtigt erfolgt – schon nicht Gegenstand des Vollstreckungsantrags. Prüfen darf der Rechtspfleger aber nur den konkret erteilten Antrag. Vor diesem Hintergrund ist eine Mitteilung von erfolgten Zahlungen an das Vollstreckungsgericht entbehrlich. Der Zweck kann allein darin liegen, eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu vermeiden, wenn der Schuldner dem Vollstreckungsgericht erfolgte Teilzahlungen nachweist. Durch die Angabe in Anlage 7 oder 8 ZVFV, dass nur eine Resthauptforderung geltend gemacht wird, sollte dem aber hinreichend Rechnung getragen sein.

Unzutreffend: Teilentscheidung wäre nötig und möglich gewesen

Ohne jede Grundlage ist die – in der Praxis häufig anzutreffende – Ansicht, die Beanstandung nur einer Position bei den Vollstreckungskosten erlaube es, den Antrag als Ganzes abzulehnen. Dies ist schon vor dem Hintergrund der rangwahrenden Wirkung der Zustellung des PfÜB (§ 829 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 804 Abs. 3 ZPO) unverhältnismäßig. Wie in jedem Hauptsacheverfahren ist im Rahmen von § 308 ZPO der Rechtspfleger gehalten, den – in seiner Verantwortung zu erlassenden – Beschluss so zu fassen, wie er ihn für zulässig erachtet. Dem Rechtspfleger wäre es durchaus zumutbar gewesen, von der Gesamtforderung den Betrag von 120,53 EUR (180,88 EUR Einigungsgebühr abzüglich der hierauf verrechneten Zahlung von 60,35 EUR) in Abzug zu bringen, wenn er seine beschränkte Prüfungskompetenz hinsichtlich der Zahlungseingangsverrechnung akzeptiert, oder aber insgesamt 180,88 EUR an Einigungsgebühr und zusätzlich die Zahlung von 60,35 EUR abzuziehen. Hinsichtlich der Abzugspositionen wäre dann ein rechtsmittelfähiger Beschluss zu erlassen gewesen.

Das Gericht geht in seinen Entscheidungsgründen von einer entstandenen Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 Nr. 1 VV RVG in Höhe eines Gebührensatzes von 1,5 aus, da es darauf hinweist, dass sich die Gebühr aufgrund eines zum Zeitpunkt der Einigung anhängigen gerichtlichen Vollstreckungsverfahrens wegen Nr. 1003 VV RVG auf eine 1,0-Gebühr reduziert. Nr. 1003 VV...

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