Schiedsverfahren immer häufiger: die Vorteile

Schiedsverfahren werden im Wirtschaftsleben immer häufiger vereinbart, weil sie das Verfahren zeitnah in einer Instanz abschließen und so unter Beachtung des sonst möglichen Rechtsmittelzuges auch kostengünstiger sind. Sie können nichtöffentlich geführt werden, was Geschäftsgeheimnisse wahrt, und die Parteien haben Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichtes, so dass es mit Fachleuten besetzt werden kann, die möglicherweise nicht nur die Rechtslage, sondern auch die typischen tatsächlichen Geschäftsabläufe und Gepflogenheiten kennen. Dementsprechend nimmt auch die Zahl der Schiedssprüche, die vollstreckt werden müssen, in der Praxis zu.

Materielle Einwendungen schon im Vollstreckbarkeitsverfahren

Der BGH transformiert nun bei Schiedssprüchen die sonst mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machenden materiell-rechtlichen Einwendungen in das Verfahren über die Vollstreckbarkeitserklärung. Damit ist zugleich deutlich, dass die Entscheidung nicht als "Freifahrtschein" angesehen werden kann. Die Beschränkungen des § 767 Abs. 2 ZPO sind nämlich auch hier zu beachten.

Aber: Präklusionsvorschrift ist auch hier zu beachten

Die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, müssen also grundsätzlich nach dem Schiedsverfahren entstanden sein. Besondere Beachtung ist dabei dem Umstand zu schenken, dass der BGH bei doppelaktiven Gestaltungsrechten auf den ersten Akt und nicht auf die Ausübung des Gestaltungsrechtes abstellt.

Aufrechnungslage, nicht Aufrechnungserklärung ist erheblich

Der Aufrechnungseinwand ist daher schon dann abgeschnitten, wenn die Aufrechnungslage bereits während des Schiedsverfahrens bestanden hat. Wann die Aufrechnungserklärung abgegeben wurde, bleibt dagegen unerheblich. Ausnahme: Die Aufrechnung ist auch mit einer vor Abschluss des Schiedsverfahrens entstandenen Forderung möglich, wenn der Schuldner schon vor dem Schiedsgericht aufgerechnet bzw. den Aufrechnungseinwand erhoben hat, das Schiedsgericht aber über die zur Aufrechnung gestellte Forderung – zum Beispiel mit der Begründung, es sei für diese nicht zuständig – nicht befunden hat. Wo ein Schiedsgericht sich der Entscheidung über die Aufrechnung enthält, steht nichts im Wege, den Aufrechnungseinwand vor dem ordentlichen Gericht zu wiederholen, gleichviel, ob das Schiedsgericht mit Recht oder Unrecht nicht auf die Aufrechnung eingegangen ist (BGHZ 38, 259). Gleiches gilt, wenn der Schuldner zwar vor dem Schiedsgericht nicht aufgerechnet hat, aber feststeht, dass das Schiedsgericht über die Gegenforderung bei erfolgter Aufrechnung nicht entschieden hätte (BGH NJW 1965, 1138).

BGH weist Bedenken aus der Rspr. zurück

Gegen diese Transformation der Vollstreckungsgegenklage in das Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren hat das Kammergericht (KG Berlin, 18.1.2010, 20 Sch 9/09) Einwände erhoben, da nach der Neuregelung des Schiedsverfahren im Jahre 1999 die Oberlandesgerichte für das Verfahren der Vollstreckbarkeitserklärung zuständig seien, während die Zuständigkeit der Vollstreckungsgegenklage bei den Amts- oder Landgerichten liege. Diese Auffassung hält der BGH aber für falsch. Zwar wird teilweise in der Rechtsprechung (BayObLG NJW-RR 2001, 1363) und in der Literatur (MünchKomm-ZPO/Münch, 3. Aufl., § 1060 Rn 38, § 1062 Rn 9; Musielak/Voit, ZPO, 7. Aufl., § 1060 Rn 13) die Meinung vertreten, dass ungeachtet der durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz begründeten erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs zur Entscheidung der Verfahren nach § 767 Abs. 1 ZPO weiterhin – je nach Streitwert – die Amts- oder Landgerichte berufen seien.

OLG ist auch für Voll­streckungsgegenklage zuständig

Zuständig ist jedoch das "Prozessgericht des ersten Rechtszugs", das heißt das Gericht des Vorprozesses erster Instanz, in dem der Vollstreckungstitel geschaffen worden ist (hierzu BGH NJW 1980, 188). Vollstreckungstitel ist bei der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs aber die Entscheidung des OLG (BGH v. 28.10.1999, III ZB 43/99). Dementsprechend ist das OLG aus Sicht des BGH das zuständige Gericht im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO (ebenso bereits OLG Stuttgart OLGR 2001, 50; OLG Hamm NJW-RR 2001, 1362; OLG München, 12.11.2007, 34 Sch 10/07; MünchKomm-ZPO/Adolphsen, § 1061 Anh. 1 UNÜ Art. V Rn 16; Prütting/Gehrlein/Scheuch, ZPO, 2. Aufl., § 767 Rn 28 f.; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1063 Rn 4; Zöller-Herget, ZPO, 28. Aufl., § 767 Rn 10; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Rn 2444 ff., 2449). Etwas anderes gilt selbstverständlich, wenn der geltend gemachte Einwand seinerseits einer Schiedsabrede unterliegt; dann ist das Schiedsgericht und nicht das Oberlandesgericht zur Entscheidung berufen (BGH NJW-RR 1996, 508).

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