Leitsatz

Hat der Gläubiger, der aus einem Zug-um-Zug-Titel vollstrecken will, im Hinblick auf §§ 765, 756 ZPO eine Feststellungsklage erhoben mit dem Ziel festzustellen, dass der Schuldner hinsichtlich der vom Gläubiger Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung befriedigt ist, hängt die materielle Beweiskraft eines daraufhin ergangenen Feststellungsurteils von seiner Rechtskraft ab.

BGH, Beschl. v. 4.7.2018 – VII ZB 4/17

1 I. Der Fall

Streit um die Erbringung der Gegenleistung nach einer Zug-um Zug-Verurteilung

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil, mit dem der Schuldner zur Zahlung von 21.250.000 EUR nebst Zinsen an die Gläubigerin Zug um Zug gegen Übergabe und Übertragung des Eigentums an 2.500.000 Stück Aktien der C. AG verurteilt worden ist. Am 12.2.2013 veräußerte die Gläubigerin die 2.500.000 Aktien der C. AG für 6.250.000 EUR im freihändigen Verkauf. Das LG hat mit Urt. v. 22.2.2016 festgestellt, dass der Schuldner durch den freihändigen Verkauf der Aktien der C. AG an die K. AG mit notariellem Kaufvertrag vom 12.2.2013 hinsichtlich der ihm aus dem Urteil des LG Zug um Zug gebührenden Übergabe und Übertragung des Eigentums an 2.500.000 Stück Aktien der C. AG befriedigt ist. Die dagegen gerichtete Berufung des Schuldners hat das OLG zurückgewiesen. Der Schuldner hat gegen dieses Urteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

Die Gläubigerin pfändet in diverse Forderungen

Auf Antrag der Gläubigerin hat das AG – Vollstreckungsgericht – am 22.3.2016 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen, mit dem diverse angebliche Forderungen und Vermögensrechte des Schuldners gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen worden sind. Die vom Schuldner gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eingelegte Vollstreckungserinnerung, mit der der Schuldner die Aufhebung des Beschlusses erstrebt hat, hat das AG – Vollstreckungsgericht – zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Das LG war der Meinung, der Beweis des Annahmeverzuges des Schuldners hinsichtlich der Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung sei durch das Urteil des LG und OLG erfüllt. Auf die Rechtskraft komme es nicht an. Allein die Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels genüge nicht, weil dann einer Verzögerungstaktik die Tür geöffnet werde.

Der Schuldner wehrt sich

Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Schuldner die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 22.3.2016 und die Zurückweisung des Antrags der Gläubigerin erreichen.

2 II. Aus der Entscheidung

Der BGH folgt dem LG nicht

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, die besonderen Voraussetzungen für den Erlass des von der Gläubigerin beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach § 765 ZPO lägen vor, ist von Rechtsfehlern beeinflusst.

Voraussetzungen für den Nachweis der erbrachten Gegenleistung

Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht nach § 765 Nr. 1 1. Hs. ZPO eine Vollstreckungsmaßnahme nur anordnen, wenn der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunde bereits zugestellt ist. Für die Beweisführung durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde kommt es auf deren Beweiskraft an, die nach den §§ 415 ff. ZPO zu beurteilen ist.

Das nicht rechtskräftige Urteil führt den Beweis nicht

Im Streitfall geht es um die Frage, ob der Beweis, dass der Schuldner hinsichtlich der Zug um Zug zu bewirkenden Leistung der Gläubigerin (Übergabe und Übertragung des Eigentums an 2.500.000 Stück Aktien der C. AG) befriedigt ist (§ 765 Nr. 1 Hs. 1 Fall 1 ZPO), durch das nicht rechtskräftige Feststellungsurteil des LG vom 22.2.2016 geführt wird. Das ist nicht der Fall.

Beweis für ergangene Entscheidung, nicht für die Richtigkeit

Nach § 417 ZPO begründen die von einer Behörde ausgestellten, eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung enthaltenden öffentlichen Urkunden vollen Beweis ihres Inhalts. Dies bedeutet, dass die Urkunde über den Erlass eines Urteils nach § 417 ZPO den Beweis dafür erbringt, dass die darin beurkundete Entscheidung ergangen ist, nicht jedoch den Beweis für ihre inhaltliche Richtigkeit (vgl. BGH NJW-RR 2012, 823; OLG München JurBüro 2017, 266, juris Rn 31; OLG Köln RNotZ 2009, 240, juris Rn 19; MüKo-ZPO/Schreiber, 5. Aufl., § 417 Rn 3, 6; Stein/Jonas/Berger, ZPO, 23. Aufl., § 417 Rn 2; Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 417 Rn 2; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 15. Aufl., § 417 Rn 2).

Die materielle Beweiskraft hängt an der Rechtskraft

Hat der Gläubiger, der aus einem Zug-um-Zug-Titel vollstrecken will, im Hinblick auf §§ 765, 756 ZPO eine Feststellungsklage erhoben mit dem Ziel festzustellen, dass der Schuldner hinsichtlich der vom Gläubiger Zug um ...

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