Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerlegung der Vermutung der Zahlungsunfähigkeit von Steuerschuldner

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO kann nicht durch den Nachweis der Zahlungsunwilligkeit des Schuldners widerlegt werden; erforderlich ist der Nachweis der Zahlungsfähigkeit.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie, wie hier, mit einer Stundungsbitte versehen sind.

2. Der Einspruchsbescheid des Finanzamts ist zwar als Urkunde ein zulässiges Beweismittel (§§ 415 ff. ZPO). Er erbringt aber über die Richtigkeit seiner Begründung weder nach § 415 ZPO (öffentliche Urkunde über die vor einer Behörde abgegebene Erklärung) noch nach § 417 ZPO Beweis, weil nach dieser Vorschrift nur bewiesen wird, dass die Entscheidung erlassen wurde, nicht aber deren inhaltliche Richtigkeit.

 

Normenkette

InsO § 17 Abs. 2 S. 2, § 133 Abs. 1 S. 2; AO § 222; ZPO §§ 415, 417

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 19.11.2009; Aktenzeichen I-12 U 143/08)

LG Kleve (Entscheidung vom 20.08.2008; Aktenzeichen 2 O 326/07)

 

Nachgehend

OLG Koblenz (Urteil vom 08.02.2013; Aktenzeichen 3 U 740/12)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 19.11.2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag des Beklagten vom 28.11.2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO auf Rückgewähr von Steuerzahlungen i.H.v. 1.608.583,95 EUR in Anspruch, welche die Schuldnerin in 21 Fällen in der Zeit zwischen dem 7.4.2003 und dem 1.2.2006 an das Finanzamt geleistet hat.

Rz. 2

Das LG hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Das OLG hat sie auf Berufung des Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 3

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Rz. 4

Das Berufungsgericht hat gemeint, die Kenntnis des beklagten Landes von einem etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin sei bereits nicht gem. § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten, jedenfalls habe das beklagte Land eine solche Vermutung widerlegt. Von einer dem Beklagten bekannten Zahlungseinstellung bereits zum Zeitpunkt der ersten streitgegenständlichen Zahlung vom 7.4.2003 könne ausgegangen werden. Die zu diesem Zeitpunkt bei dem Beklagten bestehenden Steuerschulden von mehr als 1,2 Mio. EUR stellten einen erheblichen Teil der damaligen fälligen Verbindlichkeiten dar, weil das Finanzamt nach dem eigenen Vortrag des beklagten Landes der einzige größere Gläubiger der Schuldnerin gewesen sei. Die einmal eingetretene Zahlungseinstellung sei auch nicht dadurch wieder beseitigt worden, dass die Schuldnerin, wie hierfür erforderlich, ihre Zahlungen insgesamt wieder aufgenommen hätte. Die tatsächlich noch geleisteten Zahlungen stünden dem nicht entgegen.

Rz. 5

Das beklagte Land habe aber aus der ihm bekannten Zahlungseinstellung der Schuldnerin bei natürlicher Betrachtungsweise nicht den Schluss gezogen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage sei, die fälligen Zahlungen zu erbringen, also zahlungsunfähig sei. Vielmehr habe das beklagte Land aufgrund der im Rahmen einer Steuerfahndung bekannt gewordenen Tatsachen davon ausgehen dürfen und sei davon ausgegangen, dass die Schuldnerin lediglich zahlungsunwillig sei. Diese Tatsachen ergäben sich insb. aus einem Bescheid und aus einem Schreiben des Finanzamts.

II.

Rz. 6

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht verneint werden.

Rz. 7

1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Vermutungswirkung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO verneint. Zutreffend ist es allerdings davon ausgegangen, dass die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet wird, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

Rz. 8

a) Die Zahlungsunfähigkeit wird gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Diese Vermutung gilt auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (BGH, Urt. v. 30.6.2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rz. 10 m.w.N.).

Rz. 9

Das Berufungsgericht hat zunächst unterstellt und dann zutreffend festgestellt, dass die Schuldnerin bei der ersten streitgegenständlichen Zahlung vom 7.4.2003i.H.v. 234.272,30 EUR ihre Zahlungen bereits eingestellt hatte, weil sie dem Finanzamt zu diesem Zeitpunkt mehr als 1,2 Mio. EUR schuldete, die seit langem fällig waren und die einen erheblichen Teil der damals fälligen Verbindlichkeiten der Schuldnerin darstellten. Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (BGH, Urt. v. 20.11.2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f.). Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urt. v. 21.6.2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rz. 29; v. 11.2.2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rz. 42; vom 30.6.2011, a.a.O., Rz. 12). Eine Darlegung und Feststellung der genannten Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung von mindestens 10 v.H. bedarf es nicht (BGH, Urt. v. 30.6.2011, a.a.O., Rz. 13 m.w.N.). Unter den gegebenen Umständen besteht demnach kein Zweifel, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen am 7.4.2003 eingestellt hatte.

Rz. 10

Eine eingetretene Zahlungseinstellung kann nur wieder beseitigt werden, indem der Schuldner alle Zahlungen wieder aufnimmt. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft (BGH, Urt. v. 21.6.2007, a.a.O., Rz. 32 m.w.N.). Dies war hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall.

Rz. 11

Lag damit eine fortdauernde Zahlungseinstellung vor, begründet dies die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit, die vom Prozessgegner zu widerlegen ist (BGH, Urt. v. 12.10.2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rz. 12; vom 21.6.2007, a.a.O., Rz. 27).

Rz. 12

b) Dass der Beklagte von der Existenz anderer Gläubiger wusste, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Schuldnerin gewerblich tätig war. Daher wusste der Beklagte auch von der Gläubigerbenachteiligung (vgl. BGH, Urt. v. 27.5.2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 86; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 133 Rz. 22). Aus dem Einspruchsbescheid des Finanzamts des Beklagten vom 16.9.2004 ergibt sich im Übrigen die Kenntnis von der Existenz anderer Gläubiger.

Rz. 13

2. Der Beklagte hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht widerlegt.

Rz. 14

a) Die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bewirkt eine Umkehr der Beweislast. Ist der Vermutungstatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gegeben, obliegt dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis. Dieser hat sich auf die Vermutungsfolge zu beziehen, also die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung. Der Anfechtungsgegner muss deshalb darlegen und beweisen, dass entweder der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz handelte oder dass er, der Anfechtungsgegner, nichts von dem Anfechtungsvorsatz wusste (BGH, Urt. v. 24.5.2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rz. 7).

Rz. 15

Ist der Schuldner zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung zahlungsunfähig, handelt er nur dann nicht mit dem Vorsatz, die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann (BGH, Urt. v. 24.5.2007, a.a.O., Rz. 8).

Rz. 16

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann, wenn der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung die Zahlungseinstellung des Schuldners und die Gläubigerbenachteiligung kennt, der Gegenbeweis nicht allein dadurch geführt werden, dass der Beklagte darlegt und beweist, er sei von einer Zahlungseinstellung des Schuldners infolge Zahlungsunwilligkeit ausgegangen.

Rz. 17

Der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (BGH, Urt. v. 8.10.2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 Rz. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei hervorgeht (BGH, a.a.O.). Der Beklagte kann sich deshalb nicht darauf berufen, er habe von der ihm bekannten Zahlungseinstellung nicht auf Zahlungsunfähigkeit geschlossen.

Rz. 18

Eine Zahlungseinstellung kann zwar auch auf Zahlungsunwilligkeit beruhen. Die im Insolvenzrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit liegt aber nur vor, wenn gleichzeitig Zahlungsfähigkeit gegeben ist (Kirchhof in HK/InsO, 6. Aufl., § 17 Rz. 13). Lag eine Zahlungseinstellung vor, wird gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gesetzlich vermutet, dass nicht lediglich Zahlungsunwilligkeit, sondern Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Die Zahlungsunfähigkeit kann vom Prozessgegner widerlegt werden. Dazu ist es dem beklagten Land unbenommen, der auf eine Zahlungseinstellung gestützten Annahme der Zahlungsunfähigkeit etwa durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder auf Vernehmung vom Zeugen zum Nachweis entgegenzutreten, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für den Schuldner eine Deckungslücke von weniger als 10 v.H. auswies (BGH, Urt. v. 24.5.2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 144 ff.; vom 30.6.2011, a.a.O., Rz. 20). Diesen Beweis hat der Beklagte angetreten. Er ist jedoch nicht erhoben worden.

Rz. 19

Nur wenn Zahlungsfähigkeit gegeben war, kann eine für das Anfechtungsrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit vorgelegen haben. Die Feststellung der anfechtungsrechtlich unerheblichen Zahlungsunwilligkeit setzt deshalb die Feststellung der Zahlungsfähigkeit voraus. Letztere hat das Berufungsgericht bislang nicht festgestellt. Sie ist vom Beklagten zu beweisen.

Rz. 20

3. Die vom Berufungsgericht festgestellten Beweisanzeichen bilden im Übrigen keine tragfähige Grundlage für die Annahme, abgesehen von der Zahlungsfähigkeit habe jedenfalls eine Zahlungsunwilligkeit der Schuldnerin vorgelegen.

Rz. 21

a) Der Einspruchsbescheid des Finanzamts vom 16.9.2004 ist zwar als Urkunde ein zulässiges Beweismittel (§ 415 ff. ZPO). Er erbringt aber über die Richtigkeit seiner Begründung weder nach § 415 ZPO (öffentliche Urkunde über die vor einer Behörde abgegebene Erklärung) noch nach § 417 ZPO Beweis, weil nach dieser Vorschrift nur bewiesen wird, dass die Entscheidung erlassen wurde, nicht aber ihre inhaltliche Richtigkeit (Hk-ZPO/Eichele, 4. Aufl., § 417 Rz. 3). Auch § 418 ZPO begründet insoweit keine Beweiskraft, weil mit dieser Vorschrift nur Zeugnisurkunden gemeint sind (Schreiber in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 418 Rz. 2, 4). Die zur Beurkundung berufene Amtsperson muss die bekundete Tatsache entweder selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zuverlässig festgestellt haben (BVerfG NJW-RR 1992, 1084, 1085; BGH, Beschl. v. 6.5.2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1392; v. 15.9.2009 - XI ZB 29/08 Rz. 8).

Rz. 22

Auf Seite 5 der Einspruchsentscheidung wird ausgeführt, es könne im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin nicht über die erforderlichen Mittel verfüge, um die Steuerschulden zu begleichen, weil die Schuldnerin nach den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen in den letzten Jahren über ausreichende laufende Einnahmen zur Tilgung der Rückstände verfügt habe. Hierbei seien nicht die heutigen finanziellen Verhältnisse, sondern diejenigen in den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten maßgebend. Bei dieser Aussage handelt es sich lediglich um eine Wertung auf der Grundlage nicht offengelegter Beweismittel, für die nicht einmal konkrete Sachverhaltsangaben gemacht werden. Die Aussage bezieht sich zudem auf die Fälligkeitszeitpunkte der offenen Steuerforderungen, die fast ausnahmslos in den Jahren 2001 und 2002 lagen, also in einem Zeitraum lange vor der ersten streitgegenständlichen Zahlung.

Rz. 23

Soweit auf Seite 2 des Einspruchsbescheides dargelegt wird, eine in den Jahren 2001 und 2002 durchgeführte Prüfung der Steuerfahndung habe ergeben, dass erhebliche unversteuerte Zahlungen in den Privatbereich und anonyme Transfers von Vermögenswerten in das Ausland festgestellt worden seien, entbehrt diese Aussage jeder näheren Konkretisierung. Die genannten Umstände aus den Jahren 2001 und 2002 besagen zudem nichts zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ab April 2003.

Rz. 24

Soweit schließlich auf Seite 6 dieses Bescheides ausgeführt wird, es müsse davon ausgegangen werden, die Schuldnerin habe andere Gläubiger bevorzugt und über Einnahmen in nicht unerheblicher Höhe verfügt, bezieht sich auch dies ersichtlich auf frühere Zeiträume. Zudem sind auch dies lediglich Wertungen und Vermutungen ohne nachprüfbare Tatsachengrundlage.

Rz. 25

Die Urkunde ist deshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ungeeignet, die behauptete Zahlungsunwilligkeit zu beweisen. Der Bescheid spricht im Gegenteil dafür, dass das Finanzamt auch im Zeitpunkt seines Erlasses für den fraglichen Zeitraum von Zahlungsunfähigkeit ausging, nämlich wegen der angeführten hohen fälligen Steuerrückstände seit über drei Jahren, fehlender Sicherheiten und der selbst angenommenen Gefährdung der Steueransprüche. Die Stundung wurde deshalb abgelehnt und die weitere Einziehung im Vollstreckungs- bzw. Insolvenzverfahren angekündigt.

Rz. 26

b) In dem Schreiben des Finanzamts vom 12.8.2003 wurde die Schuldnerin zwar danach gefragt, warum die Mittel zur Zahlung der vereinnahmten Umsatzsteuer nicht zur Verfügung stünden und warum Mittel, die zur Zahlung der bestehenden Umsatzsteuerrückstände vorgesehen gewesen seien, anderweitig verwendet worden seien. Derartige Fragen besagen jedoch nichts zu einer Zahlungsunwilligkeit trotz bestehender Zahlungsfähigkeit.

Rz. 27

c) Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie, wie hier, mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urt. v. 12.10.2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rz. 15). Derartige, hier mehrfach gegenüber dem Finanzamt des Beklagten abgegebene Erklärungen können diese Indizwirkungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht wegen anderweitiger Erkenntnisse des Anfechtungsgegners abgesprochen werden, wenn sich diese in Wertungen erschöpfen, ohne dass der Anfechtungsgegner den maßgeblichen ermittelten Sachverhalt dargelegt, unter Beweis stellt und diese Umstände erforderlichenfalls festgestellt werden.

III.

Rz. 28

Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird zu prüfen haben, ob dem Beklagten mit den von ihm angebotenen Beweismitteln der Gegenbeweis zu der gesetzlichen Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gelingt. Sofern dies nicht der Fall ist, sind die übrigen Anfechtungsvoraussetzungen zu prüfen.

 

Fundstellen

BFH/NV 2012, 1085

BB 2012, 1824

BB 2012, 973

DB 2012, 915

DStR 2012, 1348

HFR 2012, 1108

NJW 2012, 6

NWB 2012, 1414

EBE/BGH 2012

NJW-RR 2012, 823

EWiR 2012, 353

StuB 2012, 415

WM 2012, 711

ZIP 2012, 735

DZWir 2012, 379

JZ 2012, 345

MDR 2012, 608

NZI 2012, 416

NZI 2012, 5

ZInsO 2012, 696

InsbürO 2012, 322

NJW-Spezial 2012, 342

NWB direkt 2012, 471

VE 2012, 73

GmbH-Stpr. 2012, 219

ZWH 2012, 246

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge